Schulen bevorzugt? Ärger um Selbsttests bei Polizei und Feuerwehr
Ärger um Selbsttests bei Polizei und Feuerwehr in Hamburg: Die Beamten müssen Corona-Tests verwenden, die wegen ihrer erheblichen Fehlerquote an den Schulen nicht mehr eingesetzt werden. Auch bei der Lieferung von zuverlässigeren Tests stehen die Retter laut Gewerkschaft hinter den Schulen zurück. Gewerkschaften sehen Hamburgs kritische Infrastruktur in Gefahr.
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Ärger um Selbsttests bei Polizei und Feuerwehr in Hamburg: Die Beamten müssen Corona-Tests verwenden, die wegen ihrer erheblichen Fehlerquote an den Schulen nicht mehr eingesetzt werden. Auch bei der Lieferung von zuverlässigeren Tests stehen die Retter laut Gewerkschaft hinter den Schulen zurück. Gewerkschaften sehen Hamburgs kritische Infrastruktur in Gefahr.
Bislang wurden Polizisten und Feuerwehrmänner vor Dienstantritt mit von der Sozialbehörde beschafften Selbsttests der Firma Genrui versorgt. Die viele tausend beschafften Tests wurden zuletzt nicht mehr an Schulen und Kindergärten eingesetzt, weil über die Hälfte der positiven Testergebnisse sich als falsch herausstellte.
Da im zentralen Lager der Sozialbehörde aber noch genügend Testkits vorhanden waren, wurde diese an die Feuerwachen und Polizeireviere verteilt – mit der Folge, dass viele Beamte nach einem positiven Schnelltest erstmal in Quarantäne geschickt wurden. Dabei soll laut Gewerkschaften eine feste Zusage bestanden haben, dass Polizei und Feuerwehr ab Ende Januar mit 36.000 Stück der zuverlässigeren Tests von Siemens ausgestattet werden.
Falscher Test: Hoher Personalausfall bei Mitarbeitern in der kritischen Infrastruktur
Das Problem: Bekommt eine Einsatzkraft nach einem Schnelltest ein positives Ergebnis, darf sie erst dann wieder ihren Dienst antreten, wenn sie danach zusätzlich einen PCR-Test macht – und der dann negativ ausfällt. PCR-Tests werden in einem Labor ausgewertet, und das dauerte schon vor Einzug der Omikron-Variante mindestens einen Tag. Durch die omikronbedingte Flut an Tests sind die Labore jedoch am Limit, die Wartezeit beträgt inzwischen mindestens zwei Tage.
Bis das PCR-Ergebnis vorliegt, fällt der Polizist oder Feuerwehrmann aus. Und das gefährdet Hamburgs Sicherheit zunehmend, wie Insider bei Polizei und Feuerwehr befürchten.
Dem widerspricht die Polizei. Laut einem Sprecher wurde seitens der Polizei eine eigene Teststrecke auf dem Polizeigelände eingeführt. Die Auswertung erfolgen in einem eigens von der Polizei beauftragten Labor. „Es kann hier zu Verzögerungen kommen, aber in der Regel liegt das Ergebnis binnen eines Tages vor“, teilte ein Sprecher mit. Zur Zurücknahme der versprochenen Lieferung neuer Tests wird an die Sozialbehörde verwiesen. Außerdem weist man seitens der Polizei darauf hin, dass die Einsatzfähigkeit nicht gefährdet ist. Der Krankenstand läge im einstelligen Prozentbereich.
Eigentlich sollten Menschen, die in der kritischen Infrastruktur arbeiten, schnellstmöglich mit zuverlässigen Selbsttests von Siemens versorgt werden sollten. Die ersten 36.000 Packungen sollten dieser Tage an die Wachen und Reviere verteilt werden.
Doch nun soll die Sozialbehörde den Gewerkschaften zufolge dieser Planung einen Strich durch die Rechnung gemacht haben: Sie soll angewiesen haben, dass der verfügbare Vorrat zunächst an Schulen und Ämtern zum Einsatz kommen soll. Polizisten und Retter sollen vorerst mit den alten, unzuverlässigen Tests der Firma Genrui Vorlieb nehmen.
Dem widerspricht die Sozialbehörde. Ein Sprecher teilte der MOPO auf Anfrage mit, dass gleichermaßen verteilt wird. Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit werden zunächst die noch vorhanden Bestände der Genrui-Tests gerecht verteilt und dann erst die neubeschafften Test-Kits von Siemens. Das wird sowohl von der Feuerwehr- als auch von der Polizeigewerkschaft bezweifelt. „Während in Schulen und Kitas schon seit längeren mit den neuen Tests gearbeitet wird, ist davon noch keiner an den Wachen oder Revieren angekommen“.
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Die Gewerkschaften schlagen Alarm. „Schon heute sind wir personell am absoluten Limit. Weitere Personalausfälle verkraftet die innere Sicherheit nicht mehr. Es ist nicht mehr machbar, den Ausfall von falsch positiv getesteten Feuerwehrmännern zu kompensieren“, sagt der Landesvorsitzende Jan Heinrich von der Deutschen Feuerwehr Gewerkschaft (DFeuG) zur MOPO. Und weiter: „Schon seit Monaten muss Personal hin- und her geschoben werden, um die Rettungsfahrzeuge in den Stadtteilen besetzen zu können. Immer häufiger müssen Einsatzfahrzeuge ganz außer Dienst genommen werden.“
Hamburgs Feuerwehr personell am Limit
Ähnlich sieht es bei der Polizei aus: Die Personaldecke ist nach MOPO-Informationen derart dünn, dass zwei Großveranstaltungen an einem Tag nicht bewerkstelligt werden könnten. „Wenn am Freitag das Derby steigt und zeitgleich eine Impfgegner-Demo stattfindet, bekommen wir das mit eigenen Mitteln nicht gebacken“, sagt ein Polizist zur MOPO.
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Auch Horst Niens, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), ist entsetzt über das Vorhaben der Sozialbehörde. „Auf Hamburgs Polizisten ist immer Verlass. Aber nun geht ihnen die Puste aus. Es ist den Beamten im täglichen Dienst kaum zu vermitteln, dass ihnen gegenwärtig noch schlechtere Bedingungen zugemutet werden, als ohnehin schon vorhanden“, sagt Niens zur MOPO. Und er warnt eindringlich davor, dass der Primärvollzug (Polizisten im täglichen Einsatzdienst) zum Erliegen kommen kann, wenn noch mehr Personal durch falsche positive Tests ausfällt.
Wie ein Sprecher der Innenbehörde am Freitagnachmittag mitteilte, können Beamte, bei denen der Genrui-Test zu Dienstbeginn positiv ausgefallen ist, umgehend einen weiteren Schnelltest eines anderen Herstellers machen. Fällt der negativ aus, kann der Beamte den Dienst ohne Verzögerung antreten. Auch sei laut des Sprechers angeschoben worden, dass die zuverlässigeren Siemens-Tests in den kommenden Tagen an den Wachen und Revieren zur Verfügung stehen.