Über PCR-Test nicht zuzuordnen: „Schwester“ von Omikron setzt sich in Dänemark durch
Wie lange wird uns Corona noch beschäftigen? Solange es immer neue Mutationen des Virus gibt, ist ein Ende der Pandemie erst einmal nicht in Sicht – das hat nicht zuletzt Omikron gezeigt. Allerdings: Die eine Omikron-Variante scheint es gar nicht zu geben. Wissenschaftler haben einen Subtyp der Mutation entdeckt, der wohl schon die dominierende Variante in Dänemark ist. Er grassiert offenbar noch schneller als Ursprungs-Omikron, lässt sich durch PCR-Tests kaum zuordnen und sorgt bei Experten deshalb für Sorgenfalten. Die MOPO gibt einen Überblick, was über Omikron 2.0 bekannt ist.
Wie heißt die neue Variante?
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Wie lange wird uns Corona noch beschäftigen? Solange es immer neue Mutationen des Virus gibt, ist ein Ende der Pandemie erst einmal nicht in Sicht – das hat nicht zuletzt Omikron gezeigt. Allerdings: Die eine Omikron-Variante scheint es gar nicht zu geben. Wissenschaftler haben einen Subtyp der Mutation entdeckt, der wohl schon die dominierende Variante in Dänemark ist. Er grassiert offenbar noch schneller als Ursprungs-Omikron, lässt sich durch PCR-Tests kaum zuordnen und sorgt bei Experten deshalb für Sorgenfalten. Die MOPO gibt einen Überblick, was über Omikron 2.0 bekannt ist.
Wie heißt die neue Variante?
Der offizielle Name der Mutationsvariante ist BA.2. Daneben existiert BA.1, das üblicherweise gemeint ist, wenn man über „Omikron“ redet. BA.2 wird als Subtyp von Omikron gelistet, wobei der italienische Neurobiologe Giorgio Gilestro, der am Imperial College in London forscht, auf Twitter erklärte: „Das ist sicher keine Variante, die sich AUS Omikron gebildet hat, sondern MIT Omikron.“ Das bedeutet, so Gilestro: „Entweder haben sich BA.1 und BA.2 über die Zeit im selben Wirt (also einem chronischen Superspreader) entwickelt oder innerhalb der gleichen Gruppe an Wirten.“ Italienische Medien bezeichnen BA.2 deshalb auch als „Schwester“ von Omikron.
Wann und wo wurde BA.2 entdeckt?
Die erste Genom-Sequenz von BA.2 wurde am 27. November 2021 auf dem Wissenschaftsportal GISAID (Global Initiative on Sharing All Influenza Data) hochgeladen. Sie stammte aus Südafrika. Aber auch aus Dänemark, Kanada Großbritannien und Indien gibt es entsprechenden Input.
Warum wurde BA.2 dort entdeckt?
Länder wie Dänemark, Südafrika, Großbritannien und Co. sequenzieren deutlich mehr Corona-Proben als zum Beispiel Deutschland. Während hierzulande nur stichprobenartig nach Corona-Mutationen gesucht wird, untersucht etwa Dänemark nahezu jeden Abstrich.
Wo zirkuliert sie bereits?
Bei unseren Nachbarn: Wie die niederländische Corona-Expertin Josette Schoenmakers auf Twitter erklärte, ist BA.2 „innerhalb der letzten paar Tage“ vermutlich zur dominierenden Variante in Dänemark geworden.
Schoenmakers weiter: „BA.2 wächst dort schneller als das gängige Omikron (BA.1)“ Sie wünsche sich deshalb, dass diese Variante künftig in Analysen und Studien separat gelistet und betrachtet wird.
Laut der Wissenschaftlerin gibt es aber auch in Großbritannien, Südafrika, auf den Philippinen und in Hongkong bereits größere Ausbrüche, die auf BA.2 zurückgehen. Die Variante dürfte aber auch andernorts bereits zirkulieren – wurde aber vermutlich noch nicht entdeckt.
Wie unterscheidet sich BA.2 von Omikron 1.0?
BA.2 hat viele Eigenschaften, über die auch das Ursprungs-Omikron-Virus verfügt – aber es gibt auch große Unterschiede. So fehlt BA.2 eine spezielle genetische Veränderung, sodass bei PCR-Tests zwar eine Corona-Infektion nachgewiesen werden kann, aber diese nicht als Omikron beziehungsweise Omikron-Subtyp erkennbar ist. Bedeutet: „Die einzige Möglichkeit, BA.2 zu erkennen, ist die Sequenzierung – mit der leider viele Länder zu kämpfen haben“, so Gilestro. Die britische Zeitung „Guardian“ berichtet, dass Forscher in England BA.2 deshalb auch als „Tarnkappen-Omikron“ bezeichnen.
Auch bei den Spike-Proteinen von BA.1 und BA.2 gibt es nicht nur Gemeinsamkeiten. Die deutsche Informatikerin Lena Schimmel schreibt auf Twitter: „Der Unterschied zwischen BA.1 und BA.2 ist ähnlich groß wie der zwischen den Varianten Alpha, Beta, Gamma und Delta untereinander. Trotzdem wird beides oft kaum differenziert und mit dem selben Namen ,Omikron‘ bezeichnet.“ Das Spike-Protein ist sozusagen die „Andockstelle“ des Virus an menschliche Zellen. Omikron gilt aufgrund seiner zahlreichen Mutationen am Spike-Protein als deutlich ansteckender als andere Varianten. Es gibt Hinweise, dass BA.2 möglicherweise aufgrund der veränderten Mutationen am Spike-Protein sogar noch infektiöser sein könnte als BA.1.
Muss man sich jetzt Sorgen machen? Ist BA.2 gefährlicher?
Im Moment kann man das noch nicht sagen. Professor Francois Balloux vom University College London erklärte im Interview mit dem „Guardian“: „Beide Linien können sich unterschiedlich verhalten.“ Falls sich BA.2 tatsächlich ähnlich schnell oder sogar schneller ausbreite als BA.1, könnte sie von der Weltgesundheitsorganisation WHO ebenfalls als „besorgniserregende Variante“ eingestuft werden.
Tatsächlich sind einzelne Wissenschaftler schon jetzt alarmiert. So twitterte etwa der niederländische Ökonometrist Michiel Hagedoorn: „Die Leute reden über Deltacron (eine, wie sich später herausgestellt hat, fälschlicherweise als neue Mutation dargestellte, verunreinigte Labor-Probe aus Zypern, Anm. d. Red.). Aber im Moment wirkt BA.2 viel beunruhigender auf mich.“ Das könnte vor allem mit der offenbar schnelleren Übertragbarkeit zu tun haben, die auch Schoenmakers wiederholt betonte.
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Für eindeutige Aussagen über BA.2 ist es allerdings noch zu früh. „Wir haben leider keine Ahnung, wie immunausweichend oder krankmachend diese Variante sein wird“, schrieb Schoenmakers auf Twitter. Das unterstrich auch Neurobiologe Gilestro: „Was aus BA.2 wird, wissen wir leider noch nicht mit Sicherheit, denn eine weltweite Beobachtung ist bislang rar, vor allem was Sequenzierungen angeht.“ Vor allem Letztere wäre aber wichtig, um BA.2 eindeutig von anderen Varianten zu unterscheiden.
Das forderte auch Schimmel: „Nicht nur im Hinblick auf Impfstoff-Entwicklung, sondern auch in allen anderen Belangen scheint mir der Unterschied zwischen BA.1 und BA.2 groß genug, dass eine getrennte Betrachtung der beiden Subvarianten ratsam oder sogar notwendig wäre“, twitterte sie.