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Bundestrainer Alfred Gislason
  • Bundestrainer Alfred Gislason durchlebte ein hartes Jahr 2021.
  • Foto: imago/Sven Simon

Bundestrainer Gislason spricht über den tragischen Tod seiner Frau

Alfred Gislason blickt auf ein bewegendes Jahr 2021 zurück. Der Handball half dem Bundestrainer bei der Trauerbewältigung – und er schenkt ihm vor der EM enorme Energie, wie er im Interview verrät.

Alfred Gislason, auch bei der EM in der Slowakei und Ungarn könnte es wie bei den beiden vorherigen Turnieren Geisterspiele geben. Sorgen Sie sich um den Handball?

Alfred Gislason: Wenn es jetzt über einen längeren Zeitraum wieder keine Zuschauer geben wird, ist das natürlich schwierig. Ich muss aber auch ganz ehrlich sagen, dass wir bislang gut durchgekommen sind. Dass kein Verein pleite gegangen ist und die Bundesliga überleben konnte, ist ganz große Klasse. Das wurde beeindruckend gelöst, da wurde richtig gut gearbeitet. Das stimmt mich positiv, dass wir auch die kommenden Wochen und Monate gut überstehen.

…sagt das Hirn. Aber was sagt das Herz? Sie haben so viele große Handball-Schlachten in vollen Hallen geschlagen. Macht der Job auf diese Weise überhaupt noch Spaß?

Natürlich ist das bedrückend, wenn wir wieder ohne Zuschauer spielen müssen. Ich habe mich riesig gefreut über die vollen Hallen im Herbst. Handball ist schließlich ein bodenständiger Sport, der den Kontakt zu den Menschen braucht. Umso deprimierender ist es, wenn wir jetzt wieder in eine Phase ohne Zuschauer gehen müssen. Ich hoffe aber, dass man aus der Corona-Geschichte so viel gelernt hat und sich auch die Zweifler jetzt impfen lassen, damit man das Thema dauerhaft in den Griff bekommt. Das würde irgendwann auch wieder für volle Hallen sorgen.

Gislasons Zwischenbilanz: „Alles andere als zufrieden“

Der Jahreswechsel ist auch die Zeit, zurückzuschauen und Bilanz zu ziehen. Wie fällt das sportliche Zwischenfazit nach Ihren beiden ersten Turnieren aus? Zufrieden werden Sie nicht sein.

Nein. Ich bin alles andere als zufrieden. Die Jungs haben unter den Voraussetzungen nicht schlecht gespielt, aber die Absagen, vor allem bei der WM in Ägypten, haben uns schon weh getan. Bei den Olympischen Spielen habe ich dann eine Mannschaft in die Hände bekommen, die ich gar nicht richtig trainieren konnte. Einige Spieler waren so ausgelaugt, dass sie nur auf dem Hometrainer Fahrrad fahren konnten, während die anderen trainierten. Das war schwierig. Und unterm Strich waren die Ergebnisse enttäuschend.

Drohbrief und Frau verstorben: So hart war 2021 für Gislason

2021 war für die Menschen generell ein schwieriges Jahr. Für Sie persönliches auch ein enorm bewegendes und trauriges Jahr. Da war der ausländerfeindlich motivierte Drohbrief gegen Sie und vor allem der tragische Tod ihrer geliebten Ehefrau Kara nach kurzer und heftiger Krankheit. Haben Sie all das schon verarbeiten können?

Den Drohbrief hatte ich schnell abgehakt. Schön war für mich das unglaubliche Echo, das dadurch ausgelöst worden ist. Die Solidarität, die aus allen Richtungen kam, hatte ich nicht erwartet. Aber das mit meiner Frau ist eine Sache, die ich nie ganz verarbeiten werde. In der Hinsicht war es ein sehr, sehr schwieriges Jahr. Wir kannten uns, seit wir 15 sind, und waren mehr als 40 Jahre verheiratet. Es sah sehr gut aus, dass sie die Krankheit meistert. Anfang Mai ging es dann aber sehr schnell in die andere Richtung. Das war schon sehr hart. Ich wollte mich in den letzten Wochen komplett um meine Frau kümmern. Sie wollte aber unbedingt, dass ich weitermache mit dem Handball. Die Arbeit mit der Mannschaft tat mir gut. So konnte ich mich auch auf andere Sachen konzentrieren. Es war sehr schön, in dieser Phase den Handball zu haben.


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Welche Rolle spielte und spielt der Sport bei der Trauerbewältigung?

Der Sport gibt mir Kraft. Ich bin jetzt 62 Jahre alt. Die Arbeit mit jungen Menschen, die Gas geben wollen und die mit Begeisterung dabei sind – die gibt mir sehr, sehr viel. Ich sage nicht, dass die Mannschaft mich am Leben hält, aber sie bereichert extrem.

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Was wünschen Sie sich für 2022 – sportlich und auch persönlich?

Sportlich wünsche ich mir, dass wir bei der EM ein positiv-aufregendes Turnier spielen. Das ist das eine. Und persönlich wünsche ich mir ein deutlich schöneres 2022 als 2021. (kk/sid)

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