Foto-Ausstellung über „Gastarbeiter“: „Wir riefen Arbeitskräfte – es kamen Menschen“
Eine Frau sitzt an einer Nähmaschine und blickt den Betrachter an. Sie hat ihre Arbeit kurz unterbrochen – eine Schwarzweißfotografie des Fotografen Muhlis Kenter fing diesen Moment 1980 in einer Textilfabrik in Alsdorf bei Aachen ein, nun ist das Foto Teil einer Ausstellung im Museum für Kunst und Gewerbe (MK&G). Damals nannte man Menschen wie die Näherin noch „Gastarbeiter“ – in der Vorstellung, dass all die Menschen aus der Türkei, aus dem damaligen Jugoslawien, aus Italien, Spanien, Portugal oder Griechenland wieder in ihre Heimat zurückkehren würden.
Doch so war es nicht, wie der Schriftsteller Max Frisch schon 1965 erkannte: „Wir riefen Arbeitskräfte, und es kamen Menschen“. Die „Gäste“ blieben und wurden Teil Deutschlands. Die Ausstellung „Früher hießen wir Gastarbeiter“ im MK&G präsentiert Fotografien von Muhlis Kenter, Nuri Musluoglu, Asimina Paradissa und Mehmet Ünal, die das Leben damals aus migrantischer Perspektive beleuchten: rund 80 Arbeiten, die jüngst vom Museum angekauft wurden.
„Früher hießen wir Gastarbeiter“ im MK&G
Die Ausstellung kommt zu einer Zeit, in der viel über soziale Ungleichheit und Rassismus diskutiert wird. Die Bilder zeigen das engste Umfeld, zeigen Arbeiter und Arbeiterinnen in Metall- und Textilfabriken, Bergwerken, Bildungsprojekte für Kinder und Jugendliche, Demonstrationen und Streiks.

Die Griechin Asimina Paradissa fotografierte seit 1968 ihr Leben in Deutschland – vor allem in und um das damalige Wohnheim für unverheiratete Arbeiterinnen in Wilhelmshaven. Emotionale, berührende Bilder sind es, die Menschen zwischen Fremdsein und Ankommen abbilden.
„Gastarbeiter“: Perspektive der Betroffenen
Es ist eine wichtige Ausstellung und ein bedeutender Ankauf für die Sammlung des MK&G, wie die Kuratoren erläutern: „Die Arbeiten erweitern die Geschichte der deutschen Fotografie um ein Kapitel, das Migration, Arbeit, Identität und Widerstand aus der Perspektive der Betroffenen selbst erzählt.“
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Die Schau ist besonders sehenswert, weil sie Migration als persönliches Phänomen sichtbar macht. Sie erzählt von Aufbruch und Entwurzelung, von Stolz und Solidarität. „Früher hießen wir Gastarbeiter“ lädt uns ein, die Migrationsgeschichte in Deutschland neu zu betrachten – und zugleich zu fragen, was diese Geschichte für unser heutiges Zusammenleben bedeutet.
Museum für Kunst und Gewerbe: bis 17.5.26, Di-Mi 10-18 Uhr, Do 10-21 Uhr, Fr-So 10-18 Uhr, 14 Euro, mkg-hamburg.de

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