Der Angeklagte mit seinem Verteidiger vor Gericht.

Der Angeklagte mit seinem Verteidiger vor Gericht. Foto: Zoe Clausen

„Halt die Klappe, Hurensohn“: Gefängniswärter soll Häftling in Zelle verprügelt haben

Überwachungsbilder zeigen, wie acht Beamte einen Gefangenen durch das Hamburger Untersuchungsgefängnis führen. Der Mann ist nackt, seine Hände sind auf dem Rücken fixiert. Wenige Minuten zuvor soll ihm ein Justizvollzugsbeamter die Nase gebrochen und ihn als „Hurensohn“ beschimpft haben – so die Anklage. Der Beamte Lukasz D. (Name geändert) steht deshalb seit Mittwoch wegen Körperverletzung vor Gericht. Schon am ersten Verhandlungstag kommen Zweifel an der Darstellung des mutmaßlichen Opfers auf – doch der Mann kann nicht mehr befragt werden.

Vor mehr als drei Jahren stand der Gefangene B. selbst wegen gefährlicher Körperverletzung vor Gericht. Am 28. September 2022, gegen 14 Uhr, fiel das Urteil – nur vier Stunden später lag B. mit gebrochener Nase und blauem Auge im Krankenhaus. Wie konnte das passieren?

Laut Anklage soll ein Gefängniswärter den Mann mehrfach mit der Faust geschlagen und dabei mit den Worten „Halt die Klappe, Hurensohn“ beschimpft haben. „Die Beamten waren wie Hunde, die von der Leine gelassen werden – sie bekamen das Kommando und gingen dann auf mich los“, sagte der Gefangene wenige Tage später bei einer Befragung.

Angeklagter bestreitet Schläge und Beleidigungen

Der Angeklagte Lukasz D. schildert den Vorfall vor dem Amtsgericht ganz anders. Beim Prozessauftakt wirkt er konzentriert und angespannt. Seine Hände liegen fest verschränkt auf dem Tisch, die trainierten Arme zeichnen sich unter dem dunklen Pullover ab. Der Gefangene sei aggressiv gewesen, sagt D.: „Er hat im Warteraum randaliert.“ Daraufhin habe man entschieden, ihn auf eine andere Station zu verlegen.


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Der Gefangene habe sich einer Durchsuchung verweigert und sei aufgefordert worden, sich auszuziehen, so D. Es sei zu einer „Rangelei“ gekommen, bei der der Mann zu Boden gebracht und fixiert worden sei. B. habe sich gewehrt, bis D. seinen Kopf mit dem Knie auf den Boden gedrückt habe. Anschließend sei die Kleidung aufgeschnitten worden, bevor er in eine Zelle gebracht wurde. „Ich habe den Mann weder beleidigt noch geschlagen“, sagt D. Zwei Kollegen, die am Mittwoch als Zeugen aussagten, wollen keine Verletzungen bemerkt haben.

Opfer spricht von starker Blutung – Zweifel an Darstellung

Der Gefangene hatte damals angegeben, er habe „stark geblutet“ und auch auf dem Weg in die Zelle viel Blut verloren. Im April wurde er nach Tunesien abgeschoben – sein Aufenthaltsort ist unbekannt, eine erneute Befragung daher unmöglich. Die Überwachungsvideos wecken allerdings Zweifel an seiner Schilderung: Bis auf einen kleinen Fleck auf dem Boden ist kein Blut zu sehen. Sicher ist jedoch, dass B. am Nachmittag verletzt in der Zelle gefunden und mit einer gebrochenen Nase ins Krankenhaus gebracht wurde. Ein Foto aus der Akte zeigt sein stark zugeschwollenes, lilafarbenes Auge.

Wie sich der Gefangene verletzte, bleibt vorerst unklar

Wie und wann genau das mutmaßliche Opfer sich diese Verletzungen zuzog, bleibt am Mittwoch unklar. Eine Sachverständige fragt mehrfach nach, ob die Wunden auch beim gewaltsamen Entkleiden entstanden sein könnten. Der Angeklagte sagt: „Viele Gefangene verletzen sich selbst.“ Er wolle nicht einfach behaupten, dass der Mann das gemacht habe, „aber es besteht die Möglichkeit“.

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Am 13. November wird der Prozess mit weiteren Zeugenaussagen fortgesetzt – unter anderem mit der Ärztin des Untersuchungsgefängnisses, die den Verletzten zuerst untersucht haben soll.

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