Tabuthema psychische Gesundheit: Fabian Klos über den stillen Kampf der Fußballprofis
Psychische Gesundheit ist im Profifußball weitestgehend noch ein Tabuthema. Ex-Profi Fabian Klos spricht offen über seine Erfahrungen – und fordert mehr Sichtbarkeit und konkrete Hilfsangebote.
Fabian Klos schmunzelte. In der Kabine offen über mentale Probleme sprechen? Nicht im Profifußball. „Welche Frauen du am Wochenende im Club kennengelernt hast, darüber wurde gesprochen“, erzählte die Vereinslegende von Arminia Bielefeld mit etwas Scham in der Stimme: „Aber wie es dir in einer Fußballkabine als Mensch wirklich geht, darüber wird nicht gesprochen.“
Klos fordert bessere psychologische Hilfsangebote
Und das versucht der 37-Jährige zu ändern. In 13 Jahren bei der Arminia hat Klos Auf- und Abstiege miterlebt und als Kapitän einen besonderen Druck verspürt. Er musste sich dazu oft öffentlicher Kritik stellen. Aber mit Teamkollegen offen über die psychische Gesundheit zu sprechen, das gab es zu seiner Zeit nicht.
„Gerade im Profifußball hast du das Gefühl, dass du mit der vermeintlichen Schwäche alleine dastehst“, sagte Klos im Rahmen der von Sky präsentierten SID-Mixedzone anlässlich des Welttags für psychische Gesundheit (10. Oktober). Der heutige TV-Experte, der 2024 seine Karriere beendet hatte, fordert deshalb einen besseren Ausbau psychologischer Hilfsangebote. Denn diese stecken im Profifußball „noch in den Kinderschuhen“, betonte Klos.
Vor allem die Unterschiede zwischen den Top-Klubs der Bundesliga und den Klubs unterhalb des Oberhauses seien zu groß, kritisierte Klos: „Wir haben auch in der zweiten und dritten Liga sehr volle Stadien, der Druck ist der gleiche. Wir haben da viel zu wenige Angebote geschaffen.“
Psychologische Begleitung ab der Jugend
Was kann der Profifußball tun? Ein Ansatz ist, Spieler schon in der Jugend eng psychologisch zu begleiten und mental zu stärken. „Wir haben Talente, die immer früher wechseln“, sagte der langjährige Bundesliga-Funktionär und BVB-Chefscout Sven Mislintat. Oftmals sei die Persönlichkeitsentwicklung noch nicht abgeschlossen, wenn Spieler sich schon Top-Klubs anschließen und ihre „relativ sicheren Häfen“ verlassen. „Das heißt, ich komme in unsichere Häfen, wo ich diese Stärke brauche“, sagte Mislintat.
In Transfergesprächen werde das Thema daher durchaus behandelt. Dabei würden die jungen Spieler zum Teil mit „relativ krassen Situationen zumindest mal in der Vorstellung“ konfrontiert, sagte Mislintat – ehe sie dann im Erwachsenenalter mit Druck von Fans, Mitspielern, Trainern und Öffentlichkeit umgehen müssen.
Immer mehr Profis machen psychische Probleme öffentlich
Doch das Thema bleibt komplex. Und aktuell. Der Spanier Álvaro Morata machte im Vorfeld der EM 2024 Depressionen und Panikattacken öffentlich. Der Brasilianer Rodrygo von Real Madrid räumte erst vor wenigen Tagen psychische Probleme ein. Der Suizid von Robert Enke hat das Thema psychische Gesundheit im Jahr 2009 auf tragische Weise auf die Agenda gehoben – bis heute gibt es aber nur leichte Fortschritte.
Generell seien die Spieler heutzutage „deutlich offener“ als er es während seiner Karriere selbst gewesen sei, sagte Klos, der im März 2022 auf dem Weg zur Bundesligapartie bei Borussia Dortmund eine Panikattacke erlitten hatte. Zu viele Probleme werden aber immer noch verschwiegen, sagte Klos: „Offen Schwäche zu zeigen, solange man aktiv ist, ist das Mutigste, was man machen kann.“
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Und damit zurück zur Kabine: Wo viele verschiedene Charaktere aufeinandertreffen, kann Offenheit auch schaden, so Klos. „Man darf nicht vergessen, du spielst zwar in einer Mannschaft, aber du stehst mit ganz vielen Mitspielern in einer Konkurrenzsituation“, sagte der langjährige Stürmer: „Du machst dich auch angreifbar.“ Es sei ein langer Weg, so Klos, aber: „Wir müssen an den Punkt kommen, wo es erlaubt ist, Gefühle zu zeigen.“ (sid/fw)
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