In Ochsenwerder als Hexe verbrannt: „Marschlande“ im Thalia-Theater inszeniert
Auf dem Dorf, zumal vor 500 Jahren, glaubt man an „Spökenkram“. Also dass zerstörerische Naturereignisse dem Teufel zuzuschreiben sind und bösartige Frauen die Menschen um sie herum verfluchen können. Das ist heutzutage glücklicherweise anders. Aber üble Nachrede gibt’s noch immer, sie hat sich aus dem Nachbarschaftstratsch in die digitale Welt verlagert, heißt „Cybermobbing“ und trifft besonders Frauen und Mädchen. Und auch bei einer Scheidung können Frauen dumm dastehen, wenn der Gatte sie als Hüter der Finanzen übers Ohr haut. Es geht hier also um Ungerechtigkeiten, Männerpfründe und Männerbünde.
Die Hamburger Autorin Jarka Kubsova hat diese Themen in ihrem Roman „Marschlande“ auf zwei Zeitebenen zusammengeführt, indem sie zwei Frauen in den Mittelpunkt stellt, die auf demselben Fleckchen Erde leben, nämlich in Hamburg-Ochsenwerder.
Zwei Zeitebenen in einem Stück
Britta Stoever (Cathérine Seifert) zieht in der Gegenwart etwas widerwillig mit ihrer Familie dorthin und begibt sich bald auf die Spuren von Abelke Bleken (Nellie Fischer-Benson), einer alleinstehenden und unabhängigen Bäuerin aus dem 16. Jahrhundert, der nach einem Deichbruch übel mitgespielt und die schließlich als vermeintliche Hexe verbrannt wird.

Das Buch wie das Stück im Thalia-Theater (Regie: Jorinde Dröse) erzählen die beiden Geschichten parallel. Das gelingt in der kargen Bühnenkonstruktion mit einem Haus/Stall prinzipiell ganz gut. Und doch wollen die beiden Puzzlestücke nicht recht zusammenpassen.
Kein fester Spannungsbogen
Florence Adjidome spielt „Das Land“ mit Vogelgeräuschen und beschwörenden textlichen Einwürfen sowohl im Früher wie im Jetzt, doch für einen festen Spannungsbogen reicht das nicht. Besonders die Gegenwartsgeschichte ist zu dünn, und eine Szene, in der ein „Club der unerhörten Frauen“ erklärt wird, allzu gewollt und didaktisch.
Das historisch belegte Leben von Abelke birgt weitaus mehr Potenzial, wird in dem Format aber leider nicht gänzlich ausgeschöpft.
Thalia-Theater: wieder 28.9., 1./8.10., diverse Uhrzeiten, 11-52 Euro, Tel. 32 81 44 44, thalia-theater.de

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