In Hamburg ist wieder der Teufel los: „The Black Rider“ am Altonaer Theater
„Come on along with the Black Rider“! 35 Jahre nach dem Sensationserfolg des Rockmusicals von Tom Waits am Thalia-Theater (die Uraufführung damals inszenierte der kürzlich verstorbene Bühnenmagier Robert Wilson) ist in Hamburg wieder der Teufel los. Vor knallig pinkfarbener Jahrmarktskulisse, gestaltet mit zahlreichen Plüschtieren und Luftballontrauben, spielt das legendäre Stück nun am Altonaer Theater – und schießt gleich zu Beginn der neuen Spielzeit den Vogel ab.
Tragisch und komödiantisch, anarchisch, rau und zugleich von berührender Zartheit ist das auf der Schauerlegende vom „Freischütz“ beruhende Musical (Buch: Beatpoet William S. Burroughs), von Regisseur Georg Münzel inszeniert als Wahnsinnsritt über dem Abgrund. „Teufelspack ist stets ein Narrenpack“, warnt Jacques Ullrich, wunderbar als Weissager. Seine Mahnung – „Verkaufe nie dein Ich, denn dann verlierst du dich!“ – kommt für den verliebten Wilhelm (Noëlle Ruoss) jedoch zu spät.
Die betörende Musik als Herzstück
Nur ein Probeschuss trennt den Schreiber – eine Niete als Schütze – noch von der Hochzeit mit seinem geliebten Käthchen (Farina Adisa Kaiser), das ihre Eltern, Oberförster Bertram und Anne (Dominik Velz und Regina Stötzel als schräge Schießbudenfiguren), nur einem bewährten Schützen zur Frau geben wollen. Leichte Beute für den Stelzfuß. Verzweifelt erfleht Wilhelm am Kreuzweg von ihm eine Freikugel für den letzten Schuss vor der Ehe …

Herzstück des Höllenspektakels aber bleibt die betörende Musik. Ein Traum: das gesamte Ensemble sowohl als spielfreudige und gesangsstarke Darstellerinnen und Darsteller wie auch als multiinstrumentale „The Gay Riders“-Liveband. Sie rollt dem gespenstischen Treiben (unter der musikalischen Leitung von Emil Schuler, der von Marimba bis Didgeridoo sechs verschiedene Instrumente spielt) grandios den Klangteppich aus, gewebt nach dem einzigartigen, emotional aufwühlenden Sound von Tom Waits.
Grellbunter Bühnentraum
Es grummelt, rumort, swingt, scheppert und dröhnt an allen Ecken und Enden einer Bühnenwelt, in der Pegleg die Strippen zieht. Gespielt wird der Teufel von dem herausragenden Jascha Schütz, ein röhrender Rockstar, der hohnlachend und diabolisch grinsend entertaint sowie Keyboard und Percussions beherrscht.
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Das große Los gezogen hat dabei, wer sich auf diesen wilden Trip – ein verrückter Mix aus Geisterbahnfahrt, Drogenrausch und Albtraum – einlassen und abfahren kann. Theaterglück, das magisch in seinen Bann zieht. Tolle Nebenwirkung: Dieses Bühnenhighlight macht süchtig nach weiteren Vorstellungsbesuchen.
Altonaer Theater: bis 2.10., wieder 30.12.-11.1.2026, diverse Termine und Uhrzeiten, 40-55 Euro, altonaer-theater.de
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