Innenstadt von Helsinki

Binnen eines Jahres gab es in der finnischen Hauptstadt nicht einen (!) Verkehrstoten. Foto: picture alliance / pressefoto_korb

Die Hafenstadt, auf deren Straßen niemand stirbt

kommentar icon
arrow down

Ich mag Helsinki, die Hafenstadt mit mehr als 300 Inseln und Tausenden Saunen, die Stadt des Designs, der Architektur und der Korvapuusti, wie die Zimtschnecken heißen. Das Alltagsleben in Helsinki wirkt ziemlich entspannt, und besonders schätze ich die Halbinsel Katajanokka, an deren Ufern Eisbrecher festgemacht sind.

Zur Liste der schönen Dinge gehört neben der Bar „Beaky Basterd“ und Rentierdöner ein Fakt, der die Großstadt europaweit ziemlich einzigartig macht. Von Juli 2024 an gab es mehr als zwölf Monate lang keinen Toten im Straßenverkehr. Nicht einen.

Helsinki zählt knapp 700.000 Einwohner. Frankfurt auch, doch am Main starben im vergangenen Jahr 17 Menschen. Hamburg, wo jede Fahrradtour zum Überlebenstraining wird, verzeichnete 2024 insgesamt 39 Tote.


Stefan Kruecken hfr
Stefan Krücken

Der Autor: Stefan Kruecken, Jahrgang 1975, leitet mit seiner Frau Julia den von ihnen gegründeten Ankerherz Verlag (www.ankerherz.de). Vorher war er Polizeireporter für die „Chicago Tribune“, arbeitete als Reporter für Zeitschriften wie „Max“, „Stern“ und „GQ“ von Uganda bis Grönland. Sein neues Buch „Das muss das Boot abkönnen“ gibt es im MOPO-Shop unter mopo.de/shop. Weitere Bücher gibt es im Ankerherz-Shop – zum Beispiel „Das kleine Buch vom Meer – Helden“ oder „Mayday – Seenotretter über ihre dramatischsten Einsätze“.

Alle aktuellen Folgen dieser Kolumne finden Sie hier.


Wie macht Helsinki das? Wie schaffte es die Stadt von 1000 Unfällen mit Verletzten und 30 Verkehrstoten Ende der 1980er Jahre zum Traum aller Verkehrsplaner?

Helsinki: Tempo 30 auf der Hälfte der Straßen

Auf die Antwort kommt man ohne Expertenkommission und Doppelgutachten: Die Finnen fahren nicht mehr wie die Idioten. Nach Jahrzehnten harter verkehrspolitischer Kämpfe rollt der Verkehr auf mehr als der Hälfte der Straßen mit Tempo 30. Dass sich jeder Autofahrer daran halten muss, überwachen jede Menge Blitzer.

Man verbreiterte die Gehwege, verschmälerte die Straßen und pinselte Zebrastreifen auf den Asphalt. Man baute das Netz der Radwege kontinuierlich aus und schuf sichere Querungen für Fußgänger.

Vor allem investierte man in den öffentlichen Nahverkehr. Ich käme nie auf die Idee, vom Fährhafen mit dem Auto in die Innenstadt zu fahren, denn die U-Bahnen rollen eng getaktet, sind sauber und preiswert.

Autofahren macht in Helsinki heute so viel Sinn wie eine Lage Korvapuusti in der Sauna.

Verkehrspolitik ist in Teilen auch Sozialpolitik

Aktuell arbeiten die Verkehrsplaner das Strategiepaket bis 2026 ab, danach soll es weitergehen. Überwachungssysteme sammeln Daten und analysieren permanent, wo es brenzlig werden könnte. Im Fokus: die Sicherheit von Kindern, Fußgängern und Radfahrern. Also von vulnerablen Verkehrsteilnehmern. Verkehrspolitik ist in Teilen auch Sozialpolitik.

Das könnte Sie auch interessieren: Neue App soll Radfahren in Hamburg besser machen – und Radler belohnen

Reisen nun unsere norddeutschen Verkehrsplaner mit der Finnlines nach Helsinki und setzen sich in die dortige U-Bahn? Fände ich gut.

Der Ansprechpartner aus der Stadtverwaltung heißt übrigens Roni Utriainen.

Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp
test