„Wahrscheinlich gelyncht“: Blessin, der VfB, sein Bruder und ein St. Pauli-Trikot
Es ist alles andere als ein normales Spiel. Erstens gibt es auch im zweiten Jahr Bundesliga keine „normalen Spiele“ für den FC St. Pauli, weil die erste Klasse ein Highlight ist und jedes Duell auch eine sportliche Herausforderung. Die Auswärtspartie der Kiezkicker beim VfB Stuttgart macht das keine Ausnahme, hat für Trainer Alexander Blessin aber natürlich eine besondere Note. Der heimatliche Aspekt sorgt für eine emotionale Note – aber auch familiäre Brisanz bis hin zu einer heiklen Kleider-Frage.
Auf dem Rasen der MHP Arena wird es am Freitagabend (20.30 Uhr) zur Sache gehen. Die 90 Minuten werden für seine mit sieben Punkten aus drei Spielen hervorragend in die Saison gestarteten Kiezkicker „eine absolute Herausforderung“ werden, ist sich Blessin sicher. Der VfB (drei Zähler) habe „nicht den besten Start hingelegt, aber unglaubliche Qualität“, auch nach dem Abgang von Stürmer Nick Woltemade für satte 90 Millionen Euro zu Newcastle United.
Spiel in Stuttgart für Blessin immer noch besonders
Zum zweiten Mal in seiner Zeit als Trainer des FC St. Pauli tritt Blessin eine Dienstreise in seiner Heimat an. Der 52-Jährige ist in Stuttgart geboren, hat dort einige Jahre als Profi beim VfB und den Kickers gespielt. Auch die Familie ist dort verwurzelt.
„Das ist immer noch ein Stückchen Heimat, das ist klar“, sagt Blessin. Seine Herkunft ist bekannt. „Die Familie wohnt unweit von Stuttgart entfernt, deswegen ist es immer etwas besonderes.“ Die Verbindung zum VfB sei nicht mehr eng, wenngleich er sich für den Klub interessiere und auch mit Augenmerk auf die Ergebnisse an jedem Wochenende schaue. Kontakt bestehe nicht mehr großartig. „Es liegt einfach ein paar Jahrzehnte zurück und extrem viel Zeit dazwischen.“
Bruder Michael ist VfB-Fan, hält aber zu Alexander
Dennoch wird der Kiez-Coach im Vorfeld der Partie mit der besonderen Konstellation konfrontiert. „Der familiäre Aspekt spielt schon eine Rolle. Mein Bruder hat ja eine Dauerkarte beim VfB und ist Fan“, berichtet Blessin und verrät: „Das ruht jetzt aber am Wochenende.“ Soll heißen: Blut ist dicker als Vereinsliebe. Die Familie hält zusammen und wünscht dem Wahl-Hamburger in den eigenen Reihen den Sieg. Oder doch nicht?
In den vergangenen Tagen habe er viele Anrufe und Nachrichten aus seiner alten Heimat bekommen, von Freunden, aber auch Bruder Michael. Tenor: der VfB benötigt die Punkte dringender, gefolgt von Argumenten, warum St. Pauli eine Niederlage gut verkraften könne. „Ich weiß nicht wie viele Vorschläge gekommen sind. Mir ist ein drittes Ohr gewachsen“, erzählt Blessin mit einem Schmunzeln. „Da wurde gesagt, wir seien ja gut gestartet und bräuchten deswegen die Punkte nicht und können sie dalassen. Nein!“ Sein Team wolle seinen aktuellen „Run“, also den erfolgreichen Lauf, fortsetzen, stellt er unmissverständlich klar.
Geschenktes St. Pauli-Trikot am Freitag ein No-Go
Nicht minder entschieden beantwortet Blessin die nicht ganz ernst gemeinte Frage, ob er seinem Bruder seit seinem Amtsantritt beim Kiezklub vor 14 Monaten mal ein St. Pauli-Trikot besorgt habe und wie hoch die Wahrscheinlichkeit sei, dass dieser es aus familiärer Verbundenheit am Freitagabend im Stuttgarter Stadion tragen würde. „Hat er“, sagt der Wahl-Hamburger und fügt mit einem Grinsen an: „Aber in dem Bereich, wo er sitzt, kann er es nicht tragen, da würde er wahrscheinlich gelyncht. Deshalb geht es jetzt darum, ob er eine andere Karte kriegt. Oder er bleibt daheim vorm Fernseher, aber das glaube ich nicht.“
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An seinen letzten Besuch im Stuttgarter Stadion hat Alexander Blessin jedenfalls beste Erinnerungen. Am 21. Dezember 2024 feierten seine Kiezkicker einen überraschenden und im Klassenkampf immens wichtigen 1:0-Sieg. Ob Bruder Michael beim Tor von Johannes Eggestein und nach dem Schlusspfiff auf der Tribüne gejubelt oder seine Freude für Alexander verheimlicht hat, ist nicht überliefert.
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