Beim 100-Meter-Finale: Usain Bolt flippt auf der Tribüne aus
Der 100-Meter-Weltmeister kommt erstmals seit der Ära von Usain Bolt wieder aus Jamaika. Olympiasieger Noah Lyles aus den USA ist entthront.
Oblique Seville zeigte nach dem Sturm auf den WM-Thron seinen muskelbepackten Körper, auf der Tribüne ballte der begeisterte Usain Bolt beide Fäuste: Zehn Jahre nach Bolts letztem WM-Titel ist wieder ein Jamaikaner der König aller Sprinter. Der 24-jährige Seville sprintete bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Tokio in 9,77 Sekunden zu Gold über 100 Meter und führte einen Doppelsieg vor seinem Landsmann Kishane Thompson an. Bronze ging an Titelverteidiger Noah Lyles aus den USA (9,89).
Jamaikaner beenden 100-Meter-Serie der US-Sprinter
„YES, YES“, schrie Bolt, der auf der Tribüne im japanischen Nationalstadion mitgefiebert hatte und nach dem Finale völlig ausflippte. Der Stadion-DJ spielte Bob Marleys „Buffalo Soldier“, während auch zahlreiche jamaikanischen Fans vor Freude jubelten. Zuletzt war WM-Gold nach der Ära des Weltrekordlers viermal in Serie an die USA gegangen.
Absolute magic from the champ!! Such passion pic.twitter.com/9GI9UZzKoG
— Kevin Rademeyer (@kevinrademeyer) September 14, 2025
Bolt hatte sich schon vor den Wettkämpfen absolut überzeugt geäußert – und sollte Recht behalten. „Kishane und Oblique haben in dieser Saison wirklich gezeigt, dass sie extrem gut in Form sind“, hatte der 39-Jährige gesagt und ordentlich Druck gemacht: „Sie sollten die Plätze eins und zwei belegen, denn sie haben während der gesamten Saison bewiesen, dass sie an der Spitze stehen und schnelle Zeiten laufen. Es kommt also nur auf die Umsetzung an.“
Olympiasieger Tebogo wegen Fehlstarts disqualifiziert
Die gelang eindrucksvoll. Nach einem Fehlstart von 200-Meter-Olympiasieger Letsile Tebogo kam Seville, der bei Glen Mills, dem früheren Bolt-Coach trainiert, nach dem zweiten Startversuch glänzend aus dem Block. In der Folge lieferte er sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Thompson, der mit 9,75 Sekunden als Nummer eins der Welt nach Japan gereist war.

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Olympiasieger Lyles half auch eine Saisonbestleistung nicht zur angestrebten Titelverteidigung, zuvor war der Showman noch siegessicher gewesen: „Ich weiß nicht, warum mich jemand schlagen sollte.“ Die Antwort gab Seville. Ausgerechnet.
Oblique Seville hatte Rückschläge überwinden müssen
Denn Seville galt schon vor seinem Coup als einer der konstantesten Sprinter der vergangenen Jahre – und als vielleicht größtes Versprechen auf die Bolt-Nachfolge. Doch bislang hatte der Youngster die hohen Erwartungen nicht vollumfänglich erfüllen können.

Bei den vergangenen beiden Weltmeisterschaften reichte es 2022 und 2023 nach vielversprechenden Auftritten jeweils nur für den vierten Platz, auch im olympischen Finale von Paris stand nach einem starken Halbfinale nur der letzte Platz. Doch Seville, der mit 17 seinen Vater verlor, ackerte weiter, um seinem großen Vorbild Bolt nachzueifern. „Nicht aufzugeben, erfordert ein gewisses Maß an Geduld“, hatte er einmal gesagt. Diese wurde nun belohnt.
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Bolt hatte am Ende seiner Laufbahn die Durststrecke selbst eingeleitet. In seinem letzten großen 100-Meter-Endlauf verlor er 2017 in London gegen die US-Athleten Justin Gatlin und Christian Coleman. Bolts damaliges Bronze war die bislang letzte jamaikanische WM-Medaille in der Königsdisziplin gewesen. Nach Gatlin gewannen dessen Landsleute Coleman (2019), Fred Kerley (2022) und Noah Lyles (2023). Jetzt ist Jamaika zurück auf dem Sprint-Thron. (sid/mp)
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