„War dem Tod sehr nah“: Deutscher Olympia-Held mit dramatischen Worten nach WM-Start
Nach Olympia-Silber vor vier Jahren fällt Jonathan Hilbert in tiefe Depressionen und ist dem Tod nahe – nun meldet sich der Geher in Tokio eindrucksvoll zurück.
Jonathan Hilbert wischte sich nach seinem Kampf zurück ins Leben die „Tränen der Erleichterung“ aus den Augen. Das hammerharte WM-Rennen über 35 Kilometer im Dampfbad von Tokio hatte den Geher sichtlich gezeichnet, trotzdem strahlte Hilbert dann hinterher auch über das ganze Gesicht: „Das ist ein sehr, sehr schöner Tag, um hier lebendig zu stehen.“ Jetzt freut sich der 30-Jährige umso mehr auf die Hochzeit mit seiner Freundin Anna in drei Wochen.
Jonathan Hilbert belegte Platz 16 über 35 Kilometer
Dass Hilbert um Punkt 7.30 Uhr Ortszeit im Nationalstadion von Japan an der Startlinie stand, war „keine Selbstverständlichkeit“, erzählte der Polizeimeister später, nachdem er nach 2:36:47 Stunden auf Platz 16 das Ziel erreicht hatte: „Die letzten drei Jahre waren einfach unglaublich dunkel und schwierig und alles andere als leicht. Ich war dem Tod sehr nah, und heute hier zu stehen, ist einfach unglaublich. Ich bin unglaublich froh, stolz und dankbar.“

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Rückblick: Ausgerechnet nach seinem Olympia-Coup vor vier Jahren, als er in Japan sensationell Silber über die 50 Kilometer gewonnen hatte, fiel Hilbert „schleichend“ in ein tiefes, tiefes Loch. Vermutlich half es auch nicht, dass seine Paradestrecke über 50 Kilometer vom Leichtathletik-Weltverband aus dem Programm genommen wurde, hinzu kamen Verletzungen.
Jonathan Hilbert spricht offen über seine Depressionen
„Ich habe mich einfach komplett selber verloren als Mensch. Ich habe mich nur noch als Sportler identifiziert. Ich habe komplett den Lebenswillen verloren“, sagte Hilbert. Und dann habe es Anfang 2024 „richtig gescheppert“. Teilweise habe er es zu Hause „kaum noch auf die Couch“ geschafft und „einfach nur an die Decke gestarrt“.

Doch Hilbert sucht sich rechtzeitig Hilfe, findet einen Therapeuten. Seine Freundin Anna, mit der er sich nach Olympia-Silber verlobt hatte, hält zu ihm, auch seine Eltern helfen ihm auf dem Weg zurück ins Leben. „Ich bin unglaublich stolz und dankbar für all die Unterstützung“, sagte Hilbert: „Und ich kann jedem, der mit Depressionen zu kämpfen hat, einfach nur sagen: ‚Es lohnt sich zu kämpfen, es lohnt sich dranzubleiben, es lohnt sich, diese tiefen Täler zu durchschreiten‘. Wenn ich das schaffe, dann schaffen das auch andere.“
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In drei Wochen steigt nun die Hochzeit mit Anna im Kloster Nimbschen bei Leipzig, es soll ein „riesengroßes Fest“ werden. Hilbert ist zurück im Leben. Und will auch im Sport weiter angreifen. Platz 16 nach seiner Geschichte sei „grandios“, Tokio „macht mir unglaublich Mut für die Zukunft. Ich habe den Fuß international wieder drin in der Tür“. Es sei „noch ein weiter Weg“, sagte Hilbert. Aber er ist zurück im Leben. (sid/mp)
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