Ukraine-Friedenstruppen? Deutschland macht den zweiten Schritt vor dem ersten
Waren die Gipfeltreffen in Alaska und Washington eine Farce oder doch der Beginn eines Friedensprozesses in der Ukraine? Noch scheint die Frage offen. In Deutschland wird derweil schon über die Sicherung eines Friedens gesprochen, den es noch gar nicht gibt – und wohl auch nicht geben wird.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte die Diskussion über Bundeswehr-Truppen in der Ukraine zur Absicherung eines möglichen Friedensdeals selbst ins Rollen gebracht. Nach dem Gipfel von Donald Trump und Wladimir Putin in Alaska und dem Stelldichein europäischer Regierungschefs in Washington erklärte er, seine Koalition müsse sich nun damit befassen, „ob wir möglicherweise mandatspflichtige Beschlüsse zu fassen haben“. Gemeint ist damit ein Mandat des Bundestags, das zur Entsendung der Bundeswehr ins Ausland notwendig ist.
AfD und BSW sind bereits festgelegt
Die Ansichten darüber, ob die Bundeswehr dies könnte und sollte, gehen in der GroKo auseinander. Nur diejenigen, die immer am lautesten nach einer Verhandlungslösung gerufen haben, haben sich nun schon festgelegt: Alice Weidel (AfD) und Sahra Wagenknecht (BSW) lehnen eine Truppenentsendung strikt ab. Offenbar glaubt man dort, Frieden und Sicherheit in Europa seien zum Nulltarif zu haben – oder man hat seine eigene (im Prinzip ja nicht unberechtigte) Forderung nach einer Verhandlungslösung nie zu Ende gedacht. Nach Ansicht von Experten müsste die Bundeswehr in einem Verbund europäischer Länder etwa 20.000 Soldaten stellen – entsprechend ausgerüstet. In Litauen hat die Bundeswehr mit Mühe und Not bisher 5000 Soldaten stationiert.
Aber man kann die Kritiker beruhigen: Sehr wahrscheinlich wird es zu einem solchen Szenario gar nicht kommen. Denn die Bemühungen des US-Präsidenten haben – zumindest von außen betrachtet – die Situation bisher eher verschlechtert als verbessert: Während Trump vor dem Treffen in Alaska noch auf einen Waffenstillstand als Voraussetzung für Friedensverhandlungen pochte, ist er inzwischen von dieser Forderung abgerückt. Es wird sicher nicht einfacher, beispielsweise über einen künftigen Grenzverlauf zu verhandeln, während sich die Front noch ständig verändert. Von Sanktionen gegen einen störrischen Kreml redet Trump gar nicht mehr. Stattdessen von Gebietsabtretungen durch die Ukraine.
Der Kreml reagiert auf Trumps Anliegen betont passiv
Trump drängt trotzdem auf ein zeitnahes Treffen zwischen ihm, dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und Putin. Doch die Reaktion aus dem Kreml blieb sehr passiv. Dieser schlug zunächst ernsthaft Moskau als Ort eines solchen Treffens vor – wohl wissend, dass die Ukraine militärisch doch noch zu stark ist, diese Art einer symbolischen Kapitulation zu akzeptieren. Im Gespräch sind auch Genf oder Budapest.

Die WochenMOPO – ab Freitag neu und überall, wo es Zeitungen gibt!
Diese Woche u.a. mit diesen Themen:
– Exklusiv: Hamburger „Hells Angels”-Gründer packt über Mord vor 52 Jahren aus
– Block-Prozess: Die angeklagte Christina Block verstrickt sich in Widersprüche
– Ekelalarm in der Gastro: Chronischer Personalmangel bei den Lebensmittelkontrolleuren hat Folgen!
– Urlaub im Bezirk Eimsbüttel: Im sechsten Teil unserer Serie geht’s um Promi-Villen, Bunker und die Kollau
– Große Rätselbeilage: Knobelspaß für jeden Tag
– 20 Seiten Sport: St. Paulis Sportchef Bornemann über seine Zukunft & Didi Hamanns Prognose für den HSV und den FC St. Pauli
– 20 Seiten Plan7: Pop-Ikone Nelly Furtado mit großer Show beim Stadtpark Open Air
Dann erklärte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow, man solle doch lieber etwas höherrangige russische und ukrainische Delegationen miteinander verhandeln lassen, als das bisher der Fall war – statt dies gleich die Präsidenten tun zu lassen. Auf diese Weise drohen endlose Schein-Verhandlungen, während in der Ukraine weiter Menschen sterben und Russland (unter höchsten Verlusten) militärische Fakten schafft.
Russland lehnt westliche Truppen grundsätzlich ab
Der Kreml sagt zudem ganz offen, dass er Truppen aus NATO-Ländern in der Ukraine unter keinen Umständen akzeptieren würde. Schließlich hat Russland seinen Angriffskrieg u.a. mit der (angeblichen) Bedrohung durch den Westen und die NATO begründet. Putins Propaganda bläut den Russen seit Jahren ein, Selenskyj sei ein kokainsüchtiger Faschist und Kriegsverbrecher, den es zu beseitigen gelte. Putin selbst spricht der Ukraine die Eigenständigkeit ab und hält Selenskyj für einen illegitimen Präsidenten – mit dem man folglich gar keine verbindlichen Abkommen schließen kann.
Das könnte Sie auch interessieren: Sprengstoff-Drohne auf NATO-Gebiet abgestürzt – Litauen fordert mehr Unterstützung
Dass Russland eigentlich nicht von seinen Zielen – der Umgestaltung Europas nach seinen Vorstellungen – ablassen will, hatte auch Außenminister Sergej Lawrow in Alaska klargemacht. Er trug dort zur Ankunft einen Pullover mit der Aufschrift UdSSR (bzw. CCCP) – in den ehemaligen Sowjet-Republiken wie dem Baltikum oder der Ukraine wurde diese Botschaft sofort verstanden.
Auch bei Trump wachsen inzwischen die Zweifel
Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich Putin trotz allem auf ein (einmaliges) Treffen mit Selenskyj einlässt. Schließlich darf er Trump auch nicht zu sehr verärgern. Aber es gibt bisher keine Anzeichen, dass er es ernst meinen würde. Inzwischen dämmert dies auch Trump: Putin wolle womöglich gar keinen Deal, sagte er „Fox News“. Und weiter: „Ich dachte, das wäre der einfachste Krieg. Aber er ist es nicht. Es ist schwierig.“
Anmerkungen oder Fehler gefunden? Schreiben Sie uns gern.