„Wir gaben uns die Hand, nachdem ich auf ihn einschlug“: Koks-Eskalation auf dem Dom
Der Hamburger Dom ist für viele ein Ort, an dem man unbeschwert Zeit mit Freunden verbringt. So dachten auch Tristan E. (28) und Björn B. (30), als sie sich am Abend des 25. August 2024 auf dem Heiligengeistfeld trafen. Doch was als Wiedersehen unter alten Freunden begann, endete in einer blutigen Auseinandersetzung unter Drogeneinfluss – mit Folgen, die das Opfer bis heute begleiten. Einer der beiden musste sich vor dem Amtsgericht Hamburg verantworten.
Im Gerichtssaal tritt Tristan E., 28 Jahre alt, am Dienstag ruhig und gefasst auf. Im weißen Hemd sitzt der groß gewachsene Mann aufrecht auf seinem Platz. Nur sein rechtes Bein wippt ständig. E. wird beschuldigt, seinen langjährigen Freund Björn B. schwer verletzt zu haben – unter anderem mit gezielten Schlägen ins Gesicht und Tritten gegen den Körper, als dieser bereits am Boden lag.
Laut Anklage erlitt B. dabei einen Nasenbeinbruch sowie einen komplizierten Bruch des rechten Fußes. Eine Woche musste er stationär im Krankenhaus behandelt werden, laut ärztlicher Einschätzung wird er bleibende Schäden davontragen.
Streit eskaliert – Autoschlüssel verschwinden
Tristan E. bestreitet, die Auseinandersetzung begonnen zu haben. Er schildert den Abend als gemeinsame Unternehmung, bei der beide Alkohol tranken und Kokain konsumierten. Die Stimmung sei zunächst ausgelassen gewesen, bis Björn B. plötzlich aggressiv geworden sei.
„Er packte mich am Kragen und gab mir eine Kopfnuss, als ich gerade mit jemand anderem sprach“, sagt E. vor Gericht aus. Er habe sich danach nur noch gewehrt – ein „Überlebenskampf“, wie er es nennt. Dabei soll er Björn B. mehrfach mit dem Ellenbogen geschlagen haben. Auch am Boden hätten sich die beiden weiter geprügelt.
Erst als er den verdrehten Fuß seines Freundes bemerkte, sei ihm die Tragweite des Geschehens bewusst geworden. „Da habe ich angefangen zu weinen“, sagte E. Er behauptet, dass sich die beiden danach wieder versöhnt und sich sogar die Hand gegeben hätten. Den Autoschlüssel von B. habe er mitgenommen, um zu verhindern, dass die Polizei diesen bei einer möglichen Kontrolle finde und den Verdacht hege, B. sei unter Drogeneinfluss Auto gefahren.
Björn B.: „Das war kein Ausrutscher – da war Hass in seinen Augen!“
Der arbeitssuchende Björn B. beschreibt die Beziehung zu Tristan E. als enge Freundschaft. „Wir waren fast wie Brüder“, sagt er im Zeugenstand. Streitigkeiten habe es zwar gegeben, doch sie hätten sich stets wieder versöhnt. An jenem Abend sei jedoch eine Grenze überschritten worden.
Er berichtet, dass E. sich mehrfach über seine finanziellen Probleme lustig gemacht habe – auch vor anderen Besuchern auf dem Dom. Schließlich habe er E. am Kragen gepackt, bestreitet aber, ihm eine Kopfnuss versetzt zu haben.
Warum er seinen ehemaligen Freund überhaupt angezeigt habe? „Nicht wegen der Tritte oder der Verletzungen – sondern wegen seines Blicks“, sagt B. „In dem Moment, als er am Boden weiter auf mich eintrat, habe ich den Hass in seinen Augen gesehen. Da war klar: Das war kein Ausrutscher.“
Keine klare Beweislage – Verfahren gegen Geldauflage eingestellt
Eine neutrale Zeugin konnte den Ablauf der Auseinandersetzung nicht bestätigen. Sie schilderte lediglich, dass die beiden Männer zunächst sehr vertraut miteinander gewirkt hätten.
Am Ende der Verhandlung plädiert die Staatsanwaltschaft für eine Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage. Der Staatsanwalt betont: „Dass das Opfer sich bewusst in die Nähe eines Freundes begab, der unter Kokain stand, werten wir strafmildernd.“
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Der Richter folgt dieser Argumentation: „Die lange Freundschaft und die gegenseitige emotionale Verstrickung sind bei der Strafzumessung zu berücksichtigen. Aber auch die Schwere der Verletzungen und deren langfristige Folgen dürfen nicht außer Acht gelassen werden.“
Tristan E. muss nun 1500 Euro zahlen – in sechs monatlichen Raten. Das Geld soll in Gewaltpräventionsprojekte fließen. Erst nach vollständiger Zahlung wird das Verfahren offiziell eingestellt.
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