Dr. Babette Peters ist Gründerin des Wilhelmsburger Nachbarschaftsservices „Minna + Willi“.

Dr. Babette Peters ist Gründerin des Wilhelmsburger Nachbarschaftsservices „Minna + Willi“. Foto: Florian Quandt

„Minna + Willi“: Hier gibt es Jobs für Menschen ab 60 Jahren

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Altwerden ist nichts für Feiglinge. Bei manchen ist es die Einsamkeit. Bei anderen das Gefühl, nicht mehr gebraucht zu werden. Oder die Gewissheit, mit der kleinen Rente nicht über die Runden zu kommen. Dr. Babette Peters weiß um die Sorgen ihrer Akteur:innen. Sie ist Gründerin des Wilhelmsburger Nachbarschaftsservices „Minna + Willi“ und hilft Menschen ab 60 Jahren einen Nebenjob zu finden, der viel mehr bringt als nur Geld.

Eigentlich ist Babette Peters Kunsthistorikerin. Sie betreute Projekte für die Kulturbehörde, die Hamburger Bürgerschaft und die Patriotische Gesellschaft, organisierte Ausstellungen, arbeitete für Hamburg Leuchtfeuer, als Journalistin bei einem Radiosender und Zeitungen, hatte Lehraufträge an Hochschulen und brachte Kunstbücher heraus. Viele Jahre war sie selbstständig. So wie etliche Menschen, die sie in ihrer Berufslaufbahn kennenlernte. „Im Älterwerden habe ich erlebt, dass diese Menschen, die tolle Jobs gemacht haben, weniger Aufträge bekamen und damit auch das Geld knapper wurde. Was dann über die Altersversorgung kam, war nicht ausreichend.“

Nach dem „designxport“ in der HafenCity kam das Herzensprojekt „Minna + Willi“

Babette Peters entwickelte ein Konzept, um die „Boomer“-Generation nicht nur finanziell, sondern auch mit sozialen Kontakten und gesellschaftlicher Teilhabe zu unterstützen und heraus kam die Idee zu „Minna + Willi“. Die gemeinnützige Gesellschaft „Passage“ stieg als Projektträger mit ein, die Finanzierung sichert das EU-Förderprogramm „Stärkung der Teilhabe älterer Menschen – gegen Einsamkeit und soziale Isolation“.

Nachdem sie zuletzt das Designzentrum „designxport“ in der HafenCity geleitet hatte, begann Babette Peters vor zwei Jahren ihr Herzensprojekt auf der Elbinsel. Seitdem touren sie und ihr Kollege Felix Klein mit einem weißen Bus, ausgestattet mit drei Arbeitsplätzen, durch Wilhelmsburg. Mindestens vier Tage in der Woche von vormittags bis abends. Immer an unterschiedlichen Standorten, um möglichst viele Menschen zu erreichen.

Gründerin Dr. Babette Peters mit Erguen Yurdakan, Filialdirektor der Haspa Wilhelmsburg. Florian Quandt
Gründerin Dr. Babette Peters mit Erguen Yurdakan, Filialdirektor der Haspa Wilhelmsburg.
Gründerin Dr. Babette Peters mit Erguen Yurdakan, Filialdirektor der Haspa Wilhelmsburg.

Mal kommen Passanten nur auf ein Gespräch an den Bus, auf dem in großen Lettern „In neighbourhood we trust!“ steht, mal wollen sie direkt mitmachen. Mehr als 70 Akteur:innen, die eine Beschäftigung suchen, hat „Minna + Willi“ momentan. Von ihnen werden Profile angelegt und mit den Anfragen der etwa 140 Kunden abgeglichen. Manche wollen nur eine Lampe angebracht bekommen, andere suchen Hilfe bei der Gartenarbeit, eine Alltagsbegleitung, Haushalts-, Umzugs- oder Transporthilfe. Derzeit kommen die meisten Anfragen nach Haushaltshilfen. Jedoch können nicht alle erfüllt werden. „Unsere Akteur:innen sind gerade hauptsächlich Männer, die häufig handwerkliche Dienstleistungen anbieten.“

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„Minna + Willi“ übernimmt die Vermittlung. Alles andere sprechen die Akteur:innen meistens direkt mit den Kunden ab. „Allerdings empfehlen wir einen Stundenlohn von mindestens 13 Euro“, sagt Babette Peters. Für sie die schönsten Momente: Wenn ein „Matching“ besonders gut funktioniert. Wie bei einer Seniorin, die eine Alltagsbegleitung suchte und bei „Minna + Willi“ nicht nur einen Helfer fand, sondern einen Menschen, mit dem sie gerne Zeit verbringt.

Doch das ist nicht immer so. „Es gibt in manchen Fällen eine Diskrepanz zwischen dem, was die Akteur:innen anbieten können und dem, was die Kunden erwarten.“ Manche Kunden würden zum Beispiel die Leistung eines Gartenbaubetriebs verlangen. „Da muss man dann auch mal deutlich sagen, dass es sich um hilfreiche Nachbarn und keine Profi-Gärtner handelt.“  Eben Nachbarschaftshilfe von Menschen, für die der Job häufig mehr sei als nur Geld verdienen.

Wohnungen für Akteur:innen im Neubaugebiet Wilhelmsburger Rathausviertel

Nicht das einzige Problem, mit dem Babette Peters und ihr Kollege konfrontiert werden. Immer wieder stehen Menschen vor dem Bus, denen sie nicht direkt helfen können. Obdachlose, die einen Arzt brauchen oder Menschen, die psychische Probleme haben. „Wir sind ein soziales Projekt, aber wir sind keine Anlaufstation für soziale Notlagen und vermitteln dann an andere Institutionen weiter“, sagt Babette Peters und erklärt, warum „Minna + Willi“ in Wilhelmsburg angesiedelt wurde: „Das hängt mit der zweiten Säule des Projekts zusammen. Es soll nicht nur Menschen verbinden, es sollen auch bezahlbare Wohnungen für etwa 15 Akteur:innen geschaffen werden.“ Und diese entstehen aktuell in Zusammenarbeit mit der Behrens-Stiftung im IBA-Neubaugebiet Wilhelmsburger Rathausviertel. Für Babette Peters, die in Altona lebt, ist Wilhelmsburg genau der richtige Standort für ihr Herzensprojekt. „Es ist ein sehr diverser, lebendiger, offener und facettenreicher Stadtteil.“ Ein Ort, an dem es viele Möglichkeiten und viele Herausforderungen gibt.


Die Bessermacher – eine Aktion von MOPO und Haspa MOPO
Die Bessermacher – eine Aktion von MOPO und Haspa (Logo)


Die Bessermacher ist eine Aktion von der MOPO und der HASPA.

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Feuerwehrtopf und neue Laptops für „Minna + Willi“

Gutes verdient Unterstützung. Mit der Aktion „Die Bessermacher“ wollen wir nicht nur engagierte Menschen zeigen. Die Projekte bekommen auch finanzielle Hilfe und langfristige Unterstützung.

Die Haspa Wilhelmsburg unterstützt „Minna + Willi“ bereits seit Längerem. Unter anderem wurde im vergangenen Jahr ein „Feuerwehrtopf“ von der Haspa zur Verfügung gestellt. Ein Zuschuss für Kunden, die Unterstützung brauchten, sich die Alltagshilfe jedoch nicht leisten konnten. „Minna und Willi schafft Verbindungen in der Nachbarschaft, von denen wir alle profitieren – simpel und effektiv“, sagt Erguen Yurdakan, Filialdirektor der Haspa Wilhelmsburg.

Auch in diesem Jahr bekommt das Projekt finanzielle Unterstützung. Es werden dringend neue Laptops und Zubehör benötigt. Die Haspa kümmert sich um die Finanzierung aus den Mitteln des Haspa-Lotteriesparens.

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