Eiskalt! St. Pauli serviert Karlsruhe mit 6:1 ab – was Blessin trotzdem „ankotzt“
Das Panorama im Stadion von Saalfelden mit der beeindruckenden Bergformation des Steinernen Meeres im Hintergrund – traumhaft. Das Spiel des FC St. Pauli gegen den Karlsruher SC konnte da zwar nicht ganz mithalten, sich aber absolut sehen lassen. Im dritten Test der Vorbereitung und dem ersten im Rahmen des Trainingslagers in Österreich ließ der Bundesligist dem Zweitligisten keine Chance, fertigte die Badener bei sehr warmem und zunehmend drückendem Sommerwetter eiskalt mit 6:1 (3:0) ab. Die Mannschaft präsentierte sich beim 120-minütigen XXL-Test auch nach den vielen Ab- und Zugängen im Kader defensiv gefestigt und in der Offensive sehr gefährlich. Der „FC St. Gaudi“ machte richtig Spaß.
Ball flach halten. Das ist und bleibt die Devise von Trainer Alexander Blessin. Und so fiel sein Fazit nach dem Kantersieg gegen den KSC recht nüchtern und kühl aus – trotz der noch sehr warmen Temperaturen nach Spielschluss gegen 19 Uhr. „Da war einiges Gutes dabei, Phasen, wo wir es richtig gut gemacht haben“, meinte der Coach nach dem zweiten Sieg im dritten Testspiel, das über zweimal 60 Minuten mit je zwei Halbzeiten à 30 Minuten ausgetragen worden war.
FC St. Pauli: „Schöne Tore“, aber Blessin „kotzt“ etwas an
Die Höhe des Ergebnisses wollte er nicht überbewerten. Seine Mannschaft habe „schöne Tore“ erzielt und sich belohnt, aber auch für seinen Geschmack zu viele Phasen im Spiel gehabt, in denen das Team nicht aktiv genug gewesen sei, das „Tempo verschleppt und es schleifen lassen“ habe.

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Harte Worte wählte Blessin für das Gegentor, das auf dem Papier wie ein Schönheitsfehler aussieht, den Coach aber mächtig wurmte. „Das Tor kotzt mich mächtig an, weil wir da in der Restverteidigung ganz schlecht stehen. Das war in der Phase, wo Karlsruhe fast nur noch mit hohen Bällen operiert, und da sind wir nicht klar genug im Anlaufen.“
Seine Spieler kühlten übrigens ihre Körper nach dem Hitze-Test in Eistonnen ab, aßen Wassermelone und tranken reichlich Wasser, um nach der schweißtreibenden Schicht die Speicher wieder aufzufüllen. Sie hatten dem Publikum einiges geboten.
FC St. Pauli gegen Karlsruhe: Klassenunterschied sichtbar
Die durchaus zahlreichen St. Pauli-Fans unter den rund 500 Zuschauenden im kleinen Stadion des FC Pinzgau Saalfelden (kurz FCPS, nicht zu verwechseln mit FCSP, der Abkürzung für den FC St. Pauli) bekamen nicht nur die neuen schwarzen Trikots, die für die Spiele im DFB-Pokal vorgesehen sind, in Aktion zu sehen, sondern auch eine starke Leistung der Kiezkicker.
Der Klassenunterschied war von Beginn an sichtbar – und nach den ersten zehn Minuten sehr deutlich. St. Pauli dominierte die Partie, spielte schwungvoll und variabel nach vorne – spielte erfolgreich über die Flügel, kombinierte sich aber auch oft und sehenswert durchs Zentrum. Das sah schon richtig gut aus, obwohl in der ersten Formation, die Blessin auf den Rasen geschickt hatte, mit Innenverteidiger Jannik Robatsch, Sechser Joel Chima Fujita, Außenverteidiger Louis Oppie und Stürmer Mathias Prereira Lage vier Neuzugänge mit von der Partie waren, zudem mit Youngster Marwin Schmitz und Fin Stevens zwei Akteure, die in der vergangenen Saison keine Rolle gespielt hatten.
Dzwigala erzielt Führung, Metcalfe und Afolayan legen nach
Für die Tore sorgten allerdings arrivierte Kiezkicker. Adam Dzwigala sorgte per Kopf für die Führung (18.), allerdings vorbereitet von zwei Neuen. Eine Flanke von Oppie in Folge einer Ecke hatte Pereira Lage mit dem Kopf zu Dzwigala verlängert. Das 2:0 besorgte Connor Metcalfe mit seinem schwächeren rechten Fuß (29.) und das 3:0 erzielte der extrem agile Oladapo Afolayan (39.), der für seine Gegenspieler kaum zu stellen und oft nur durch Fouls zu stoppen war. Der Vorsprung der braun-weißen Formation der ersten 60 Minuten hätte auch weitaus höher ausfallen können, denn der Erstligist erspielte sich noch zahlreiche weitere Chancen, verpasste mehrere Male nur knapp.
„Es war sehr heiß, aber wir haben einige gute Sachen auf dem Platz gemacht“, befand Pereira Lage anschließend. „Wir hatten vom Tag davor zwei harte Trainingseinheiten in den Beinen, aber wir haben auch ein gutes Pressing hinbekommen.“
„Song 2“ im Überfluss, St. Pauli auch defensiv stark
Was Spielern und auch Fans besonders gut gefallen und ein heimisches Gefühl vermittelt haben dürfte: Nach jedem St. Pauli-Treffer wurde „Song 2“ gespielt. Der Tor-Song darf in der kommenden Saison gerne häufiger am Millerntor zu hören sein. Die jüngsten Testspiele geben diesbezüglich Anlass zur Hoffnung.

Eine Art Steinernes Meer bauten die Kiezkicker in der Defensive auf, sie hatten die harmlose KSC-Offensive total im Griff und ließen in der ersten Stunde nur zwei Torschüsse zu – einer ging knapp vorbei (8.), der andere aus der Distanz weit drüber und war nur mit Wohlwollen als solcher zu werten.
Schöne Geste: In der Halbzeitpause erfüllte Hauke Wahl, der das Team als Kapitän aufs Feld geführt hatte, fleißig Autogramm- und Fotowünsche, noch im durchgeschwitzten Trikot, und sorgte für viele strahlende Kindergesichter.
Ein schläfriger Moment: St. Pauli kassiert Kontertor
Die zweite Formation konnte in den zweiten 60 Minuten zunächst nicht ganz so überzeugen und begeistern. Nachdem Danel Sinani zum 4:0 getroffen hatte (73.) und der Stadionsprecher zunächst Scott Banks als Torschützen ausrief und bei seiner Korrektur zur Freude des Publikums gleich noch einmal Banks nannte, um sich dann nach einer Denkpause auf Sinani festzulegen, kassierten die Hamburger ein Kontertor durch KSC-Talent Ben Farhat (86.), das Blessin sichtlich ärgerte.
Noch mehr dürfte sich Abdoulie Ceesay geärgert haben, der nach einem mustergültigen Zuspiel von Sinani den Ball aus kurzer Distanz über das Tor semmelte. Es war schwieriger, den Treffer nicht zu machen als einzunetzen.
Starker Schlussspurt: Pyrka und Ceesay treffen
In der Schlussphase drehten die Kiezkicker aber noch einmal auf. Durch einen abgefälschten Distanzschuss von Arkadiusz Pyrka (103.) hieß es 5:1. Und Ceesay (108.) netzte im zweiten und weitaus anspruchsvolleren Versuch stark zum auch in der Höhe verdienten 6:1-Endstand ein.
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Von den Neuzugängen fielen insbesondere Flügelstürmer Pereira Lage (zwei Vorlagen) und Abräumer Fujita auf. Auch Oppie zeigte mehrfach, warum ihn St. Pauli als Nachfolger von Philipp Treu verpflichtet hat. Aus den Reihen der Youngster stach der erst 17-jährige Nick Schmidt hervor, der unerschrocken und selbstbewusst aufspielte, sich viel traute, wenngleich nicht alles gelang.
Montag ist „Teamtag“ im St. Pauli-Trainingslager
Den trainingsfreien Montag haben sich die St. Paulianer nach dem XXL-Test mehr als verdient. Ganz ohne Bewegung und auch Adrenalin wird er aber nicht verlaufen. Es ist Teamtag mit unterschiedlichen Aktivitäten angesetzt. Blessin: „Die Jungs sollen auch mal genießen. Das ist wichtig.“
St. Paulis Aufstellungen:
Erste 30 + 30 Minuten: Vasilj – Dzwigala, Wahl, Robatsch – Stevens, Fujita, Schmitz, Oppie – Pereira Lage, Metcalfe (45. Banks), Afolayan
Zweite 30 + 30 Minuten: Voll – Westphal, Nemeth, Ritzka (Schmidt) – Pyrka, Sands, St. John, Ahlstrand – Banks (78. Ceesay), Sinani, Hountondji
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