Denkmalschutz im Norden – notwendig und manchmal Hindernis
Ohne Denkmalschutz würden viele historische Gebäude wohl längst nicht mehr stehen. Für Bauherren und Kommunen kann der Denkmalschutz aber auch zum Hindernis werden. Wie kommt man zu Lösungen?
Das Holstentor in Lübeck, die Drostei in Pinneberg, aber auch das Rathaus in Elmshorn oder die Pavillons auf dem Alten Markt in Kiel. Denkmalschutz betrifft viele Gebäude und Orte in Schleswig-Holstein. Das ist politisch und gesellschaftlich gewollt, um das kulturelle Erbe des Landes zu erhalten und zu pflegen. Manchmal aber engt Denkmalschutz den Spielraum beim Wohnungsbau und bei der Stadtentwicklung stark ein.
Alexander Blažek, Vorsitzender des Eigentümerverbands Haus & Grund in Schleswig-Holstein, nennt den Denkmalschutz eine ständige Herausforderung. Das gelte nicht nur für die Pflege denkmalgeschützter Immobilien, sondern vor allem für deren Umbau oder Modernisierung – etwa den Einbau einer Wärmepumpe oder eine energetische Sanierung. „Wenn man die Fassade und die Sprossenfenster erhalten möchte, ist das stets mit immensem Aufwand verbunden. Das kann man zwar steuerlich geltend machen, wenn es dem Erhalt des Denkmals dient, aber eine denkmalgeschützte Immobilie wird immer ein Liebhaber-Objekt sein.“
Zu niedrige Fördersummen
„Schleswig-Holstein gibt bedauerlicherweise viel zu wenig Geld für den Denkmalschutz aus“, kritisiert Blažek. Das betreffe sowohl die personelle Ausstattung des Landesamts für Denkmalpflege als auch die unteren Denkmalschutzbehörden in den Bauämtern der Kreise. „Das heißt, Genehmigungen dauern länger und Beratungskapazität für die Eigentümer von Denkmälern fehlt.“ Im Vergleich zu Sachsen-Anhalt, das ähnlich groß ist, hinke Schleswig-Holstein deutlich hinterher: Dort gibt es doppelt so viele Denkmäler, aber die Fördersumme liegt mit 12,2 Millionen Euro weit über den 700.000 Euro, die Schleswig-Holstein bereitstellt.
„Dennoch ist Denkmalschutz wichtig“, betont Blažek. „Nach unserer Erfahrung sind die meisten Eigentümer sehr stolz auf ihre denkmalgeschützten Immobilien und pflegen diese mit Hingabe, um dieses kulturelle Erbe für die Nachwelt zu erhalten.“ Probleme ergäben sich meist dann, wenn die Kommunikation zwischen Eigentümern und Denkmalbehörden schlecht funktioniere und Eigentümer dann Auflagen nicht nachvollziehen könnten.
Schwierigkeiten nur bei Einzelfällen
„Wir haben in der überwiegenden Vielzahl überhaupt keine Probleme“, sagt hingegen der Chef des Landesamts für Denkmalpflege, Philip Seifert. „Wir haben überwiegend Eigentümer, die ihre Denkmäler schützen wollen.“ Nur bei Einzelfällen gebe es Schwierigkeiten.
Dann vertrage sich oftmals entweder das Nutzungsinteresse des Eigentümers nicht mit der ursprünglichen Nutzung des Denkmals oder die Planenden seien etwa keine Experten im Bereich der Denkmalpflege, sondern eher auf Neubau spezialisiert. Dann könne es schnell zu einer Konfliktsituation kommen.
Kompromisse finden
Der Kieler Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) betont: „Denkmalschutz ist wichtig, darf sich aber nicht absolut setzen, Pragmatismus und Augenmaß sind wichtig.“ So ließen sich oft Lösungen finden, mit denen alle Beteiligten bei Bau- oder Sanierungsvorhaben leben könnten. Kompromisse seien nötig.
Die entscheidende Frage ist laut Kämpfer: „Wie soll hier Innovation und Bewegungsfreiheit für ein Unternehmen stattfinden, wenn ein technisch und wirtschaftlich völlig veralteter Zustand zementiert wird.“ Hier müsse auch die Denkmalschutzbehörde die Perspektive eines Unternehmers einnehmen, um Lösungen zu finden, die beiden Seiten gerecht würden.
Denkmalschutz ist für die Landeshauptstadt wichtig
Früher war der Kieler Oberbürgermeister etwa für den Abriss der 1972 auf dem Alten Markt errichteten Pavillons. Im Juni 2024 hat die Stadt diese gekauft. „Mittlerweile bin ich davon überzeugt, dass die Pavillons einen baukulturellen Wert haben und erhalten bleiben müssen“, sagte Kämpfer.
Er spreche sich dafür aus, dass die Gebäude saniert und die Umgebung aufgewertet würden. „Man könnte allenfalls überlegen, ob man eines der sechs Gebäude abreißt“, erklärte der Oberbürgermeister. „Um das Ganze etwas luftiger zu gestalten, aktuell planen wir aber den Erhalt des gesamten Ensembles.“ Er geht davon aus, dass man in 50 bis 100 Jahren froh über die Entscheidung sein wird.
Denkmalschutz muss vermitteln
„Die öffentliche Hand hat eine besondere Verpflichtung nach dem Denkmalschutzgesetz“, sagt der Chef des Denkmalpflegeamts mit Blick auf die Pavillons am Alten Markt. „Ich würde mir wünschen, wenn Kiel gerade als kriegszerstörte Stadt diese besonderen Leistungen des Wiederaufbaus auch ein bisschen mehr würdigen würde.“
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Oftmals laufe der Denkmalschutz im Norden allerdings dem Bestand hinterher. „Wir haben tausend Objekte, die wir prüfen müssen – da kommt man zu wenig zum Vermitteln.“ Seifert plädierte dafür, den Wert der Denkmäler mehr und öfter zu erklären. Auch dies sei Auftrag des Denkmalschutzes. Rund 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landesamts kommen im nördlichsten Bundesland auf etwa 11.000 Kulturdenkmäler. (dpa/mp)
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