In der Villa seiner Eltern in Marienthal saß Shariar J. in seinem Kinderzimmer und quälte Kinder – einen Jungen trieb er anscheinend in den Selbstmord.

In der Villa seiner Eltern in Marienthal saß Shariar J. in seinem Kinderzimmer und quälte Kinder – einen Jungen trieb er anscheinend in den Selbstmord. Foto: Collage: Screenshot Google Earth/hfr

„White Tiger“: Wie der Killer aus dem Kinderzimmer Menschen in den Tod trieb

Was Shahriar J. unter dem Decknamen „White Tiger“ getan haben soll, ist so unvorstellbar schrecklich, dass selbst erfahrenste Ermittler fassungslos sind: Der Hamburger soll zwischen 2021 und 2023 psychisch labile Kinder im Internet gezielt dazu gebracht haben, sich selbst vor laufender Kamera schlimmste Verletzungen zuzufügen – bis hin zum Selbstmord. Betroffen sind Kinder auf der ganzen Welt, aber auch in Hamburg und Niedersachsen. LKA-Chef Jan Hieber sprach am Mittwoch von einer „besonders teuflischen Vorgehensweise“. Wer ist der 20-Jährige, der aus seinem Kinderzimmer in einer weißen Villa heraus Kinder bis zum Tod quälte? Warum wollte er wirklich Medizin studieren? Wie lebte er mitten in Hamburg? Und warum dauerte es fast zwei Jahre von der ersten Hausdurchsuchung bis zur Festnahme?

In der Nacht zu Dienstag wurde Shahriar J. von der zuständigen Sonderkommission und einer Spezialeinheit in seinem Elternhaus festgenommen. Die Festnahme erfolgte in den frühen Morgenstunden. J. chattete offenbar regelmäßig bis spät in die Nacht an seinem Rechner, das SEK hoffte, den Mann direkt vor seinem Computer zu erwischen, damit dieser entsperrt ist und im Nachhinein nicht erst aufwendig geknackt werden muss.

Nach MOPO-Informationen lebt der Deutsch-Iraner in einer weißen Villa im wohlhabenden Stadtteil Marienthal im Bezirk Wandsbek zusammen mit seinen Eltern. Neben Messern und Schlagringen wurden bei ihm vor allem technische Geräte und Festplatten sichergestellt.

„White Tiger“: Aus seinem Kinderzimmer quälte er Jugendliche auf der ganzen Welt

Laut „Bild“ soll Shahriar J. in dem Haus eine komplette Etage für sich gehabt haben, von der aus er ungestört Kinder und Jugendliche aus aller Welt vor laufender Kamera quälen konnte. Seine Opfer waren zwischen 11 und 15 Jahren alt. Sie stammen aus den USA, Finnland, Kanada und Deutschland – darunter zwei Kinder aus Hamburg und eines aus Niedersachsen. Die Ermittler gehen davon aus, dass der Hamburger allein aus „sexuellen Motiven“ handelte.

Nach MOPO-Informationen machen sich die Eltern Vorwürfe: Während der Corona-Zeit habe sich ihr Sohn isoliert und zurückgezogen. Damals soll er auch erstmals mit der Gruppe „764“ in Kontakt gekommen sein. „Er verlässt das Haus kaum und geht auch keinem Beruf nach“, sagte auch LKA-Chef Jan Hieber auf der Pressekonferenz am Mittwoch.

Wie die MOPO erfuhr, hatte J. bereits ein Medizinstudium angefangen – wurde aber von der Universität exmatrikuliert. Die Staatsanwaltschaft schreibt in der Anklage, er habe nicht Medizin studieren wollen, um Arzt zu werden, sondern um so Kenntnisse zu erlangen, die er beim Quälen und Töten verwenden kann. 

Hamburger Polizei: Die erste Durchsuchung fand im September 2023 statt

Anwohner sollen laut „Bild“ auch von mehreren Polizeieinsätzen berichtet haben. Im September 2023 fand demnach eine erste Durchsuchung der Wohnung statt, inklusive Gefährderansprache. Die Ermittler stellten damals rund 172 Stunden Videomaterial sicher. Es dauerte etwa ein Jahr, bis die Ermittler das Material so weit durchgearbeitet hatten, dass ein erstes Gutachten erstellt werden konnte. Erst jetzt hätten laut Polizeipräsident Falk Schnabel die Beweise für eine Verhaftung ausgereicht. Shahriar J. wurde noch am Dienstag einem Haftrichter vorgeführt. Er bestreitet jegliche Vorwürfe.

Insgesamt werden J. schon jetzt 123 Taten vorgeworfen, darunter Mord, mehrfacher versuchter Mord und sexueller Missbrauch. Alle Vorwürfe beziehen sich bislang auf den Zeitraum vor September 2023. Was seitdem passierte, ist noch unklar. Die Details sind so grausam, dass wir sie nicht genauer schildern.

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Der 20-Jährige soll ein führendes Mitglied der Gruppe „764“ sein, die vor vier Jahren in Texas gegründet wurde. Sie wird in den USA vom FBI in einem Ausmaß bekämpft, das ansonsten nur bei terroristischen Gruppierungen angewandt wird. Auch im aktuellen Hamburger Fall kam der entscheidende Tipp vom FBI. Die Mitglieder suchen sich gezielt suizidgefährdete Kinder als Opfer, gewinnen ihr Vertrauen und setzen sie dann derart unter Druck, dass sie sich schrecklichste Verletzungen zufügen – bis hin zum Selbstmord.


Hilfe in schweren Stunden

Ihre Gedanken hören nicht auf zu kreisen? Sie befinden sich in einer scheinbar ausweglosen Situation und spielen mit dem Gedanken, sich das Leben zu nehmen? Hier finden Sie Beratungs- und Seelsorgeangebote:

Telefonseelsorge: Unter 0800 – 111 0 111 oder 0800 – 111 0 222 erreichen Sie rund um die Uhr Mitarbeiter, mit denen Sie Sorgen und Ängste teilen können. Auch ein Gespräch via Chat ist möglich. telefonseelsorge.de

Kinder- und Jugendtelefon: Das Angebot des Vereins „Nummer gegen Kummer“ richtet sich vor allem an junge Menschen. Erreichbar montags bis samstags von 14 bis 20 Uhr unter 11 6 111 oder 0800 – 111 0 333. Samstags nehmen die jungen Berater des Teams „Jugendliche beraten Jugendliche“ die Gespräche an. nummergegenkummer.de

Muslimisches Seelsorge-Telefon: Die Mitarbeiter von MuTeS sind 24 Stunden unter 030 – 44 35 09 821 zu erreichen. Viele sprechen Türkisch. mutes.de

Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention: Unter suizidprophylaxe.de gibt es eine Übersicht aller telefonischer, regionaler, Online- und Mail-Beratungsangebote in Deutschland.


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