Jubelschrei: Flensburgs Keeper Kevin Möller war in Gala-Form, sorgte mit 20 Paraden für den Finaleinzug

Jubelschrei: Flensburgs Keeper Kevin Möller war in Gala-Form, sorgte mit 20 Paraden für den Finaleinzug Foto: imago/Beautiful Sports

Handball-Wahnsinn im Volkspark! Flensburg feiert Hexer, Kiel vermasselt Traumfinale

Das war nichts für schwache Nerven. Handball-Wahnsinn pur im Hamburger Volkspark! Klasse, Kampf und zwei Krimis – aber ohne das erhoffte Traumfinale bei den EHF Finals um den Titel der European League. Während Vorjahressieger SG Flensburg-Handewitt in einem hochspannenden deutsch-deutschen Duell gegen MT Melsungen in der Verlängerung mit 35:34 (16:15, 28:28) triumphierte, kassierte der Erzrivale THW Kiel trotz mehrmaliger Führung in der Schlussphase drei Sekunden vor dem Ende noch eine bittere 31:32 (17:16)-Niederlage gegen Montpellier HB. Jubel und Pokal-Hunger bei dem einen Nordklub und seinen Fans, tiefe Enttäuschung beim anderen und seinem Anhang.

Viereinhalb Stunden lang bebte die Barclays Arena, 11.000 Menschen fieberten mit bei zwei hochkarätigen Duellen auf Messers Schneide mit Champions-League-Atmosphäre. Die neutralen Handball-Fans waren voll auf ihre Kosten gekommen, wenngleich viele von ihnen auf ein Endspiel-Derby am Sonntag gehofft hatten.

„Wir werden den Titel holen, weil wir unser Spiel durchdrücken werden“, lautete die selbstbewusste Ansage von Flensburgs Rückraumspieler Lasse Möller für das Endspiel am Sonntag (18 Uhr) gegen die Franzosen aus Montpellier, den einzigen nicht-deutschen Teilnehmer der Endrunde in Hamburg. Im Vorjahr hatte Flensburg an gleicher Stelle mit einem Finalsieg über die Füchse Berlin den Titel gewonnen.

EHF-Finals im Handball in Hamburg: Derby als Finale

Das erste Halbfinale hatte alles, was ein Europapokal-Halbfinale braucht: hochklassig, umkämpft, emotional, hochspannend. Und es war gleichzeitig ein Bundesliga-Kracher, in dem Flensburg das glücklichere Ende für sich hatte, wie Kapitän Johannes Golla bilanzierte, der nach dem Krimi in erster Linie „erleichtert“ war. „Am Ende haben Kleinigkeiten entschieden und unsere Abgeklärtheit in der Verlängerung. Es war eine gute Leistung von uns.“ Bester SG-Torschütze war Linksaußen Emil Jakobsen mit neun Treffern.

Gefeierter Mann und Matchwinner war aber Flensburgs Keeper Kevin Möller, der in den insgesamt 70 Minuten 20 Bälle parierte (laut offizieller Statistik 18, was nicht korrekt war) und dem Titelverteidiger damit den Weg ins Finale ebnete – denn sein Gegenüber Adam Morawski kam nur auf zehn Paraden. Anders gesagt: Möller, der Hexer in der Kiste, machte den Unterschied.

Flensburg besiegt Melsungen und feiert Keeper Møller

„Das war ein unglaublicher Kampf“, sagte der Däne. „Ein hartes Spiel, tierisch umkämpft.“ Bescheiden fügte Möller, der auch zwei Siebenmeter entschärft hatte und während des Spiels immer wieder mit Sprechchören der Flensburger Fans gefeiert worden war, an: „Ich bin unfassbar stolz auf unsere Mannschaft. Die Abwehr hat mir sehr geholfen.“

Der Vorteil von zehn Paraden bei am Ende einem Tor Differenz zeigte, dass die unterlegenen Melsunger „ein überragendes Spiel gemacht haben“, wie MT-Rechtsaußen Timo Kastening, mit acht Toren bester Schütze seines Teams, anmerkte. „Es ist super-ärgerlich, wenn man dann nach der Verlängerung als Verlierer dasteht. So viel haben wir nicht falsch gemacht.“ Sein Teamkollege und Kreis-Koloss Rogerio Moraes vergoss Tränen der Enttäuschung.

Melsungen schiebt Frust – und jetzt Liga-Kracher in Berlin

Hart für die Melsunger, Tabellenzweiter der Bundesliga: sie müssen am Sonntag noch das undankbare Spiel um Platz drei gegen Kiel bestreiten (15 Uhr) und dann steht bereits am Donnerstag der Liga-Kracher beim punktgleichen Spitzenreiter Füchse Berlin (beide 50:10) an, ein möglicherweise vorentscheidendes Spiel im Titelrennen. Die MT will das Platzierungsspiel „bestmöglich“ über die Bühne und hinter sich bringen, wie Kastening betont: „Und dann voller Fokus auf Donnerstag!“

Im zweiten Halbfinale legte der THW Kiel gegen die Franzosen aus Montpellier einen totalen Fehlstart aufs Arena-Parkett, lag nach sieben Minuten mit 0:4 und kurz darauf mit 1:6 hinten. Der einzige nicht-deutsche Teilnehmer machte den Kielern mit seinem blitzschnellen Spiel Probleme, die „Zebras“ wiederum wirkten übermotiviert, überdrehten und leisteten einen Fehlwurf nach dem anderen. Erst nach einer Auszeit von THW-Coach Filip Jicha fing sich der Favorit, startete eine Aufholjagd, die in der 22. Minute mit dem 14:14-Ausgleich belohnt wurde und zu einer 17:14-Führung gedreht wurde.

THW Kiel lässt zu viele Chancen aus, Montpellier siegt

Doch die Franzosen ließen sich nicht abschütteln, blieben dran und lieferten den Kielern einen heißen Kampf, in dem sich der deutsche Rekordmeister zwar mehrfach einen Zwei-Tore-Vorsprung herausspielte, den Montpellier bis in die Schlussphase hinein immer wieder ausgleichen konnte – auch weil der THW seine Chancen nicht nutzte. „Wir hätten den Sack zumachen können“, haderte Rechtsaußen Lukas Zerbe, mit sieben Toren zusammen mit Rückraumspieler Eric Johannson der beste THW-Schütze.

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Das rächte sich. 70 Sekunden vor dem Ende gingen die Franzosen mit 31:30 in Führung, die der THW zwar noch einmal egalisieren konnte. Allerdings waren da noch immer 30 Sekunden auf der Uhr. Trainer Erik Mathé nahm noch einmal eine Auszeit und sein Spieler Ahmed Hesham nahm sich ein Herz und wuchte den Ball Sekunden vor der Schlusssirene zum Sieg in die Maschen. Ekstase bei den Gästen mit der weitesten Anreise und ihrem überschaubaren Fan-Block – Schockstarre bei den THW-Spielern und ihrem riesigen Anhang auf den Tribünen.

Patrick Wiencek nach letzten Turnier: „Das tut weh“

„Das tut weh“, sagte THW-Legende Patrick Wiencek (36) für den es das letzte bedeutende Turnier seiner Karriere war, die er nach dieser Saison beendet. Ausgerechnet sein Nachfolger am Kieler Kreis, der Kroate Veron Nacinovic (25), der im Sommer an die Förde wechselt, vermasselte Wiencek das letzte Highlight – und will mit Montpellier jetzt auch Flensburg schocken.

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