St. Pauli-Jubel in Frankfurt

St. Paulis Profis feierten bereits in Frankfurt den Klassenerhalt. Foto: IMAGO/Eibner

Meinung: St. Paulis Klassenerhalt ist gar nicht hoch genug einzustufen

Sie haben es vollbracht. Es war zwar sehr schade, aber mindestens ebenso menschlich, dass der Abschluss misslang, doch das war unterm Strich maximal ein Haar in einer äußerst schmackhaften Suppe: Trotz des 0:2 im 34. und letzten Saisonspiel gegen den VfL Bochum beendete der FC St. Pauli seine erste Erstliga-Saison nach 13 Jahren Abstinenz auf einem mehr als respektablen 14. Tabellenplatz und ließ dabei unter anderem in der TSG Hoffenheim einen Klub hinter sich, der über das x-fache an monetären Mitteln verfügt.

Es wird sie weder wundern noch wurmen, dass ihr Erfolg so ein bisschen unterm Radar läuft, jedenfalls innerhalb Hamburgs. Die Bundesliga-Rückkehr des HSV ist sieben Jahre lang an der Elbe herbeigesehnt worden, da kann der FC St. Pauli mit seinem Erstliga-Klassenerhalt nur im eigenen, allerdings massiv gewachsenen Umfeld punkten. Dabei ist die Leistung der Braun-Weißen eigentlich mindestens genauso viel Beachtung wert wie der eigene Aufstieg im vergangenen Jahr oder eben jener des Stadtrivalen aktuell.

St. Pauli trotzte diversen Schwierigkeiten

Denn es gab gleich im halben Dutzend Knüppel, die den Kiezkickern seit dem vergangenen Sommer zwischen die Beine geworfen wurden. Zunächst verließ mit Marcel Hartel eine der prägenden Figuren und der Top-Scorer die Hansestadt in Richtung St. Louis/USA, mitten in der wichtigsten Kaderplanungsphase zog es dann auch noch Aufstiegscoach Fabian Hürzeler nach Brighton. Es gibt Mannschaften, die an so etwas zerbrechen, zumal dann, wenn auch noch der Saisonstart komplett in die Hose und die Aufstiegseuphorie den Bach runter geht. Oben drauf kam zeitweise noch ein unsagbares Verletzungspech.

Das könnte Sie auch interessieren: So plant St. Pauli den Kader der Zukunft

St. Pauli aber ließ sich nie entmutigen. Was am nur in Nuancen veränderten Kader lag, der in den zwei Jahren zuvor zu einer unzertrennbaren Gruppe zusammengewachsen war. Und an der Besonnenheit der handelnden Personen: Das Präsidium um Oke Göttlich sowie Sportchef Andreas Bornemann wussten um die Höhe der Hürde Klassenerhalt, bewahrten zu allen Zeitpunkten der Saison die notwendige Ruhe und schenkten dem neuen Trainer uneingeschränktes Vertrauen.

Alexander Blessin meisterte ein schweres Erbe bravourös

Der, Alexander Blessin mit Namen, rechtfertigte dies, entwickelte nicht nur die Mannschaft weiter, sondern auch sich selbst, was ab einem bestimmten Zeitpunkt für ein klares Bild nach außen und wachsenden Respekt der Gegner sorgte. Außerdem hatte der 51-Jährige, dessen Verpflichtung aus Saint-Gilloise ein absoluter Coup von Bornemann war, ob seiner emphatischen Art schnell die Spieler um sich versammelt und die Kiezklub-ID verinnerlicht. Dass er eher das Herz auf der Zunge trägt und weniger das Phrasenschwein füllt, machte Blessin zudem nahbar für Fans und Symphatisant:innen.

St. Pauli als Aufsteiger mit zweitbester Defensive der Liga

Aber all das wäre nichts ohne sportlichen Ertrag. Und den lieferte die Mannschaft in unterm Strich beeindruckender Art und Weise. Als Aufsteiger im finalen Tableau die zweitbeste Defensive nach dem souveränen Meister FC Bayern zu stellen, ist gar nicht hoch genug einzustufen. Zumal mit einer Mannschaft, in der fast alle Profis ihre erste Bundesliga-Saison absolvieren durften. Man kann kaum genug Hüte aufsetzen, wie man sie ziehen möchte vor Göttlich, Bornemann, Blessin, dessen Schützlingen und anderen Protagonisten wie Scouting-Abteilung, Medizinern, Physios und allen anderen aus dem umfangreichen Staff. Sie hatten sich sämtlich die Party, die am Samstag trotz der Niederlage am Millerntor abging, redlich verdient.

Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp
test