Karin Prien (CDU)

Karin Prien (CDU) Foto: picture alliance/dpa | Fabian Sommer

Jüdin, Mutter, Vollblut-Politikerin: Hamburgerin wird Ministerin im Merz-Kabinett

Im Kabinett des künftigen Kanzlers Friedrich Merz wird Karin Prien eine Ausnahmeerscheinung sein – mit ihren für die Merz-CDU sehr liberalen Positionen, aber auch mit ihrer Familiengeschichte. Die Hamburger CDU-Politikerin wird die erste jüdische Bundesministerin.

Geboren wurde Prien 1965 in Amsterdam, wohin ihre deutschen Großeltern vor den Nazis geflohen waren. Erst mit 26 Jahren nahm sie die deutsche Staatsbürgerschaft an. In der künftigen Bundesregierung wird sie Ministerin für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend sein.

Schwarz-Rot: Karin Prien wird Bildungsministerin

„Meine Entscheidung, politisch aktiv zu werden, hat natürlich auch viel mit meiner Familiengeschichte zu tun“, sagte Prien 2019 der „Jüdischen Allgemeinen“. „Ich komme aus einer klassischen jüdischen europäischen Migrantenfamilie. Die Schoa spielte bei uns eine beherrschende Rolle.“



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Als Kind zog Prien mit ihren Eltern aus den Niederlanden nach Neuwied in Rheinland-Pfalz, wo sie 1984 ihr Abitur ablegte. Der CDU war sie bereits 1981 beigetreten, als Schülerin. 2012 wurde sie CDU-Abgeordnete in Hamburg. 2017 wechselte sie als Bildungsministerin in die Landesregierung von Schleswig-Holstein.

Prien profilierte sich bundesweit als Bildungspolitikerin – und als dezidiert liberale Stimme in der Bundes-CDU. Seit 2018 ist Prien auch Sprecherin des Jüdischen Forums in der CDU, seit 2022 stellvertretende Parteivorsitzende.

„Hier sind immer noch Nazis“

Über ihre jüdische Herkunft hat Prien lange Zeit nicht gesprochen. Als ihre Familie aus Amsterdam nach Deutschland übersiedelte, sei „das Bekennen zum Jüdischsein nichts Selbstverständliches gewesen, und man tat es auch nicht ohne Beklommenheit“, sagte Prien 2022 dem „Zeit Magazin“. Die Stimmung damals in ihrer Familie beschrieb sie so: „Mach das nicht, das ist gefährlich, denn hier sind immer noch Nazis.“

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Von den jüdischen Traditionen und Glaubensinhalten habe sie daheim nichts mitbekommen. „Das bedaure ich sehr, mir fehlt da auch selbst ein Stück Identität“, sagte Prien der „Jüdischen Allgemeinen“. „Mein Mann und ich haben versucht, unseren Kindern Rituale mitzugeben. Dafür habe ich mir viel angelesen, aber ich war nicht wirklich glaubwürdig.“

Alltagsnahe Politik gegen Rechts

Seit dem Überfall der radikalislamischen Hamas am 7. Oktober 2023 äußert sich Prien häufiger zu ihren eigenen Erfahrungen als Jüdin in Deutschland. Kraftvoll thematisiert sie ihre Sorge vor dem Antisemitismus und dem Aufstieg der AfD.

Auf der Plattform X veröffentlichte Prien ein Foto von einem Davidstern. Dazu schrieb sie: „Mama, heute trage ich Deinen kleinen Davidstern über meinem Kleid, Du hast ihn jahrzehntelang immer nur verborgen unter Deiner Kleidung getragen. Du hattest Angst, Dich in Deutschland als Jüdin zu bekennen. Ich hielt das für übertrieben und ich habe mich geirrt. Du hattest recht.“

Als wirksamstes Mittel gegen den erstarkenden Rechtsextremismus sieht Prien eine alltagsnahe Politik, die sich gerade um jene Menschen kümmert, die unter Abstiegsängsten leiden. „Wir haben eine Politik, die den Beweis nicht mehr führt, dass sie die großen Probleme unseres Landes wirklich löst“, kritisierte sie vor der Bundestagswahl.

Ministerium mit neuer Zuständigkeit

Prien übernimmt nun ein Ministerium, das für viele Themen des Alltags zuständig ist – und somit auch spürbare Erleichterung für die Menschen bewirken kann. Das Ministerium kümmert sich etwa um die finanzielle Unterstützung für Familien, Kita-Betreuung, Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie Gleichstellung von Mann und Frau. Neu hinzu kommt der Bereich Bildung, weil Union und SPD einen Neuzuschnitt der Kompetenzen der Ministerien vereinbart haben.

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Das Ministeramt hat also großes Gestaltungspotenzial für Karin Prien. In einer Zeit knapper Kassen wird sie allerdings viel Durchsetzungskraft beweisen müssen, um eigene Projekte auch tatsächlich durchzusetzen, denn familienpolitische Verbesserungen kosten in der Regel viel Geld. Ein mahnendes Beispiel dürfte die bisherige Familienministerin Lisa Paus von den Grünen sein, die mit ihrem Herzensanliegen, der Kindergrundsicherung, rundweg gescheitert ist – auch wegen der Kosten. (AFP/mp)

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