Er war bereits polizeibekannt: 16-Jähriger mischt Bio-Kampfstoff in Elternhaus
Brisanter Einsatz in Sachsen: Ermittler sind am Donnerstag im Landkreis Meißen zu einer Durchsuchung bei einem 16-Jährigen wegen des Besitzes des hochgiftigen biologischen Kampfstoffs Rizins ausgerückt. Es war nicht die erste Durchsuchung bei dem Teenager.
Der Junge soll im Dachgeschoss seines Elternhauses in Zeithain mehrere Ampullen eines Gemisches aus den Pflanzengiften Rizin und Aconitin hergestellt und aufbewahrt haben, so das Landeskriminalamt in Sachsen. Es gehe um den Verdacht eines Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz.
Ziel der polizeilichen Maßnahme sei es, sämtliche giftigen Substanzen und sonstige Beweismittel sicherzustellen, hieß es weiter. Das Gelände ist derzeit großräumig – inklusive sämtlicher Zufahrtsstraßen – abgesperrt. In unmittelbarer Nähe des Einsatzortes befinden sich eine Kindertagesstätte und eine Grundschule. „Die beiden Einrichtungen wurden informiert aber nicht evakuiert. Es besteht keine Gefahr für die Bevölkerung“, betonte Kay Anders vom Landeskriminalamt Sachsen.
Beschuldigter nicht vorbestraft, aber polizeibekannt
Ein Haftbefehl wurde nach Angaben der Staatsanwaltschaft nicht beantragt. Der Beschuldigte sei nicht vorbestraft, Haftgründe lägen nach derzeitigem Stand der Ermittlungen nicht vor.
Unbekannt war der Teenager den Fahndern aber nicht: „Es hatte bei dem Verdächtigen bereits im Dezember vergangenen Jahres eine Durchsuchung gegeben. Dabei waren geringe Mengen der Giftstoffe entdeckt worden“, sagte Anders.
Händler für Laborausrüstung geben Hinweise
Damals habe es durch Händler Hinweise gegeben, die verpflichtet sind bei sensiblen Verkäufen wie Schutzausrüstung und Labortechnik, die Behörden zu informieren. „Offenbar hat der Jugendliche nicht aufgehört und hat sich erneut Samen der Pflanzen besorgt“, erläuterte der LKA-Sprecher.
Experten des Robert Koch-Instituts sind als Unterstützung vor Ort, bestätigte der LKA-Sprecher. Die Feuerwehr hatte am Vormittag eine sogenannte Dekontaminationsstrecke aufgebaut.
Expertenteam des LKA unter Vollschutz im Gebäude
„Ein Expertenteam des LKA ist nun unter Vollschutz in das Gebäude gegangen und wird das Labor untersuchen“, so Anders. Derzeit könnten keine weiteren Details genannt werden. Die Hintergründe und auch Motive des Jugendlichen sind derzeit noch nicht bekannt.
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Rizin kommt natürlich in den Samen des Wunderbaums vor und wird als biologischer Kampfstoff eingesetzt. Schon eine Dosis 0,3 bis 20 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht kann einen Erwachsenen töten. Ein Gegenmittel gibt es nicht.
In den vergangenen Jahren gab es mehrere Fälle von versuchten oder vorbereiteten Terroranschlägen mit dem Gift, auch in Deutschland. 2023 nahmen Polizisten in Castrop-Rauxel zwei Iraner fest. Sie stehen in Verdacht, einen islamistischen Terroranschlag mit Rizin geplant zu haben.
Nach IS-Leitfaden Rizin für Terrorakt hergestellt
2018 stürmte das SEK die Wohnung eines Tunesiers in Köln, der online mehr als 3000 Wunderbaum-Samen bestellt hatte. Er hatte nach einem Leitfaden der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) bereits Rizin für einen Terrorakt hergestellt und wurde schließlich zu zehn Jahren Haft verurteilt.
In den 90ern gab es Funde von Rizin in den USA bei Tätern aus dem rechstextremistischen Spektrum. Auch US-Politiker wie die Präsidenten Donald Trump und Barack Obama erhielten in der Vergangenheit Briefe mit Rizin.
Das Alkaloid Aconitin ist nach Angaben des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) im Blauen Eisenhut enthalten. „Sämtliche Teile der Pflanze enthalten Aconitin, das giftiger ist als das aus Krimis wohlbekannte Strychnin“, schreibt das BfR. Für erwachsene Menschen seien bereits etwa zwei bis sechs Milligramm – also Tausendstel Gramm – reines Aconitin tödlich. (afp/dpa/tst)
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