Ergebnis-Schummel, fliegende Schuhe, Tränen: So verrückt war „Jogi vs. Pommes“
Das war alles – nur kein normales Handballspiel. Beim großen und mit Legenden gespickten Spektakel „Team Jogi vs. Team Pommes“ in der vollen Hamburger Barclays Arena hatten alle ihren Spaß. Und das galt auch für Pascal „Pommes“ Hens, der sich kurz vor seinem gemeinsamen Abschiedsspiel mit Johannes Bitter tragischerweise die Achillessehne gerissen hatte, aber sich davon nicht die Laune verderben und auch mal die Krücken stehen ließ. Am Ende eines bunten Abends voller verrückter Aktionen wurde es emotional – und auf der Spieler-Party feuchtfröhlich.
Wieder was gelernt. Ein Handballspiel dauert nicht immer 2 x 30 Minuten und ein Tor zählt auch nicht immer nur ein Tor. Denn als Keeper-Legende Bitter wenige Sekunden vor Ende des Spiels beim Stand von 31:36 aus Sicht seines „Team Jogi“ unter dem Jubel der rund 11.000 Zuschauenden in der Arena einen Siebenmeter im Tor versenkte, da leuchtete kurz darauf nach vollendeten 2 x 20 Minuten als Endstand 36:36 aus.
Handball-Duell „Team Jogi vs. Team Pommes“ endet remis
Merke: In einem Spiel wie diesem gibt es keine Verlierer, sondern nur Gewinner. Allen voran die beiden Protagonisten, die unter dem Motto „Eins noch“ ein gemeinsames Abschieds-Fest feierten, das Bitter in erster Linie für seinen langjährigen HSV-Mitspieler Hens auf die Beine gestellt hatte, dem sowohl nach dessen Vereinskarriere als auch nach der Nationalmannschafts-Laufbahn ein gebührendes Goodbye (zu) viele Jahre lang verwehrt geblieben war.

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Auf dem Parkett: jede Menge Handball-Legenden und DHB-Idole wie Henning Fritz, Christian Schwarzer, Markus Baur, Dominik Klein, Stefan Kretzschmar oder Uwe Gensheimer, dazu zahlreiche frühere HSV-Mitspieler wie Igor Vori, Marcin Lijewski, Stefan Schröder, Matti Flohr (obwohl er am Wochenende als Trainer mit Balingen beim Pokal-Final-Four in Köln teilnimmt), Per Sandström oder Bruno Souza, der extra aus Brasilien angereist war. Ein großes Klassentreffen. Auch die aktuellen HSVH-Spieler Niklas Weller und Leif Tissier mischten mit sowie deren Trainer Torsten Jansen und Blazenko Lackovic, einst Teamkollegen von Bitter und Hens.
Legenden und HSV-Helden begeistern in Barclays Arena
Der Spaßfaktor auf dem Feld – hoch. Es gab Kempa-Tricks, Dreher, Heber und auch einige wuchtige Würfe. Das Spieltempo: moderat. Die Rückwärtsbewegung ließ hier und da zu wünschen übrig – bei manchem galt das auch für die Vorwärtsbewegung. Und selten waren bei einem Handballspiel in dieser Arena frühe Auswechslungen derart willkommen wie bei diesem besonderen Duell, das galt auch für Auszeiten.
Für Verschnaufpausen der Aktiven sorgten Show-Spiele wie ein schräger Schuhkarton-Stapel-und-Stiefel-Zielwurf-Wettbewerb zwischen Bitter und Michael „Mimi“ Kraus, das Letzterer für sich entschied. Kraus soll Gerüchten zufolge übrigens die gemeinschaftliche Bus-Abfahrt der Teams vom Hotel zur Halle verpasst haben. „Wie früher“, meinte ein ehemaliger Weggefährte grinsend.
Früherer HSV-Boss Andreas Rudolph hält eine Rede
Einen kuriosen Rollenwechsel vollzog Jens Vortmann, der zunächst als Torwart zwischen den Pfosten stand und in der zweiten Halbzeit dann einer der beiden Schiedsrichter war, denn er hat nach Ende seiner aktiven Karriere eine Laufbahn als Referee eingeschlagen. Vielleicht sieht man ihn bald in der Arena wieder …
Emotional wurde es nach dem Spiel bei der großen Ehrung der beiden Protagonisten. Schon bei der obligatorischen Bilder-Show mit Fotos und Video-Sequenzen auf dem Videowürfel gab es feuchte Augen – und eine große Überraschung. Der frühere Präsident und Mäzen des HSV Handball, Andreas Rudolph, der als Teil des Hens-Teams für einen Siebenmeter zwischen die Pfosten gegangen war, hielt eine lange Rede, ließ die gemeinsame Geschichte mit den HSV-Helden und die errungenen Erfolge wie Meisterschaft und Champions-League-Triumph Revue passieren und lobte das Duo als „zwei große Handballer, zwei große Hamburger und vor allem zwei ganz tolle Typen.“ Rudolph hatte sich nach seinem Ausstieg beim HSV Handball 2014 komplett aus der Öffentlichkeit zurückgezogen.
Trikot von Hens hängt jetzt auch unter dem Arena-Dach
Highlight des Abends aus Sicht von Hens und vieler Fans: sein blaues Trikot mit der Nummer 23 wurde unter das Arena-Dach gezogen, direkt neben das gelbe mit der Nummer eins, von Bitter. „Ich hätte nicht gedacht, dass es so emotional wird“, meinte der sichtlich bewegte Hens via Hallen-Mikrofon. „Deshalb habe ich Tränen in den Augen.“ Kretzschmar, der seit vielen Jahren mit dem 45-Jährigen befreundet ist, meinte zur MOPO: „Was für ein Moment! Das ist das Größte für Pommes – absolut verdient. Und auch überfällig.“
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Zum Finale schmetterten Bitter, der von einem „geilen Abend“ schwärmte, und Hens in den Reihen Kreise des Kult-Chors Hamburger Goldkehlchen deren Klassiker „Moin Moin Hamburg“ – nicht immer hundertprozentig textsicher und den richtigen Ton treffen, aber voller Inbrunst. Von Herzen.
Bundestrainer Alfred Gislason: „Überragender Abend“
Ein Handball-Fest, das auch den oft so nüchtern wirkenden Bundestrainer Alfred Gislason begeisterte, der beim „Team Jogi“ als Coach auf der Bank saß, während bei „Team Pommes“ Ex-Bundestrainer Heiner Brand mit Michael Biegler die Oberaufsicht hatte. „Das war ein überragender Abend“, sagte Gislason zur MOPO. „Für zwei überragende Handballer und tolle Jungs. Auf dem Spielfeld, aber auch abseits. Sie haben sich diesen Abschied verdient. Aber es ist auch immer ein bisschen traurig.“ Ein lachendes und ein weinendes Auge.
Den Abend ließen die immer wieder mit Sprechchören und Standing Ovations gefeierten Bitter, Hens mit ihren Teams, Anhang und Gästen im Palazzo ausklingen – und es dort nochmal krachen. Wie früher. Zu den großen Zeiten des Hamburger Handballs.
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