Friedrich Merz ist ein Getriebener. In den Koalitionsverhandlungen hat er praktisch keine Machthebel.

Friedrich Merz ist ein Getriebener. In den Koalitionsverhandlungen hat er praktisch keine Machthebel. Foto: picture alliance / Geisler-Fotopress | Bernd Elmenthaler/Geisler-Fotopr

CDU im Umfrage-Tief: Warum selbst Merz-Gegner ihm jetzt die Daumen drücken müssen

In der CDU brodelt es. Umfragen sehen die AfD inzwischen gleichauf mit den Unionsparteien. Das haben sich CDU-Chef Friedrich Merz und sein CSU-Kollege Markus Söder weitgehend selbst zuzuschreiben. Dennoch muss man als Demokrat hoffen, dass ein Kanzler Friedrich Merz erfolgreicher ist als der Kanzlerkandidat Merz.

Der Niedergang der letzten Volkspartei in den Umfragen hat viele Gründe: Die Union ist der SPD in den laufenden Koalitionsverhandlungen fast auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Natürlich lässt sich nicht wirklich beurteilen, wer sich in welchen Punkten durchgesetzt hat, solange nicht das Gesamtpaket für die Regierungsbildung verhandelt ist. Trotzdem haben vor allem viele Unionswähler wohl bereits jetzt den Eindruck, sie erhalten eine linke „Weiter-so-Politik“ – und wandern deshalb zur AfD ab.

Merz hat große Erwartungen geweckt

Das liegt vor allem an Wahlkampffehlern der Union. Merz und Söder haben einfache Lösungen für komplizierte Probleme versprochen (zum Beispiel Merz mit „Grenzschließung am ersten Tag per Richtlinienkompetenz“). Das produziert hohe Erwartungen und führt zu Frust, wenn das Versprochene erkennbar nicht eintritt. Und es ist ja noch schlimmer: Beim Schuldenmachen hat Merz bekanntlich das Gegenteil dessen getan, was er versprochen hatte. Umso sensibler reagieren die eigenen Parteianhänger auf Abweichungen bei anderen Versprechen.

Und auch die Strategie, die Grünen zum politischen Hauptfeind zu erklären, war nicht klug. Möglicherweise hat das die Grünen die paar Prozentpunkte gekostet, die sie gebraucht hätten, um für die Union eine Alternative zur SPD zu sein. Das hätte Merz und Söder in eine viel bessere Verhandlungsposition gebracht. Richtung AfD gilt ja weiter die „Brandmauer“.

Die Sozialdemokraten sollten Klugheit walten lassen

Und so scheint die SPD – obwohl sie krachend abgewählt wurde – in einer komfortablen Situation. Natürlich muss ein Koalitionsvertrag auch sozialdemokratische Akzente aufweisen, sonst holen sich die Genossen in der angekündigten Mitgliederbefragung über den Koalitionsvertrag womöglich eine blutige Nase. Gleichzeitig sollten die Sozialdemokraten klug genug sein, Merz auch deutliche Punkte machen zu lassen, beispielsweise in der Migrationspolitik. Verfestigt sich der Eindruck, dass Merz am Ende doch nur linke Politik macht, nutzt das vor allem der AfD. Es kann aber auch nicht im Interesse der ältesten Partei Deutschlands sein, wenn die AfD im rechten Parteienspektrum auf Dauer die Union ablöst.

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Friedrich Merz ist ein Getriebener, er hat in den Verhandlungen kaum Machthebel. Das einzige, womit der CDU-Chef glaubhaft drohen kann, ist eine Minderheitsregierung, sollte kein Koalitionsvertrag zustande kommen. Aber das wäre fürs Land in dieser Situation wohl die aller schlechteste Lösung.

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