Kriegsende

3. Mai 1945: Britische Panzer rollen in Richtung Elbbrücken – es fällt kein Schuss. Mit der kampflosen Übergabe der Stadt endet für die Hansestadt der Zweite Weltkrieg Foto: Staatsarchiv Hamburg

80 Jahre Kriegsende: So erinnert Hamburg an die Befreiung vom Nazi-Terror

Am 8. Mai 1945, also vor 80 Jahren, endete der Zweite Weltkrieg in Europa mit dem Sieg der Alliierten über das Nazi-Regime. Hamburg wurde bereits wenige Tage zuvor, am 3. Mai 1945, von britischen Truppen befreit. Die Stadt Hamburg, viele Museen, Gedenkstätten und Initiativen werden mit einem ganzen Reigen von Veranstaltungen diesem Jahrestag gedenken. Am Donnerstag, 24. April, findet ab 11 Uhr im Thalia-Theater eine Gedenkfeier für die 20 Kinder statt, die kurz vor Kriegsende in der Schule am Bullenhuser Damm ermordet wurden. Höhepunkt ist eine Gedenkveranstaltung am Samstag, 3. Mai 2025, in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, an der auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) teilnimmt. Es wird wohl einer der letzten Termine des ehemaligen Hamburger Bürgermeisters als Kanzler sein – am 6. Mai wählt der Bundestag voraussichtlich Friedrich Merz (CDU) zum Regierungschef.

An der Veranstaltung im ehemaligen Klinkerwerk des KZ Neuengamme nehmen am 3. Mai außer Scholz auch Bürgermeister Peter Tschentscher und Martine Letterie, Präsidentin der Amicale Internationale KZ Neuengamme, teil. Ehrengast ist Helga Melmed, eine Überlebende des KZ Neuengamme. Als sie 13 Jahre alt war, wurde ihre ganze jüdische Familie im Oktober 1941 mit dem ersten Transport von Berlin in das Ghetto Lodz/Litzmannstadt deportiert. Ihre Eltern wurden dort ermordet. Helga Melmed wurde 1943 in das KZ Auschwitz deportiert, 1944 in verschiedene Außenlager des KZ Neuengamme in Hamburg. Sie wurde im KZ Bergen-Belsen am 15. April 1945 befreit. Heute lebt sie in den USA.

Das KZ Neuengamme war das größte nationalsozialistische Konzentrationslager in Nordwest­deutschland. Mehr als 100.000 Menschen aus ganz Europa waren im Hauptlager und in über 85 Außenlagern inhaftiert. Mindestens 42.900 von ihnen haben nachweislich die Inhaftierung nicht überlebt. MOPO-Archiv
KZ Neuengamme
Das KZ Neuengamme war das größte nationalsozialistische Konzentrationslager in Nordwest­deutschland. Mehr als 100.000 Menschen aus ganz Europa waren im Hauptlager und in über 85 Außenlagern inhaftiert. Mindestens 42.900 von ihnen haben nachweislich die Inhaftierung nicht überlebt.

Mehr als 80 Gedenkveranstaltungen zum Kriegsende in Hamburg

Zum Jahrestag des Kriegsendes wird es in Hamburg mehr als 80 Veranstaltungen geben. Sie sind zentral auf der Homepage www.80-jahre-befreiung.de einsehbar. Das Programm wird laufend aktualisiert. Die Webseite und die dazugehörige Social-Media-Kampagne „Stimmen der Befreiten“ werden koordiniert vom Mahnmal St. Nikolai und der Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte zur Erinnerung an die Opfer der NS-Verbrechen.

Im Rahmen der Woche des Gedenkens Hamburg-Mitte gibt es am Donnerstag, 24. April, um 11 Uhr eine Gedenkfeier im Thalia-Theater für die 20 Kinder, die kurz vor Kriegsende in der Schule am Bullenhuser Damm ermordet wurden. An der Veranstaltung werden Andra und Tatiana Bucci teilnehmen, die vier und sechs Jahre alt waren, als sie 1944 nach Auschwitz-Birkenau deportiert wurden. Ihr Cousin Sergio war zuerst im selben Kinderblock untergebracht, wurde dann aber ins KZ Neuengamme bei Hamburg geschickt, wo medizinische Versuche mit ihm gemacht wurden. Er zählt zu den 20 ermordeten Kindern vom Bullenhuser Damm. Die Veranstaltung wird begleitet von Filmausschnitten über ihre Besuche in Auschwitz und Gedenkbeiträgen von Schülerinnen und Schülern zum 80. Todestag der zwanzig jüdischen Kinder.

Am 7. Mai wird es am Mahnmal St. Nikolai und am „denk.mal Hannoverscher Bahnhof“ eine dezentrale Lesung geben. Ebenfalls am 7. Mai wird Bischöfin Kirsten Fehrs in einem Gedenkgottesdienst in Alsterdorf der Opfer der nationalsozialistischen Euthanasie-Morde erinnern. In der Hamburgischen Bürgerschaft wird es am selben Tag Reden von Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit sowie der Schriftstellerin Nora Bossong geben.

An der Gedenkfeier in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme nimmt auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) teil. picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Ebrahim Noroozi
Scholz
An der Gedenkfeier in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme nimmt auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) teil.

Einen „Liberation Dance“ mit über 80 Swing-Tänzern und Tänzerinnen gibt es am 8. Mai im Deutschen Hafenmuseum und die Initiative „Denk Mal am Ort“ stellt an etlichen Orten in Hamburg Biografien von Verfolgten vor. Ein Höhepunkt ist am 10. Mai das europäische Friedensoratorium „Befreiung“ des Komponisten Marc Sinan, das auf Kampnagel aufgeführt und zu einem kollektiven musikalischen Erinnerungs- und Zukunftsprojekt zusammengeführt wird.

Hamburger sind herzlich eingeladen, sich an der Aktion „Stimmen der Befreiten“ zu beteiligen. Dies wird sowohl analog als auch digital erfolgen: Bekannte Gesichter wie der Moderator Michel Abdollahi, die Schauspielerin Iris Berben, Senator Carsten Brosda oder die Köchin Cornelia Poletto tragen in Kurzvideos Zitate von Befreiten für eine Social-Media-Kampagne vor. Die ersten Videos sind unter anderem auf den Instagram-Kanälen @mahnmalst.nikolai und @neuengamme.memorial zu sehen. Bis Anfang Juni kommen jede Woche neue Videos hinzu.

Für aktive zivilgesellschaftliche Akteure, die eine eigene Veranstaltung der „Stimmen der Befreiten“ durchführen möchten, steht ein umfangreiches Materialpaket mit Biografien, Zitaten und Hintergrundinfos zur Verfügung. Vereine, Schulen, Kirchengemeinden, Initiativen, Jugend- und Kulturhäuser, Freundeskreise, etc. können daraus eigene Lesungen oder künstlerische Interventionen an verschiedenen öffentlichen Orten (z.B. Orten der Verfolgung, Gedenkstätten, ehemaligen Wohnorten, Arbeitsplätzen oder Schulen) gestalten. So soll über den gesamten „Befreiungsmonat“ Mai ein breites Panorama der „Stimmen der Befreiten“ in ganz Hamburg sicht- und vor allem hörbar gemacht werden.

Dr. Nele Fahnenbruck, Geschäftsführerin Mahnmal St. Nikolai: „Wir als Mahnmal St. Nikolai freuen uns sehr über das große zivilgesellschaftliche Engagement in Hamburg anlässlich dieses besonderen Gedenkjahres. Gerade in diesen Zeiten ist es wichtig, die „Stimmen der Befreiten“ sicht- und hörbar zu machen, um ein klares Statement für unsere demokratischen Werte und für eine Gesellschaft des Respekts, der Toleranz und der Vielfalt abzugeben.“

Professor Oliver von Wrochem: „Geschichtsrevisionismus hat hier keinen Platz“

Prof. Dr. Oliver von Wrochem, Vorstand Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte: „Zahlreiche Initiativen zeigen mit ihren Aktivitäten rund um den 8. Mai, wie wichtig die Erinnerung an die Befreiung von der NS-Herrschaft gerade heute ist. Unsere Stiftung setzt sich gemeinsam mit vielen anderen auch 80 Jahre nach Kriegsende für ein bewusstes Gedenken an die im Nationalsozialismus Verfolgten ein und gibt ihnen eine Stimme und ein Gesicht. Die Beteiligten zeigen mit den vielfältigen Kooperationen auch kreative Formen der Teilhabe am demokratischen Miteinander auf, in dem Geschichtsrevisionismus keinen Platz hat.“

Carola Veit, Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft: „Den Befreienden sind wir dankbar, dass sie vor 80 Jahren Millionen Menschen vom Hitler-Regime und aus der Lebensgefahr gerettet haben. Ohne sie wäre Deutschland nie befreit worden. Unsere Verantwortung als Hamburger ist, die Erinnerung an die Befreiung zu bewahren und an Nachfolgegenerationen weiterzugeben. Nur so können wir unsere friedliche und freiheitliche Gesellschaft beschützen und damit die wichtigste Errungenschaft nach Ende des Zweiten Weltkriegs: die unantastbare Menschenwürde. Mein Dank gilt allen Akteuren aus der Stadtgesellschaft, die sich rund um den 3. und 8. Mai für das Erinnern und gegen das Vergessen einsetzen, gegen Rassismus und gegen alle Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit eintreten und sich zu Toleranz und Mitmenschlichkeit bekennen.“

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