Der Streit um die Köhlbrandbrücke – eine unendliche Geschichte
Nun ist es raus. Nach jahrelangem Hin und Her verkündete vergangene Woche ein Boulevardblatt: Die marode Köhlbrandbrücke wird ersetzt durch – eine neue Brücke. Diese soll, Stand jetzt, rund fünf Milliarden Euro kosten. Es sollten recht junge Leute sein, die die neue Köhlbrandquerung planen, wollen sie das Projekt noch zu Ende führen: Denn das neue Bauwerk, 74 Meter hoch und damit 20 Meter höher als das heutige, wird erst 2046 fertig. Frühestens. Aber ob die Pläne wirklich umgesetzt werden? Schließlich steht bald eine Bürgerschaftswahl ein und eine neue Regierung wäre frei, das Thema Köhlbrandbrücke neu zu bewerten.
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Nun ist es raus. Nach jahrelangem Hin und Her verkündete vergangene Woche ein Boulevardblatt: Die marode Köhlbrandbrücke wird ersetzt durch – eine neue Brücke. Diese soll, Stand jetzt, rund fünf Milliarden Euro kosten. Es sollten recht junge Leute sein, die die neue Köhlbrandquerung planen, wollen sie das Projekt noch zu Ende führen: Denn das neue Bauwerk, 74 Meter hoch und damit 20 Meter höher als das heutige, wird erst 2046 fertig. Frühestens. Und erst dann soll die heutige Brücke, über die täglich 12.700 Lkw donnern, abgerissen werden. Die Planungen sollen 2033 fertig sein, bevor dann eine etwa 13-jährige Bauphase beginnt.
Dass diese Infos an ein Medium durchgestochen wurden, kam für die politisch Verantwortlichen offenbar überraschend. Auf dem falschen Fuß erwischt, will niemand den Bericht bestätigen, doch es dementiert eben auch niemand. Die zuständige Wirtschaftsbehörde bestätigt nur, dass „die entsprechende Senatsbefassung derzeit vorbereitet“ werde, mag sich aber „nicht zu Inhalten und Details äußern“. Nicht einmal dazu, ob es nun definitiv eine Brücke statt der jahrelang vom Senat favorisierten Tunnellösung wird. Lediglich der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion Hamburg, Hansjörg Schmidt, lässt in einem Statement durchklingen, dass es wohl „eine neue Brücke“ wird, und bestätigt so indirekt den Medienbericht.
Linke will die Köhlbrandbrücke erhalten
So schweigsam die rot-grüne Koalition mit den von ihnen geführten Behörden reagiert, so lautstark polterte die Opposition in die Debatte: Die Linke, die daran festhält, das baufällige Wahrzeichen sei noch irgendwie zu sanieren und zu retten, warnt vor „enormen Investitionskosten und einer hohen ökologischen Belastung“ durch den Brückenneubau. Derweil fordert CDU-Chef Dennis Thering den Senat auf, nun „Farbe zu bekennen“, zügig zu planen und für die Brücke Geld vom Bund einzutreiben. „Bis heute ist bei der neuen Köhlbrandquerung außer offensichtlicher Fehl- und Neuplanungen nichts passiert“, ärgert sich Thering und hat damit nachweisbar recht.
Die Chronologie der bisherigen Planungen für eine neue Köhlbrandquerung besticht durch das Ausmaß von verschwendeter Zeit und vergeudetem Geld. Jahrelang beharrten die Planer:innen in der Wirtschaftsbehörde und der Hafenbetreiberin Hamburg Port Authority (HPA) auf der Idee, als Ersatz für die Brücke unter dem Elb-Arm Köhlbrand hindurch einen Tunnel zu bauen, durch den der Hafenverkehr fließen sollte. Wider besseres Wissen.
Obwohl interne Gutachten von vornherein die Unwirtschaftlichkeit der Tunnellösung und auch die baulichen Komplikationen ihrer Realisierung eindeutig belegten, hielten auch zwei SPD-geführte Senate an dem unterirdischen Projekt fest. Um die Öffentlichkeit und den Bund von der Tunnellösung zu überzeugen, wurden Zahlen frisiert und technische Probleme verschwiegen. So vergingen die Jahre und schnellten die Baukosten in die Höhe. Erst seit Melanie Leonhard (SPD) vor gut einem Jahr das Amt als Wirtschaftssenatorin übernahm, ist ein Licht am Ende des Tunnels in Sicht.
Köhlbrandbrücke bald Thema im Senat
Kommende Woche wird der Senat zwar noch keine Entscheidung über die zukünftige Köhlbrandquerung treffen, doch das Thema wird voraussichtlich am 26. März auf seiner Tagesordnung stehen. Ob die zu erwartende Entscheidung für ein neues Brückenbauwerk das letzte Wort sein wird, bleibt abzuwarten. Zu oft gab es schon endgültige Entscheidungen für den Ersatz der heutigen Brücke – sie alle aber hatten geringe Halbwertzeiten und sind längst Geschichte.
So steht noch im rot-grünen Koalitionsvertrag, dass „die Querung in Form eines Bohrtunnels errichtet werden soll“. Während es über die Finanzierung des nun verworfenen Tunnels schon vor Jahren erfolgversprechende Gespräche mit dem Bundesverkehrsministerium gab, ist völlig unklar, wer die neue Brücke bezahlen wird und ob sich der Bund mit seinen leeren Kassen an dem Milliardenprojekt beteiligt.
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Zudem werden die Karten nach der Bürgerschaftswahl 2025 neu gemischt. Eine neue Regierung ist frei, auch dieses Thema neu zu bewerten und zu entscheiden. Mehr als ein Jahrzehnt führten die Köhlbrand-Planungen zu keinem Ergebnis, das Bestand hatte. Nun könnten noch viele weitere Jahre hinzukommen.