Energiekrise: Jetzt droht auch noch Hamburgs Wasserstoff-Plan zu scheitern
55 Millionen Euro soll der Stahlproduzent ArcelorMittal für eine neue Pilotanlage in Waltershof erhalten. Das Ziel: Stahl mit grünem Wasserstoff herstellen, um die Umwelt weniger zu belasten. Dafür gab es eigentlich schon im vergangenen Jahr das „Go“ von der EU. Doch wie die MOPO erfahren hat, steht das Projekt nun aus mehreren Gründen auf der Kippe.
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55 Millionen Euro soll der Stahlproduzent ArcelorMittal für eine neue Pilotanlage in Waltershof erhalten. Das Ziel: Stahl mit grünem Wasserstoff herstellen, um die Umwelt weniger zu belasten. Dafür gab es eigentlich schon im vergangenen Jahr das „Go“ von der EU. Doch wie die MOPO erfahren hat, steht das Projekt nun aus mehreren Gründen auf der Kippe. Und schon beruht die letzte Hoffnung auf staatlichen Geldern.
Als einen der „wichtigsten Hebel“ für Hamburgs Klimaziele bezeichnete Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) im vergangenen Jahr die Reduzierung von Kohlenstoff in der Industrie. Kurz zuvor gab die EU-Kommission ihre Zustimmung für das Fördergeld, dass der Bund in die Pilotanlage in Waltershof investieren will. Die neue Anlage sollte ab 2026 laufen und später ausschließlich mit grünem Wasserstoff, also Wasserstoff aus erneuerbaren Energien, betrieben werden.
Mit der Umstellung auf grünen Wasserstoff als Energiespeicher will das Unternehmen bis 2030 etwa 700.000 Tonnen CO2-Emissionen jährlich bei der Stahlproduktion einsparen. Damit „rückt die Produktion von grünem Stahl in Hamburg in greifbare Nähe“, so Kerstan damals. Soweit der Plan.
Grüner Wasserstoff für ArcelorMittal „nicht rentabel“
Jetzt kommt auf MOPO-Anfrage beim Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) heraus: Die Entscheidung des Ministeriums, ob die Pilotanlage wirklich gefördert wird, „steht noch aus, aktuell werden die Projektunterlagen final geprüft“.
Unsicher ist auch, ob ArcelorMittal in der Anlage wirklich bald grünen Wasserstoff einsetzt. „Grüner Wasserstoff ist aktuell für unsere Stahlproduktion nicht rentabel“, sagte Geert van Poelvoorde, Europa-Chef von ArcelorMittal vor Kurzem dem niederländischen Wirtschaftsmagazin „Trends“. Und zur Nutzung von grünem Wasserstoff in Hamburg: Ein geplanter Zusammenschluss von Unternehmen, der den Wasserstoff bereitstellen würde, ist gescheitert, weil es „keinen soliden Geschäftsplan gibt, der Wasserstoff rentabel macht“.
Wie wird grüner Stahl hergestellt?
Früher wurde Stahl aus Koks (eine Kohleprodukt) und Eisenerz produziert. Das Koks löst Sauerstoff aus dem Eisenerz, dabei entstehen klimaschädliches CO2 und Roheisen. Anstatt Koks kann auch Erdgas verwendet werden, das ist etwas klimafreundlicher, aber keine ideale Lösung. In Zukunft soll grüner Wasserstoff, der mit erneuerbaren Energien wie Windkraft gewonnen wird, das Koks ersetzen. Dann kommt am Ende nämlich nur noch Wasser und „grüner“ Eisenschwamm, ein Vorprodukt von Stahl, heraus.
Sicher ist so eine Kostenprognose laut Hamburgs Wirtschaftsbehörde nicht: „Weil bisher weder Angebot noch Nachfrage klar sind, kennt auch noch niemand die künftigen Preise für grünen Wasserstoff“, so ein Sprecher. In Europa gebe es Wasserstoffproduktion und -verwendung noch nicht im großen Industriemaßstab.
Klimaschutzverträge sollen es richten
In Hamburg will ArcelorMittal seine Anlage mit grünem Wasserstoff betreiben, „sobald dieser in ausreichenden Mengen zu international wettbewerbsfähigen Preisen verfügbar ist, was bisher nicht der Fall ist“, sagt Konzern-Sprecher Arne Lagner. Er verweist auf Klimaschutzverträge, um bis dahin „die Lücke zu schließen“.
Was hat es damit auf sich? Klimaschutzverträge sollen in Zukunft Konzernen eine Ausgleichszahlung vom Staat garantieren, die sie für die höheren Kosten einer klimaneutralen Produktion entschädigt. Vergeben werden die Verträge in einer Auktion, Unternehmen müssen bieten, wie viel Euro sie brauchen, um mit ihrer Technologie eine Tonne CO2 zu vermeiden. Das Förderprogramm wird gerade im Bund finalisiert, die erste Auktionsrunde soll in den nächsten Wochen starten.
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Ein Klimaschutzvertrag mit ArcelorMittal wäre „definitiv eine denkbare Lösung, die wir in Gesprächen mit dem BMWK auch konkret unterstützen“, heißt es auf MOPO-Anfrage aus der Umweltbehörde. Sollte ArcelorMittal keinen Zuschlag bekommen, wird dort wohl erstmal mit Erdgas weitergekocht. Für Hamburgs Klimabilanz wäre das leider noch nicht der vom Umweltsenator erhoffte „Hebel“.