Hauptverkehrsstraße in Hamburg wird endlich umbenannt
Seit Jahrzehnten wird darüber gestritten. Nun haben sich Grüne, SPD und Linke im Bezirk Nord darauf geeinigt, die Hindenburgstraße umzubenennen. Gestern Abend brachten die drei Fraktionen gemeinsam einen entsprechenden Antrag in die Bezirksversammlung ein. Am Ende setzten sie sich durch – gegen die Stimmen von CDU, FDP und AfD. Nun können Bürger selbst Vorschläge einbringen – die einem bestimmten Kriterium entsprechen müssen.
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Seit Jahrzehnten wird darüber gestritten. Nun haben sich Grüne, SPD und Linke im Bezirk Nord darauf geeinigt, die Hindenburgstraße umzubenennen. Die drei Fraktionen brachten gemeinsam einen entsprechenden Antrag in die Bezirksversammlung ein. Am Ende setzten sie sich durch – gegen die Stimmen von CDU, FDP und AfD. Nun können Bürger selbst Vorschläge einbringen – die einem bestimmten Kriterium entsprechen müssen.
Paul von Hindenburg (1847-1934) war im Ersten Weltkrieg Generalfeldmarschall, wurde 1925 Reichspräsident, war ein Monarchist durch und durch und verachtete die Demokratie. Er ernannte am 30. Januar 1933 Adolf Hitler zum Reichskanzler und war damit der Wegbereiter der Nazi-Diktatur.
Die Hindenburgstraße umbenennen – eine Forderung, die erstmals 1988 erhoben wurde. Ein von der Bezirksversammlung mehrheitlich beschlossener Antrag wurde seinerzeit ohne nähere inhaltliche Begründung und unter Verweis auf „Gründe historischer Kontinuität“ durch das Senatsamt für Bezirksangelegenheiten abgelehnt.
Schon seit 1988 ist eine Umbenennung im Gespräch
Anfang 2013 gab es einen weiteren Anlauf: Am Ende der Debatte stand ein, wie viele finden, fauler Kompromiss, der wohl vor allem auf den damaligen Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) zurückging. Statt die komplette Hindenburgstraße umzubenennen, erhielt damals nur ein kleiner Abschnitt einen neuen Namen: der südliche Teil, der durch den Stadtpark führt. Er heißt seitdem Otto-Wels-Straße – nach einem berühmten sozialdemokratischen Reichstagsabgeordneten.
Im vergangenen Jahr trat vor allem René Senenko, Vorstandsmitglied des „Vereins für Kultur und Erinnerungsarbeit zwischen Ohlsdorf und Ochsenzoll“ (Olmo) öffentlich dafür ein, nun endlich auch dem Rest der Straße einen neuen Namen zu geben. Die MOPO griff das Thema damals groß auf. Sofort schlossen sich die Linken der Forderung an und stellten in der Bezirksversammlung den Antrag, die Straße in Wolfgang-Borchert-Straße umzubenennen.
Sieben Monate hat es gebraucht, die SPD zu überzeugen
Eine siebenmonatige politische Diskussion begann. Dem Vernehmen nach war es vor allem die SPD, die überzeugt werden musste. Am Ende einigten sich SPD, Grüne und Linke jetzt auf einen gemeinsamen Antrag: Der lässt offen, wie die Straße künftig heißen wird. Damit die Umbenennung eine „breitere Akzeptanz findet und Namensvorschläge konstruktiv diskutiert werden können“, so heißt es in dem Entschluss, sollen Bürger an der Namensfindung beteiligt werden.
Mit anderen Worten: Jeder darf Vorschläge einreichen. Geehrt werden soll allerdings möglichst eine weibliche Person. Hannah Arendt (1906-1975), eine jüdische Publizistin, und Traute Lafrenz (1919-2023), eine Widerstandskämpferin aus Hamburg, sind bereits als Namenspatinnen im Gespräch.
Neue Namen im Gespräch: Hannah Arendt oder Traute Lafrenz?
Hat sich der Bezirk auf einen Namen geeinigt, wird das Staatsarchiv den Vorschlag prüfen – die letzte Entscheidung über die Straßenumbenennung wird dann der Senat treffen. Er ist dabei nicht an die Beschlüsse der Bezirke gebunden, folgt ihnen aber in der Regel.
Was viele gar nicht wissen: Paul von Hindenburg ist nicht nur Namensgeber einer Straße, er ist – so wie auch Helmut Schmidt, Johannes Brahms, Rudolf Augstein und Udo Lindenberg – immer noch Ehrenbürger der Stadt. 1917 wurde ihm diese Ehre zuteil. Viele andere deutsche Städte haben dem Reichspräsidenten die Ehrenbürgerschaft inzwischen wieder aberkannt. In Hamburg jedoch scheiterten bislang alle entsprechenden Bemühungen.