Tarifstreit ohne Ende: Einigung mit der Bahn – oder doch wieder Streik?
Nach dem Verhandlungsmarathon vergangene Woche wollte sich die Gewerkschaft EVG zunächst intern beraten. Am Mittwoch geht die Suche nach einer Tariflösung für gut 180.000 Beschäftigte bei der Deutschen Bahn weiter – an einem kuriosen Ort. Kommt ein neuer Streik?
Die Deutsche Bahn und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG setzen am Mittwoch ihre Tarifverhandlungen in Berlin fort – und nach dem Verhandlungsmarathon in der Vorwoche scheint ein Abschluss näher denn je.
Einigung mit wichtigem Bahnunternehmen
Am Dienstag verkündete die Gewerkschaft bereits eine Einigung mit der Transdev-Gruppe, dem wohl wichtigsten Bahnunternehmen in Deutschland nach der bundeseigenen DB.
3500 Beschäftigte bekommen dort künftig in zwei Schritten insgesamt 420 Euro mehr pro Monat, der Tarifvertrag hat eine Laufzeit von 21 Monaten. Der Deal könnte nun zur Blaupause für die Gespräche mit der DB werden.
In der vergangenen Woche hatten die Vertreter der DB und der EVG fünf Tage in Folge in Berlin verhandelt. Am späten Freitagabend wurden die Gespräche dann vertagt. Die Gewerkschaft wollte zunächst ihre Entscheidungsgremien, sprich die Tarifkommission und den Bundesvorstand, über den genauen Verhandlungsstand informieren, bevor die nächste, womöglich abschließende Phase eingeleitet wird.
Da sich beide Seiten über den Verhandlungsstand und mögliche Zwischenergebnisse äußerst bedeckt halten, ist auch das komplette Gegenteil einer Einigung noch denkbar – also eine Eskalation, Warnstreik, womöglich sogar eine Urabstimmung mit dann unbefristetem Streik. Zuletzt wurde vor allem über die Höhe des Einkommensplus und die Laufzeit des Tarifvertrags diskutiert – nicht auszuschließen, dass die Gewerkschaft für mehr Geld und weniger Laufzeit per Arbeitskampf den Druck auf die DB noch mal erhöhen will.
Genauer Verhandlungsbeginn noch offen
Das alles ist Spekulation – konkrete Antworten könnten am Mittwoch oder Donnerstag folgen. Wann die Verhandlungen beginnen, ließ die Bahn in ihrer Ankündigung am Dienstagnachmittag noch offen. Es war lediglich vom „frühen Nachmittag“ die Rede. Das Ende ist völlig offen. Kurios ist der Treffpunkt: Die kurzfristige Suche nach einem Verhandlungsort war offenbar so kompliziert, dass nun bei der IG Metall in Berlin-Kreuzberg getagt wird.
Die EVG ist Ende Februar mit der Forderung nach 650 Euro mehr pro Monat für gut 180.000 Beschäftigte bei der DB in die Verhandlungen gezogen. Für die oberen Einkommensgruppen sollten es mindestens zwölf Prozent mehr sein. Die Laufzeit soll nach ihren Vorstellungen zwölf Monate betragen.
Bahn stellt zwölf Prozent mehr Lohn in Aussicht
Die Bahn hatte Ende Mai bei einer Laufzeit von 24 Monaten zwölf Prozent mehr in mehreren Stufen bei den unteren Lohngruppen in Aussicht gestellt. Insgesamt zehn Prozent mehr sollen die mittleren Gruppen bekommen und acht Prozent die oberen. Die erste Erhöhungsstufe soll noch dieses Jahr anstehen. Hinzu käme eine Inflationsausgleichsprämie in mehreren Zahlungen von insgesamt 2850 Euro, die steuer- und abgabenfrei ausfallen würde.
Der am Dienstag verkündete Tarifabschluss bei Transdev bezieht sich unter anderem auf Unternehmen wie die Bayerische Regiobahn, die Nordwestbahn oder Transdev Hannover. Die Entgelterhöhung von 420 Euro soll nach EVG-Angaben in zwei Schritten erfolgen: 290 Euro ab 1. November 2023 und weitere 130 Euro ab 1. August 2024 (für Nachwuchskräfte 150 und 70 Euro). Hinzu kommt der Gewerkschaft zufolge eine Inflationsausgleichsprämie von 1400 Euro.
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Der Abschluss kam durchaus überraschend. Viele in der Branche waren zuletzt davon ausgegangen, dass die privaten Bahnen auf den Abschluss beim Marktführer, also der DB warten werden, um sich daran orientieren zu können. Nun könnte es genau andersrum kommen.
EVG-Tarifvorständin Cosima Ingenschay sagte, dass der Transdev-Abschluss Maßstäbe setze. Zahlreiche weitere Unternehmen hätten inzwischen angeboten, ebenfalls Tarifverträge mit einem Plus von 420 Euro bei 21 Monaten Laufzeit zu unterzeichnen oder auf dieser Basis weiterzuverhandeln. „Hier macht die Branche deutlich, was nötig ist, um die Leistungen der Beschäftigten auch finanziell zu honorieren“, sagte Ingenschay. (dpa)