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Trotz diverser Superspreader-Events: Warum gibt es eine Ausnahme für Gottesdienste?

Gastro-Betriebe müssen schließen, genauso wie Theater, Kinos und andere Kulturstätten. Eine Ausnahme vom Lockdown: Gottesdienste. Diese dürfen wie bisher mit Abstand und Hygieneregeln stattfinden — das stößt auf Unverständnis.

Seit Anfang Mai sind in Deutschland die Gottesdienste unter Corona-Auflagen wieder erlaubt. Trotz der Abstandsregeln kam es zu mehreren Superspreader Events (Ereignisse, bei denen wenige Infizierte für zahlreiche Neuansteckungen sorgen).

Gottesdienste bleiben erlaubt: Hamburger Politiker äußert sich auf Twitter

Die Entscheidung, Zusammenkünfte in Kirchen trotz der nachgewiesenen Ansteckungsgefahr auch im Lockdown zu erlauben, sorgte für Unverständnis. Hansjörg Schmidt, SPD-Abgeordneter in der Bürgerschaft für Hamburg-Mitte schreibt auf Twitter: „Geistige Inspiration in Kirchen ist weiterhin möglich, geistige Inspiration in der Kultur nicht? Oder: Kaufhaus & Kirche ja, Kunsthalle & Kino nicht? (…) Hier geht sonst etwas verloren, dass nicht wiederkommt!“

Für die Kulturschaffenden in der Hansestadt ist die Entscheidung der Bundesregierung besonders bitter. Der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit bezeichnete die Schließung der Elbphilharmonie, deren Hygienekonzept er gut kenne, als nicht zielführend. „Es ist aus meiner Sicht, aus virologischer Sicht, nahezu unvorstellbar dass dort massenhaft Infektionen aufgetreten sind“, sagte er am Mittwochabend in den ARD-„Tagesthemen“.

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Erst am Dienstag hatte Hamburgs Kultursenator Carsten Broda (SPD) erklärt, dass die Menschen in Opernhäusern oder der Elbphilharmonie sicherer seien als zu Hause, wenn man sich die Ansteckungszahlen ansehe. 

Gottesdienste als Infektionsherde: Baptistengemeinde in Frankfurt

Eine der Massen-Ansteckungen hatte sich Ende Mai in Frankfurt Rödelheim ereignet: Nach dem Gottesdienst in einer Baptistengemeinde stieg die Zahl der Corona-Fälle im Umfeld der Gemeinde auf 200 Fälle. An dem besagten Gottesdienst hatten damals 180 Menschen teilgenommen. Zunächst hieß es, alle Auflagen, wie Mindestabstand, seien eingehalten worden. Später räumte die Gemeinde ein, dass im Gottesdienst gesungen worden sei — ohne Mund-Nasen-Bedeckung. Neun an Covid-19 erkrankte Gläubige wurden in Krankenhäusern behandelt, davon eine Person auf der Intensivstation.

Corona Infektionen im Gottesdienst: Pfingstgottesdienste in Stralsund

Anfang Juni in Stralsund: Nach den Corona-Infektionen bei Teilnehmern katholischer Pfingstgottesdienste in Vorpommern wurde unter anderem eine Stralsunder Kita vorläufig geschlossen. Der Landkreis Vorpommern-Rügen verfügte damals für rund 350 Personen eine häusliche Isolation. Kurz nach Pfingsten wurde ein Priester der Gemeinde positiv getestet. Während der Gottesdienste habe er zwar einen Mundschutz und Handschuhe getragen, dennoch könne es bei der Ausgabe der Hostien zu Berührungen zwischen ihm und den Gläubigen gekommen sein, hieß es damals vom Erzbistum Berlin.

Corona-Infektionen im Gottesdienst: Christengemeinde in Westertimke

Ende September in Westertimke (Landkreis Rotenburg): 43 der damals aktuell 53 Infektionen in Rotenburg standen laut dem Landkreis in Zusammenhang mit der freikirchlichen Christengemeinde. Von dem Ausbruch waren auch drei Kitas und vier Schulen betroffen, 279 Menschen mussten in Quarantäne. Das Gesundheitsamt führte damals den Anstieg auf mehrere Gottesdienste in der Gemeinde zurück, bei denen auch gesungen wurde. 

Corona Lockdown in Deutschland: Gottesdienste bleiben erlaubt

Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte am Mittwochabend, als die drastischen Corona-Maßnahmen für den November verkündet wurden: „Wir haben zu den Gottesdiensten keine Verschärfungen gemacht, weisen aber darauf hin, dass unbedingt die Hygieneregeln eingehalten werden müssen.“ Es sei nicht als angemessen erschienen, hier die Regeln zu verschärfen.

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Unterstützung erhielt sie von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der darauf verwies, dass Religions- und Versammlungsfreiheit besonders sensible und wichtige Grundrechte seien.

Gottesdienste während Corona: Kirchen wollen Trost spenden

Landesbischöfin der Nordkirche, Kristina Kühnbaum-Schmidt, verteidigte die Entscheidung der Regierung: „Gerade jetzt brauchen wir Orte und Zeiten, wo Menschen Kraft und Hoffnung schöpfen, Geborgenheit und Gemeinschaft erfahren und ihre Sorgen und Ängste zur Sprache bringen können. Dafür bieten die Gottesdienste einen guten Raum.“

Wie es mit den seelsorgerischen und diakonischen Aufträgen der Nordkirche sowie den Angeboten für Kinder und Jugendliche weitergeht, werde erst mit Blick auf die neuen Rechtsverordnungen der Länder entschieden.

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