Tote braune Blätter: Altonas Baumpfleger mit rabiater Maßnahme
Meisen und Amseln fanden Schutz und Nahrung in dem dichten Blätterwerk, Tauben und Eichhörnchen waren regelmäßige Gäste – jetzt ist der einst vibrierende Lebensraum tot: Baumpfleger haben den Efeu, der einen Sülldorfer Straßenbaum hochwuchs, im Auftrag des Bezirks Altona von seinen Wurzeln getrennt. Die Begründung für die rabiate Maßnahme sorgt bei Umweltschützern für Kopfschütteln.
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Meisen und Amseln fanden Schutz und Nahrung in dem dichten Blätterwerk, Tauben und Eichhörnchen waren regelmäßige Gäste – jetzt ist der einst vibrierende Lebensraum tot: Baumpfleger haben den Efeu, der einen Sülldorfer Straßenbaum hochwuchs, im Auftrag des Bezirks Altona von seinen Wurzeln getrennt. Die Begründung für die rabiate Maßnahme sorgt bei Umweltschützern für Kopfschütteln.
Einmal rundum ist der Stamm der Esche in der Sülldorfer Straße Op’n Hainholt „rasiert“, oberhalb hängen trockene braune Efeublätter, die keinen Vogel mehr anlocken. Ein trauriger Anblick. Efeu ohne „erkennbaren, vernünftigen Grund“ zu beseitigen, ist laut Bundesnaturschutzgesetz verboten. Denn: Die Kletterpflanze schädigt ihren Wirt nicht und gilt als ökologisch wertvoll, weil ihre Blüten im Herbst Insekten ernähren und die Früchte im Winter die Vögel. Außerdem schützt das Blattwerk den Stamm bei großer Hitze vor Austrocknung. Was also war der vernünftige Grund für diese bezirklich angeordnete Maßnahme in Sülldorf?
Sülldorf: Ärger über Baumpfleger des Bezirks
Zu dem einzelnen Baum gibt es keine Erklärung, nur allgemein: „Das Bezirksamt Altona weiß um den ökologischen Wert von Efeu als Wohnraum für verschiedene Tierarten“, heißt es auf MOPO Nachfrage aus dem Rathaus der Grünen Bezirksamtschefin Stefanie von Berg: „Dennoch ist ein Entfernen mitunter erforderlich. Dies hängt unter anderem damit zusammen, dass unsere Baumkontrolleur:innen dazu angehalten sind, die Kontrollen zur Stand- und Bruchsicherheit von Bäumen vollständig durchzuführen.“ Und wo Efeu wächst, sei nicht zu sehen, ob der Stamm beschädigt ist: „Würde der Efeu bestehen bleiben, würde eine Baumkontrolle zur Sicherstellung der Verkehrssicherheit nicht wie von den Regelwerken gefordert durchgeführt werden.“
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Diese Begründung überzeugt Paul Schmid, Sprecher des BUND Hamburg, nicht: „Um den Efeu komplett zu entfernen, müssen Baumpfleger den konkreten Verdacht haben, dass die Standfestigkeit des betroffenen Baumes gefährdet ist. Einfach im Rahmen einer Routinekontrolle auf Verdacht alles abzuschneiden, entspricht nicht dem sogenannten Vermeidungsgebot in den Leitfäden.“ Bei einer Routinekontrolle, so der Umweltschützer, reiche es, für eine Sichtkontrolle die Blätter am Stamm beiseite zu schieben und gegebenenfalls mit einem Hubwagen die Ranken in der Krone zurück zu schneiden.
Im Bezirksamt Altona befürchtet man hingegen, dass der Efeu einen Baum so stark überwuchert, dass der am Ende nur noch „eine Art Efeurankgerüst aus lebendem Holz“ ist. Die Umweltschützer haben auch in einem solchen Fall eine Empfehlung: „Für den Fall, dass der Efeu tatsächlich mal die Krone eines Baumes überwuchert, muss eine Abwägung stattfinden zwischen Baumwohl und Efeu“, heißt es in einer Erklärung des BUND Bayern: „Dann ist es ratsam, den Efeu am Kronenansatz behutsam zurückzuschneiden. Es ist nicht notwendig, den Efeu komplett zu entfernen.“
Kleiner Hoffnungsschimmer in Sülldorf: „Möglicherweise schlägt der Efeu wieder aus“, so Paul Schmid, „aber bis der Bewuchs wieder einen ökologischen Wert hat, werden Jahre vergehen.“ Und dann wird es wieder Zeit für die Routinekontrolle.