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Ive Hauswald in seinem Garten in Wandsbek
  • Wohltäter: Der Hamburger Ive Hauswald (81) spendet ein Großteil seines Geldes an Menschen, die für Gerechtigkeit kämpfen.
  • Foto: Florian Quandt

Reicher Hamburger verrät: „Warum ich mein ganzes Geld der Revolution widme“

Ein schönes Haus im Norden Hamburgs, ein großer Garten, eine satte Pension: Ive Hauswald fehlt es an nichts. Der 81-jährige Hamburger gehört zur wohlhabenden Elite der Stadt. Doch anders als viele Reiche in der Hansestadt behält Hauswald sein Geld nicht für sich, er spart es auch nicht für seine Nachkommen. Hauswald spendet sein gesamtes Vermögen an Polit-Aktivisten. An Menschen wie Cécile Lecomte.

Auf den ersten Blick haben sie nicht viel gemeinsam. Ive Hauswald und Cécile Lecomte sind zwei Menschen von sehr unterschiedlichem Schlag. Er ein betagter Mann. Sie eine Frau, die halb so alt ist wie er. Er lebt in einem schönen Haus. Sie in einer WG. Er ein ruhiger, reflektierter Mann, der seine Worte bedächtig wählt. Sie eine quirlige, fordernd auftretende Frau, die durch und durch politisch ist. Ein pensionierter Lehrer, der sein Leben lang gearbeitet hat. Und eine junge Frau, die keinem klassischen Beruf nachgeht. Wie passt das zusammen?

Von Hamburg bis Hambach: Cécile Lecomte ist das Gesicht zahlreicher Demos in Deutschland

Das, was Ive Hauswald und Cécile Lecomte verbindet, ist „die Sache“. Beide sind Atomkraft-Gegner, beide sind Klimaschützer, für beide ist Gerechtigkeit ein zentrales Leitbild ihres Wertesystems. Was Hauswald und Lecomte unterscheidet, ist das Engagement für ihre Überzeugungen. Während er lieber zu Hause bleibt, klettert sie auf die Barrikaden.

Cécile Lecomte ist das Gesicht zahlreicher Protest-Aktionen in ganz Deutschland. Das „Eichhörnchen“, wie sie wegen ihrer Kletterkünste auch genannt wird, hing in den Bäumen des von der Rodung bedrohten Hambacher Forsts oder des Gählerparks in Hamburg. Sie kettet sich bei Castor-Transporten an die Gleise oder besetzt Strommasten wie zuletzt in Burgsteinfurt.

Dank Spenden: Vollzeitjob als Berufsrevolutionärin

Lecomtes Job ist der Protest. In den 70er Jahren hätte man sie als Berufsrevolutionärin bezeichnet. Dabei geht es der 40-Jährigen nicht um einen Umsturz oder Volksaufstand. Die gebürtige Französin, die seit 17 Jahren in Deutschland lebt, bezeichnet ihre Arbeit als „Kunst des politischen Happenings“.

Spektakuläre Aktionen: Cécile Lecomte hängt 2009 kopfüber an einem Baum im Wald bei Kelsterbach. Polizisten lösten die Demo auf und nahmen die Aktivistin in Gewahrsam. dpa
Cecile Lecomte hängt an einem Baum im Wald bei Kelsterbach
Spektakuläre Aktionen: Cécile Lecomte hängt 2009 kopfüber an einem Baum im Wald bei Kelsterbach. Polizisten lösten die Demo auf und nahmen die Aktivistin in Gewahrsam.

„Es ist oft schwierig, politische Botschaften in die Öffentlichkeit zu bringen“, sagt Lecomte. Deshalb suche sie auffällige Orte, um Aufmerksamkeit zu erzielen. „Man kann viel erreichen, wenn man dem Gegner Probleme bereitet.“ Das gelte vor allem für ihr neues Themenfeld – dem Kampf für die Rechte von Menschen mit Behinderungen.

Mit radikalen Sabotage-Aktionen zu mehr Aufmerksamkeit

Eine Autoimmunerkrankung zwingt das „Eichhörnchen“ seit 2018 in den Rollstuhl. Ihre Perspektive hat sich dadurch grundlegend geändert. „Es wird viel ,über‘ Menschen mit Behinderungen gesprochen, aber nicht ,mit‘ ihnen“, sagt Lecomte. Deshalb blockiert sie schon mal eine Tür der Deutschen Bahn, damit ein Zug nicht einfach ohne sie abfährt, bloß weil der Hublift defekt ist.

Aktivistin Cécile Lecomte (40) beim Klettern. Olivier Samain/hfr
Cecile Lecomte beim Klettern
Aktivistin Cécile Lecomte (40) beim Klettern.

„Durch radikale Sabotage-Aktionen können wichtige Debatten ausgelöst werden“, sagt Lecomte. Anders als Ive Hauswald ist Lecomte nicht nur im Kopf radikal, sondern auch im Handeln. Sie lebt mit Leib und Seele für ihre Überzeugungen. Damit sie das ohne Ablenkung in Vollzeit tun kann, wird Lecomte finanziell von der linken Bewegungsstiftung mit Sitz in Verden an der Aller gefördert.

Bewegungsstiftung finanziert Kämpfer für soziale Gerechtigkeit

Die Stiftung, die in diesem Monat 20 Jahre alt wird, unterstützt soziale Bewegungen und ermöglicht verschiedenen Aktivisten damit, sich voll auf ihren Kampf (gegen Rassismus, gegen Polizeigewalt, gegen Atomkraft, für Klimaschutz) zu konzentrieren.

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„Ich bin nie so mutig und konsequent gewesen wie diese Menschen, die ihr ganzes Leben für den Wandel geben“, sagt Hauswald, der genau wie Cecile Lecomte ganz bewusst keiner politischen Partei angehört. Schon die Bibel beschreibe solche Menschen, die vorbildhaft als Kämpfer für Gerechtigkeit aufträten, weiß der ehemalige Religionslehrer.

Hauswald will etwas tun, um die aus seiner Sicht immer weiter aufgehende Schere zwischen Arm und Reich zu schließen. Er spendet nicht nur monatlich an die Bewegungsstiftung. Auch das Erbe ist nach seinem Tod zum allergrößten Teil für die Aktivisten bestimmt. Seine Tochter wisse Bescheid, sagt Hauswald. „Sie findet das gut.“

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