Hamburg soll Tokio-Kreuzung bekommen – „Das ist doch Irrsinn!“
Es ist die Mischung aus perfekter Synchronisation und Chaos: die Shibuya-Kreuzung in Tokio. Während der abendlichen Spitzenzeiten bahnen sich alle zwei Minuten geschätzt 1000 bis 2500 Menschen ihren Weg darüber. Passt das nach Hamburg? Die SPD in Eimsbüttel findet ja, trifft im Bezirk aber auf Unmut und Skepsis. Sogar die Grünen äußern sich eher zurückhaltend – und haben ihre ganz eigenen Fußgänger-Pläne.
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Es ist die Mischung aus perfekter Synchronisation und Chaos: die Shibuya-Kreuzung in der japanischen Landeshauptstadt Tokio. Während der abendlichen Spitzenzeiten bahnen sich alle zwei Minuten geschätzt 1000 bis 2500 Menschen ihren Weg darüber. Passt das nach Hamburg? Die SPD in Eimsbüttel findet ja, trifft im Bezirk aber auf Unmut und Skepsis. Sogar die Grünen äußern sich eher zurückhaltend – und haben ihre ganz eigenen Fußgänger-Pläne.
Möglicher Ort dieser Zukunftsvision: Die Kreuzung Osterstraße/Heußweg, die laut des SPD-Fraktionsvorsitzenden Gabor Gottlieb besonders gut dafür geeignet ist. „Weil hier die U-Bahnsteige nur durch separate Eingänge auf verschiedenen Seiten zu erreichen sind kommt es häufig vor, dass Fahrgäste mehr als eine der beiden Straßen queren“, sagt er.
Hier soll eine Shibuya-Kreuzung in Eimsbüttel entstehen
Doch diese Meinung teilen nicht alle. „Das ist doch Irrsinn, diese Kreuzung wurde erst vor einigen Jahren erneuert und ist jetzt für alle Verkehrsteilnehmer angenehm“, sagt Andreas Birnbaum von der Eimsbütteler CDU verärgert. „Die Fahrräder fahren auf der Straße, die Bürgersteige sind breit und die Autospuren komplett saniert. Warum hier also Geld zum Fenster rauswerfen?“ Auch von den SPD-Beteuerungen, dass sich solch eine Kreuzung nicht auf den restlichen Verkehr auswirken würde, ist er nicht überzeugt.
Umgangssprachlich wird diese Form der Diagonalquerung, bei der die Fußgänger von allen Seiten gleichzeitig über die Kreuzung gehen können, als „Alle-Gehen-Kreuzung“ bezeichnet. Autos und Fahrräder müssen solange warten.
Hat der Antrag der SPD in Eimsbüttel eine Chance?
Am Donnerstag trägt die SPD den Kreuzungs-Antrag in die Bezirksversammlung. Allerdings sind die Sozialdemokraten in Eimsbüttel nicht Teil einer Koalition. Ursprünglich regierte dort Grün-Schwarz, bis die Koalition im November 2021 mit einem Knall zerbrach. Seitdem walten die Grünen im Bezirk mit wechselnden Mehrheiten.
Trotzdem kann sich die SPD Hoffnung machen, denn die Grünen sind in der Regel offen für neue Verkehrskonzepte. Und tatsächlich: „Wir freuen uns über den Antrag, warum nicht mal so etwas ausprobieren“, sagt deren Fraktionsvorsitzender Ali Mir Agha. Allerdings ist er überaus skeptisch, ob das mit der Straßenverkehrsordnung in Einklang gebracht werden kann.
Grüne sehen Handlungsbedarf an anderer Stelle
Viel eher als an der Osterstraße sieht Mir Agha zudem Handlungsbedarf an der „Monsterkreuzung“ von Eimsbüttel: Die Kreuzung Kieler Straße/Volksparkstraße/Sportplatzring im Stadtteil Stellingen. „Nicht mal halbwegs sprintend ist jemand in der Lage, die dortige Kreuzung bei einer Ampelschaltung zu überqueren. Alle landen immer auf der Verkehrsinsel, vor allem Senioren fühlen sich dort unsicher“, sagt er. Bei der Polizei laufe man mit der Forderung einer längeren Grünphase allerdings gegen Wände.
Auf Nachfrage erklärt die Polizei, dass dort bereits die kleinsten Störungen im Verkehrsablauf große Auswirkungen auf das umliegende Straßennetz und sogar bis zur Autobahn hätten. Die Ampel an der Kreuzung sei technisch auf dem neuesten Stand, die Signalzeitenprogramme seien geprüft und optimal an den belasteten Verkehrsknotenpunkt angepasst worden. „Auch für zu Fuß Gehende reicht die Zeit aus, die andere Straßenseite sicher zu erreichen“, sagt ein Sprecher.
Kommt also doch eher ein bisschen Tokio nach Eimsbüttel? Die Massen von Menschen fehlen dazu jedenfalls noch. In Deutschland gibt es bis jetzt nur sehr vereinzelt solche Diagonalquerungen für Fußgänger, unter anderem in Köln und Berlin.