Extremer Krankenstand: Hamburgs Pflegekräfte fallen im Schnitt wochenlang aus
In keiner anderen Hamburger Berufsgruppe gibt es längere Fehlzeiten als bei Pflegekräften. Das zeigt eine aktuelle Auswertung von Versichertendaten der Techniker Krankenkasse (TK). Pflegerinnen und Pfleger waren im vergangenen Jahr gut zehn Tage länger krankgeschrieben als Angehörige anderer Berufsgruppen.
Sie litten vor allem an Erkrankungen des Atmungssystems, Problemen am Muskel-Skelett-System sowie psychischen Erkrankungen: 29,9 Tage waren Hamburger Pflegekräfte im vergangenen Jahr im Durchschnitt krank. Zum Vergleich: Hamburgweit fehlten alle Versicherten im Schnitt 19,4 Tage.
Grund für diese Diskrepanz könnte die hohe Belastung von Pflegekräften sein. Der Umgang mit schwer kranken und im Sterben liegenden Patienten kann sehr anstrengend und mental belastend sein. Dagmar Wendt, Pflege-Expertin der TK: „Die Arbeit in der Pflege ist und bleibt ein Knochenjob. Wirft man einen Blick auf die Arbeitsbedingungen in der Pflege, ist diese Entwicklung nicht verwunderlich: Die Anzahl der zu betreuenden Patientinnen und Patienten wächst kontinuierlich, gleichzeitig verschärft sich die Personalsituation in der Pflege. Aber auch der Umgang mit den Fachkräften vor Ort wird vermehrt rauer; es kommt häufiger zu An- und Übergriffen.“
Von Pflegekräften für Pflegekräfte
Um Pflegekräfte zu unterstützen, hat das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) das Projekt „Trauma- und Stressprävention“ ins Leben gerufen, seit 2019 gefördert von der TK. Ziel ist es, dass Pflegekräfte eine psychologische Weiterbildung machen und so ihren Kollegen helfen können. Das Konzept der sogenannten „Peer-Beratung“ ist ein beliebtes psychologisches Instrument zur Unterstützung von Beschäftigten nach einem traumatischen Erlebnis. Mehr als 100 solcher Ansprechpersonen wurden bisher ausgebildet, damit Pflegekräfte am UKE niedrigschwellig unterstützt werden.
Das könnte Sie auch interessieren: Sommer im Mai: So lange geht die Mini-Hitzewelle
Doch solch ein Projekt allein kann die Probleme der Pflege nicht beheben. Neben dem niedrigen Lohn schreckt auch das stressige Arbeitsumfeld ab. Maren Puttfarcken, Leiterin der TK-Landesvertretung Hamburg: „Um den Pflegeberuf attraktiver zu gestalten, braucht es mehr als nur eine höhere Vergütung. Wir benötigen flexible Arbeitszeitmodelle, attraktive Fortbildungs- und Rückkehrangebote sowie Unterstützung für Pflegekräfte in belastenden Arbeitssituationen.“ (nb)