Nach Beißattacke in Hamburg: Sollte man Besitzer zum Hundeführerschein verpflichten?
Fast ist es so etwas wie ein Ritual: Nach jedem schlimmen Beißvorfall werden Rufe nach dem „Hundeführerschein“ laut – auch nach dem schrecklichen Unglück mit Pitbull-Mischling „Rocky“, der ein Kleinkind fast totgebissen hat. Warum ist es so schwer, Hundehalter dazu zu verpflichten, sich vor Anschaffung eines Hundes schlau zu machen? Und was würde das überhaupt bringen?
Die Hamburger Hundetrainerin Inken Ramelow würde es sehr begrüßen, wenn Hundehalter verpflichtet würden, sich Grundkenntnisse anzueignen – und zwar vor der Anschaffung eines Hundes: „Bei einem neuen technischen Gerät liest man ja auch erstmal die Gebrauchsanweisung.“
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Fast ist es so etwas wie ein Ritual: Nach jedem schlimmen Beißvorfall werden Rufe nach dem „Hundeführerschein“ laut – auch nach dem schrecklichen Unglück mit Pitbull-Mischling „Rocky“, der ein Kleinkind fast totgebissen hat. Warum ist es so schwer, Hundehalter dazu zu verpflichten, sich vor Anschaffung eines Hundes schlau zu machen? Und was würde das überhaupt bringen?
Die Hamburger Hundetrainerin Inken Ramelow würde es sehr begrüßen, wenn Hundehalter verpflichtet würden, sich Grundkenntnisse anzueignen – und zwar vor der Anschaffung eines Hundes: „Bei einem neuen technischen Gerät liest man ja auch erstmal die Gebrauchsanweisung.“
Die Auswirkungen völlig unüberlegter Hundekäufe erlebt sie täglich in der Praxis: „Immer wieder sehe ich, dass Menschen sich einen Hund angeschafft haben, spontan, ohne jede Intuition für dieses Lebewesen, ohne die geringste Ahnung vom Umgang mit einem Hund – man fragt sich, woher der Wunsch nach einem Tier überhaupt rührt.“
„Heute werden Hunde häufig angeschafft wie Wegwerfartikel“
Da wird plötzlich festgestellt, dass Hündinnen läufig werden, was etwa bei einem Hotelaufenthalt lästig werden kann. Oder dass Hunde Grenzen brauchen, statt Diskussionen auf Augenhöhe. „Früher“, so der Eindruck der Fachfrau, „haben die Menschen sich überwiegend lange und sorgfältig auf die Anschaffung eines Hundes vorbereitet, haben Bücher gelesen und sich über verschiedene Rassen informiert. Heute werden die Tiere häufig angeschafft wie Wegwerfartikel, die bloß nicht anstrengend werden sollen.“
Auch die Tierschutzorganisation Peta fordert seit Jahren einen Hundeführerschein, bestehend aus Theoriekurs vor der Anschaffung, gefolgt von einem obligatorischen Praxisseminar für Mensch und Hund. Und TV-Hundeprofi Martin Rütter, seit Jahren prominenter Vorkämpfer des Sachkundenachweises, erklärte erst vor wenigen Tagen in der RTL-Dokusoap „Die Welpen kommen“ erneut: „Ich finde, dass dringend ein deutschlandweiter, standardisierter Hundeführerschein hermuss.“
Gerne verweist er bei der Gelegenheit auf den obligatorischen Angelschein: „Aber der Angler ist keine Bedrohung für die Gesellschaft. Ein Hundehalter beziehungsweise ein Hund kann das werden und zwar durch Unwissenheit. Es ist absurd, dass es keinen Hundeführerschein gibt.“
Sollte es in Hamburg verpflichtende Hundeführerscheine geben?
Hamburg jedoch setzt – seit dem tragischen Tod des kleinen Volkan im Jahr 2000 – auf die Rasseliste, die bestimmte Hunderassen komplett verbietet, kombiniert mit einer allgemeinen Leinenpflicht, von der man sich durch den Besuch einer Hundeschule befreien lassen kann.
Dieser „freiwillige Hundeführerschein“ sei eine „gute Ergänzung zum strengen Hamburger Hundegesetz“, findet Sarah Timmann, tierschutzpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion. Sprich: Obligatorische Prüfungen für alle Hundehalter wird es mit der SPD in Hamburg nicht geben, auch wenn die Koalitionspartner von den Grünen nicht abgeneigt wären.
Das Problem: Wer unbedingt eine verbotene Hunderasse in Hamburg halten will, meldet das Tier an einer Adresse außerhalb der Stadt an und dann ist der American Pitbull halt nur zu Besuch. Der Hund „Rocky“ etwa, der in einer Rahlstedter Wohnung eine Zweijährige in Kopf und Hals gebissen hat, war in Segeberg gemeldet.
Hundeführerschein: In Niedersachsen gibt es ihn längst
Hamburgs Nachbarn gehen das Thema anders an: Niedersachsen erklärt nicht einzelne Rassen per se als gefährlich, sondern verlangt seit 2013 von allen Hundehaltern einen „Sachkundenachweis“. Jeder, der sich einen vierbeinigen Gefährten zulegen will, egal ob Dackel oder Dobermann, muss zuvor eine theoretische Prüfung absolvieren und im ersten Jahr nach der Anschaffung mit dem Hund zusammen eine praktische Prüfung ablegen.
Tatsächlich ist die Wirkung des Hundeführerscheins umstritten: In der Schweiz wurden die Pflichtkurse 2008 landesweit eingeführt – und acht Jahre später wieder abgeschafft, weil unklar war, ob die Beißvorfälle durch den ganzen Aufwand tatsächlich gesunken sind.
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In Hamburg kocht das Thema regelmäßig hoch, landet dann aber wieder in der Schublade. Die CDU-Fraktion hat sich noch keine Meinung gebildet, es gibt Befürworter und Gegner. Der CDU-Abgeordnete Sandro Kappe fordert nun eine Aufstockung des Hundekontrolldienstes. Derzeit sollen zehn Mitarbeiter, angesiedelt bei der Polizei, rund 60.000 Hundehalter kontrollieren. Außerdem bereitet Kappe eine Anfrage an den Senat vor: „Plant der Senat einen Hundeführerschein?“