Federboas, Frauenquote, Coming-Out: Irre Harry Styles-Show im Volksparkstadion
Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte hat die Musikwelt auf den nächsten jungen männlichen Popstar gewartet, der das Image, die Performance, die Botschaften, die Sexyness und vor allem die Songs hat, um Stadien überall in der Welt zu füllen und mehrere Generationen von Musikfans vor der Bühne zu vereinen. Nach George Michael und Prince war es darum nicht besonders gut bestellt. Nun gibt es ihn: Der Brite Harry Edward Styles (28) gastierte mit seiner „Love On Tour“ am Sonntag im ausverkauften Volksparkstadion vor 50.000 überwiegend weiblichen Fans.
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Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte hat die Musikwelt auf den nächsten jungen männlichen Popstar gewartet, der das Image, die Performance, die Botschaften, die Sexyness und vor allem die Songs hat, um Stadien überall in der Welt zu füllen und mehrere Generationen von Musikfans vor der Bühne zu vereinen. Nach George Michael und Prince war es darum nicht besonders gut bestellt. Nun gibt es ihn: Der Brite Harry Edward Styles (28) gastierte mit seiner „Love On Tour“ am Sonntag im ausverkauften Volksparkstadion vor 50.000 überwiegend weiblichen Fans.
2010 hatte er an der britischen Castingshow „The X Factor“ teilgenommen und wurde Mitglied der dabei gegründeten Boyband One Direction. Seit 2017 ist er als Solokünstler unterwegs. Erst vor zwei Wochen hatte Styles seine erste Stadionshow in Glasgow gespielt, in Hamburg ist es die erste auf dem europäischen Festland. „Leuten wie mir passiert so was eigentlich nicht“, sagt er später am Abend. Ein Konzert wie ein Freudentaumel.
Ohrenbetäubend ist der Lärm, als Styles um 20.45 Uhr die Bühne betritt. Da, wo gerade noch Vogelgezwitscher und eine beruhigende Melodie vom Band zu hören waren, entlädt ein Stadion voller junger Frauen seine Entzückung mit grellem Kreischen. Totale Harrymania in Hamburg!
Holzperlenkette, T-Shirt mit gelben Kreisen: So war Harry Styles‘ Outfit in Hamburg
Er ist aber auch ein erfreulicher Anblick: Harry trägt ein weißes T-Shirt mit gelben Kreisen, dazu eine enganliegende Hose mit schwarzen Kreisen und eine gelbe Holzperlenkette, wie man sie an diesem Abend auch an vielen Hälsen im Publikum sieht. Längst ist auch er eine Stilikone. Es gibt ganze Seiten in den sozialen Netzwerken, die sich nur mit seinen ausgefallenen, oftmals androgynen Outfits beschäftigen, jeweils von Gucci auf den Leib geschneidert. Und Harry macht auch Hamburg bunt: So viele Federboas hat das Stadion noch nie gesehen! Väter tragen sie neben ihren Töchtern – ein rührender Anblick.
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„Music For A Sushi Restaurant“ ist wie auf „Harry’s House“, seinem neuen Album, der Eröffnungssong. Styles konzentriert sich auf den Gesang und wirkt noch etwas angespannt. Eingerahmt wird er von seiner in Rot eingekleideten, fein groovenden Band. Er würde damit die Frauenquote jedes Festivals anheben: Gleich drei seiner fünf Musiker sind (augenscheinlich) weiblichen Geschlechts, darunter die Drummerin. So geht das 2022! Harry nimmt den Sexismus aus dem Business.
Für „Golden“ hängt sich Harry die Akustikklampfe um, und die ganze Arena singt mit. Bei „Adore You“ macht sich Harry locker, sprintet das erste Mal über den rechteckigen Steg, flirtet mit den Menschen im Innenraum, kickt Herz-Luftballons und lässt die Hüften schwingen. Es macht so viel Freude, ihm dabei zuzusehen! Mitunter erinnern seine Gebärden an Ikonen wie Mick Jagger, Elvis und Freddie Mercury. Auf den XL-Leinwänden wird Harry auch gerne mal als Popart inszeniert.
Coming-Out, Schwangerschaft, Abtreibungs-Urteil: Harry Styles setzt Statements
„Ihr habt heute Abend nur einen Job: So viel Spaß zu haben wie möglich! Fühlt euch frei zu sein, wer ihr immer sein wolltet“, meint der Mann der Stunde. Harry’s House ist „Familyshow“ und Safe Space. Lisa hält ein Schild hoch mit den Worten „Help me come out please“. Harry macht für sie den Tanz mit der Regenbogenflagge, ruft „Freiheit für Lisa!“ und beglückwünscht sie zu ihrem sexuellen Coming-Out – was immer es auch sein möge. Für eine Schwangere öffnet Harry den Brief, der das Geschlecht ihres Kindes offenbart. „It’s a girl“, lässt er die Mutter wissen und sackt in die Knie vor Begeisterung. Ein ganzes Stadion applaudiert.
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Auf einem anderen Plakat steht „My body, my choice“ (zu Deutsch: „Mein Körper, meine Wahl“) als Reaktion auf das Abtreibungs-Urteil in den USA. Wie eine Trophäe trägt Harry das Schild über den Steg bis zur Bühne, wo er es ausstellt wie in einer Galerie. Styles ist der Prototyp eines neuen Männertyps in der Post-Me-Too-Ära. Den Rest erledigen seine fabelhaften Popsongs, die alles andere als von der Stange sind. Sein ermutigendes Stück „Matilda“, das er mit den Frauen seiner Band vorne am Steg darbietet, ist wie eine Anleitung zum Glücklichsein für Menschen aus schwierigen Familienverhältnissen. Harry singt davon, dass man sich trotzdem ein schönes Leben einrichten kann. Nicht das übliche Thema für einen Popsong!
Balladen und Polonaise-Tänze: Harry Styles macht alle glücklich
Tollen Harmonie-Gesang gibt es beim ironisch-bösen „Boyfriends“. Zu „Canyon Moon“ und „Treat People With Kindness“ sorgt er für Polonaise-Tänze im Stadion. Harry Styles macht alle glücklich! In der Zugabe noch mal besonders mit seinen drei größten Hits: Mit der Ballade „Sign Of The Times“ startete er 2017 als Solist durch. Zu „Watermelon Sugar“ präsentiert er noch mal jede Menge Style‘schen Hüftschwung, so dass es auf seine Frage „Es ist sehr, sehr warm in Hamburg, oder?“ eigentlich nur die Antwort geben kann: „Nein, du bist zu heiß, Harry!“ Bei „As It Was“, die Single, die ihn bis in die Stadien katapultierte, herrscht noch mal kollektives Ausflippen.
„Dankeschön, Hamburg! Auf Wiedersehen. Tschüs“, verabschiedet er sich mit ein paar Deutschbrocken und jeder Menge Luftküssen. A star is born. Harry Styles bleibt uns noch lange erhalten.