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Zahlen, Lockdowns, „Knuffelkontakt“: So läuft es bei unseren europäischen Nachbarn

Rom/Paris/Brüssel/Amsterdam/Prag/Wien –

Immer weiter steigende Zahlen, immer mehr Hiobsbotschaften: Die Corona-Lage in Europa wird dramatischer und eine Entspannung scheint nicht in Sicht. In fast allen 27 Mitgliedsstaaten der EU gelten mittlerweile harte Lockdowns und strenge Ausgangsbeschränkungen. Welche Maßnahmen haben unsere Nachbarländer wann eingeführt – und was haben sie damit erreicht? Ein Überblick.

Italien war während der ersten Welle im Frühjahr besonders hart von der Pandemie betroffen: Die Bilder von sterbenden Patienten auf Krankenhausfluren gingen um die Welt. Auch jetzt spitzt sich die Lage in dem Mittelmeerland wieder zu: In den vergangenen zwei Wochen wurden dort insgesamt 430.685 Neuinfektionen gemeldet. Vor allem auf den Intensivstationen sieht die Situation nicht gut aus: 3.000 der 7.600 Intensivbetten sind bereits belegt, in einigen Regionen sogar 70 Prozent der Betten.

Corona in Italien: Erneute Überlastung der Intensivstationen befürchtet

Am Mittwoch meldete das Gesundheitsamt, dass die Gesamtzahl der Infizierten nun über eine Millionen betrage – besonders dramatisch ist die Lage ganz im Norden und im Süden des Landes. Anders als im Frühjahr hatte Italien auf die zweite Welle nicht mit einem nationalen Lockdown reagiert, sondern auf regionale Strategien gesetzt, sodass verschärfte Maßnahmen nur in sogenannten „roten Zonen“ gelten.

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In Italien spitzt sich die Corona-Lage zu – ein Großteil der Intensivbetten ist bereits belegt.

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Dazu zählen im Moment die Lombardei mit ihrer Hauptstadt Mailand, das Piemont mit der Metropole Turin, das Aostatal und das süditalienische Kalabrien. Hier dürfen die Menschen ihr Haus nicht verlassen, wenn sie keinen triftigen Grund dafür haben. Am Sonntag will man über einen nationalen Lockdown entscheiden.

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Dramatische Lage: Frankreich weltweit am drittstärksten von Corona-Pandemie betroffen

Auch in Frankreich steigen die Corona-Zahlen besorgniserregend – trotz Lockdown. In dem Nachbarland sind inzwischen 4.750 der 6.000 Intensivbetten belegt. Weltweit ist Frankreich laut Johns-Hopkins-Universität das nach den USA und Indien am drittstärksten von der Pandemie betroffene Land. Mittlerweile müssen wieder Patienten aus den besonders stark betroffenen Regionen in deutsche Kliniken ausgeflogen werden.

Dabei befindet sich Frankreich seit dem 29. Oktober in einem harten Lockdown: Seitdem sind nur noch Geschäfte mit Gütern des „lebensnotwendigen Bedarfs“ geöffnet, gilt eine Home-Office-Pflicht, dürfen die Bürger das Haus nur für eine Stunde am Tag verlassen und sich innerhalb eines Radius von einem Kilometer um ihre Wohnung aufhalten. Private Treffen sind nur noch innerhalb der Kernfamilie erlaubt, in weiten Teilen des Landes gilt eine nächtliche Ausgangssperre.

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Mittlerweile werden wieder französische Corona-Patienten in deutsche Kliniken gebracht. In Frankreich ist die Lage besonders dramatisch.

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„Knuffelkontakt“ bleibt in Belgien trotz steigender Corona-Zahlen gestattet

Unser westlicher Nachbar Belgien geriet in den vergangenen Tagen immer wieder als europäische Land mit den meisten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in die Schlagzeilen. 113.572 neue Fälle kamen dort in den vergangenen 14 Tagen zusammen. Der Lockdown dort gilt aber auch erst seit dem 02. November: Seit diesem Tag gibt es weiten Teilen des Landes ab 22 Uhr eine Ausgangssperre und mussten die meisten Geschäfte schließen.

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Supermärkte dürfen nur noch Waren des täglichen Bedarfs anbieten, um faire Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten. Bars und Restaurants mussten in Belgien bereits Mitte Oktober schließen.  Weiterhin erlaubt bleibt der mittlerweile europaweit bekannte „Knuffelkontakt“: Es ist gestattet, eine weitere Person zuhause ohne die Einhaltung von Abstandsregeln zu empfangen. Singles dürfen sogar zwei „Knuffelkontakte“ haben – die aber nicht gleichzeitig zu Besuch sein dürfen.

Sinkende Zahlen: Niederlande erwägt Lockerung der Corona-Maßnahmen

Ein Land in Europa darf sich gerade über eine Entspannung der Corona-Lage freuen: Die Niederlande. Hier flacht die Kurve der Neuinfektionen ab und auch der Reproduktionsfaktor sank erstmals seit Juni unter den Wert 1.

In den Niederlanden gilt aber auch schon seit dem 14. Oktober ein Teil-Lockdown: Seitdem sind Kneipen, Bars und Cafes dicht, dürfen Supermärkte und andere Geschäfte ab 20 Uhr keinen Alkohol mehr verkaufen und die Menschen nur maximal drei Gäste pro Tag in ihrer Wohnung empfangen.

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Aufgrund der positiven Entwicklung der Situation erwägt man jetzt Lockerungen: So werden Mitte nächster Woche möglicherweise Kinos, Bibliotheken und Museen geöffnet und abendliche Ausgangssperren abgeschafft – die Restaurants bleiben aber bis Mitte Dezember geschlossen.

Überlastung der Intensivstationen: Österreich muss bald „nach Überlebenschancen“ entscheiden

Eine Überlastung der Intensivstationen erwarten Experten in Österreich: Sie glauben, dass in 14 Tagen nicht mehr alle Patienten versorgt werden können, sodass Ärzte Entscheidungen nach Priorität und Überlebenschancen treffen müssen.

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Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz: Weil die Zahl der Neuinfektionen in weiterhin so hoch ist, hat die Regierung eine Verlängerung der Corona-Maßnahmen verkündet.

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Am Mittwoch hatte es dort 7.514 Neuinfektionen gegeben. An selben Tag entschied man, die „Lockdown Light“- Maßnahmen in dem Land zu verlängern: Restaurants, Hotels, Sport- und Kultureinrichtungen bleiben geschlossen, nach 20 Uhr gilt eine nächtliche Ausgangssperre.

Trotz Lockdown keine Entspannung der Corona-Lage in Tschechien

Auch in Tschechien gibt es seit dem 22. Oktober einen landesweiten Lockdown mit Ausgangssperre: Hier dürfen die Menschen ihre Wohnung nur für den Weg zur Arbeit, zu Familienmitgliedern, zum Arzt, Einkaufen, Spazierengehen und Sport im Freien verlassen.

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Mit ihren Maßnahmen hatten die Osteuropäer jedoch deutlich weniger Erfolg: Die Zahl der Neuinfektionen ist weiterhin hoch, lag am 04. November sogar bei über 15.000. Bei der 14-Tage-Inzidenz steht Tschechien seit Wochen an der Spitze der EU.

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