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  • Recep Tayyip Erdoğan will am liebsten ein alkoholfreies Land.
  • Foto: dpa/XinHua

Strikte Maßnahme im Lockdown: So will Erdoğan seinem Land den Alkohol austreiben

Ankara –

Seit Wochen kämpft die Türkei mit extrem hohen Corona-Zahlen, am Dienstag lag die offizielle Zahl der Neuinfektionen bei rund 43.000 Fällen täglich. Um die Pandemie in den Griff zu kriegen, hat Präsident Erdoğan sein Land seit Donnerstag in einen 17-tägigen Lockdown geschickt. Doch offenbar nutzt er die Corona-Maßnahme auch, um seinen alten Feind, den Alkohol, den Türk:innen weiter auszutreiben. Kritik kommt von vielen Seiten. 

Seit Donnerstag schließen ab 19 Uhr alle für den Grundbedarf nicht nötigen Geschäfte in der Türkei. Die Menschen dürfen dann nur noch aus triftigen Gründen wie etwa zum Einkaufen auf die Straße. Besonders knallhart: Alle Betriebe, die keine Ausnahmegenehmigung haben, müssen schließen. Bereits seit Beginn des Fastenmonats Ramadan Mitte April mussten wegen der bedrohlichen Corona-Lage Cafés und Restaurants schließen und auf Lieferservice umstellen.

Erdoğans Alkoholverbot sorgt für Protest-Welle in den sozialen Medien

Doch es sind nicht die Ausgangssperren, die die meisten Türk:innen in diesen Tagen auf die Palme bringen – sondern eine weitere Anordnung des Präsidenten: Während des fast dreiwöchigen Lockdowns ist der Verkauf von Alkohol im ganzen Land verboten. Bereits im Vorfeld gab es scharfe Kritik dazu, in den sozialen Medien bildete sich großer Protest.

Unter dem Hashtag #alkolumedokunma, was so viel wie „Finger weg von meinem Alkohol“ bedeutet, posteten vor allem junge Menschen demonstrativ Fotos von sich mit Alkohol. Für Regierungskritiker und Oppositionspolitiker ist die Sache klar: Durch das Alkoholverbot will Erdoğan die Islamisierung von Staat und Gesellschaft weiter vorantreiben. Denn für viele gläubige Muslime und Muslima ist Alkohol tabu. 

Türkischer Präsident verbannt Alkohol seit Jahren 

Beobachter vermuten, er wolle die Reaktionen auf das Verbot testen – um dann wohlmöglich später mit seiner konservativ-muslimischen Partei AKP ein dauerhaftes Anti-Alkohol-Gesetz durchzusetzen. Oppositionspolitiker Veli Agbaba sagt: Der Alkoholbann sei „rein ideologisch“. Die türkische Journalistin Nevsin Mengü schrieb auf Twitter: „Das ganze Land darf keinen Alkohol trinken, weil der Präsident ihn nicht mag – absolut lächerlich!“

Etwas übertrieben wirkt er schon, Erdoğans Anti-Alkohol-Kampf. Wie das „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (RND) berichtet, wird seit Jahren Bier, Wein, Raki & Co. aus der öffentlichen Wahrnehmung verbannt, Werbung für alkoholische Getränke ist seit 2013 verboten. In türkischen Filmen und TV-Serien ist von Alkohol auch schon lange keine Spur mehr.

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Aber auch im alltäglichen Leben sieht es in der Türkei schlecht aus für Hochprozentiges: Die Behörden gehen bei der Vergabe von Konzessionen für den Verkauf und Ausschank von Alkohol sehr restriktiv vor. So gibt es in vielen Restaurants und Läden weder Bier noch Wein. Außerdem: Die AKP erhöht die Steuern auf alkoholische Getränke immer weiter und weiter – wovon das meiste dann anschließend in die Staatskassen fließt. Aber kann man sein Volk wirklich zur Abstinenz erziehen? (alp)

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