• Die Corona-Pandemie macht vielen Menschen psychisch zu schaffen (Symbolbild).
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Expertin schlägt Alarm: Corona-Pandemie verschärft eine bestimmte Sucht dramatisch

Wuppertal –

Ob die Langeweile zu Hause oder die niedrigere Gefahr, mit einem Kater im Homeoffice aufzufallen: Viele Menschen trinken gerade während des Lockdowns gerne mal ein Gläschen mehr. Doch es kann auch schnell gefährlich werden. Eine Forsa-Erhebung vom Oktober hat ergeben: Etwa ein Viertel der Menschen mit ohnehin problematischem Alkoholkonsum trinkt seit Corona noch mehr. Auch in den Suchtberatungsstellen wächst der Bedarf mit zunehmender Kontaktarmut, Sorge um den Job und Zukunftsangst. Eine Sozialtherapeutin berichtet.

Monat für Monat steigen die Anfragen in der Zeit der Pandemie, berichtet Sozialtherapeutin Fabienne Kroening von der Suchtberatung des Blauen Kreuzes in Wuppertal. „Wir haben viele Neuaufnahmen. Eine ganze Reihe Menschen hat sich erstmals bei uns gemeldet. Und manche Klienten, die wir sonst alle zwei Wochen sehen, wollen uns jetzt in jeder Woche zwei-, dreimal sprechen.“  Unzählige seien in der Corona-Krise aus dem Gleichgewicht geraten.

Kroening: „Viele betäuben ihre Überforderung mit Alkohol“

Die Probleme der Hilfesuchenden wachsen. Unter den Klienten seien alle Gruppen und Berufe vertreten. Auffallend unter den Frauen: Viele üben helfende Tätigkeiten aus, etwa als Krankenschwestern, wie Kroening beobachtet. Sie stellten eigene Bedürfnisse lange hintan und betäubten ihre Überforderung dann mit Alkohol. 

„Viele haben sich zurückgezogen, sind einsam, haben nicht das Glück, eine Familie oder eine Arbeit zu haben“, so Kroening. Kultureinrichtungen, Büchereien, manche Tafeln, Sportvereine waren oder sind nun erneut geschlossen. „Soziale Kontakte fallen weg“, erzählt sie. „Viele alkoholkranke Menschen stecken in den eigenen vier Wänden fest.“  Für manche ein rotes Tuch. „Eigentlich sind sie am liebsten draußen unterwegs, suchen Ablenkung, brauchen einen strukturierten Tagesablauf.“ Das wackele seit Monaten. Existenzängste und Perspektivlosigkeit wüchsen.

In Beratungstellen fehlt es an Personal

Für ihre oft verzweifelte Klientel sei die nahende dunkle Jahreszeit zusätzlich kritisch. Der Arbeitsaufwand der Suchtberatung wachse stark, es fehle Personal. Beratungsstellen befürchteten Mittelkürzungen.

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Kroening weiß: „Alkoholabhängigkeit ist eine chronische Erkrankung.“ Sie gehe nicht weg, aber man könne sie in den Griff bekommen. Die Beratungsstellen wollten Halt geben. „Unsere größte Sorge wäre, wenn wir diese Hilfe aus finanziellen Gründen nicht mehr anbieten könnten.“

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