Hilfe, mein Arzt leugnet Corona! So viele Schwurbler-Ärzte gibt es in Hamburg
Folgendes Szenario: An der Tür beim Hausarzt hängt ein Zettel: „Ich werde nicht mehr gegen Corona impfen.“ Warum? „Weil die neuesten Zahlen zeigen, dass die Impfung mit erheblich mehr Nebenwirkungen belastet ist, als bisher angenommen. Zudem ist sie gegen die Mutation (z. B. Delta oder Omikron) wirkungslos.“ Ein Einzelfall ist das nicht. Wie groß das Problem in der Ärzteschaft in Hamburg und Norddeutschland ist, warum es das Vertrauen in die Medizin nachhaltig schädigt und was Patienten in einem solchen Fall tun können.
Der Zettel hängt tatsächlich an einer Praxistür im schleswig-holsteinischen Wentorf bei Hamburg. Was dort steht, ist nicht richtig: Die Impfung schützt vor schweren Krankheitsverläufen und Tod, das ist eine mittlerweile wissenschaftlich gesicherte Erkenntnis. Und trotzdem gibt es sie nicht nur in dieser Praxis in Wentorf: Ärzte, die Corona leugnen oder verharmlosen. Sie erklären ihre Praxen zu maskenfreien Zonen oder geben Falschinformationen zur Impfung heraus, sie treten bei Corona-Demos auf und stellen gefälschte Impfpässe aus.
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Folgendes Szenario: An der Tür beim Hausarzt hängt ein Zettel: „Ich werde nicht mehr gegen Corona impfen.“ Warum? „Weil die neuesten Zahlen zeigen, dass die Impfung mit erheblich mehr Nebenwirkungen belastet ist, als bisher angenommen. Zudem ist sie gegen die Mutation (z. B. Delta oder Omikron) wirkungslos.“ Ein Einzelfall ist das nicht. Wie groß das Problem in der Ärzteschaft in Hamburg und Norddeutschland ist, warum es das Vertrauen in die Medizin nachhaltig schädigt und was Patienten in einem solchen Fall tun können.
Der Zettel hängt tatsächlich an einer Praxistür im schleswig-holsteinischen Wentorf bei Hamburg. Was dort steht, ist nicht richtig: Die Impfung schützt vor schweren Krankheitsverläufen und Tod, das ist eine mittlerweile wissenschaftlich gesicherte Erkenntnis. Und trotzdem gibt es sie nicht nur in dieser Praxis in Wentorf: Ärzte, die Corona leugnen oder verharmlosen. Sie erklären ihre Praxen zu maskenfreien Zonen oder geben Falschinformationen zur Impfung heraus, sie treten bei Corona-Demos auf und stellen gefälschte Impfpässe aus.
Auch die Hamburger „Ärzte für Aufklärung“ – zu denen Walter Weber, Olav Müller-Liebenau und Heiko Schöning gehören – zählen zu dieser kleinen Gruppe. Sie treten auch auf Demonstrationen der Corona-Leugner auf und verbreiten Skepsis an der Wirksamkeit der Impfung. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hält die Aussagen der „Ärzte für Aufklärung“ für „gefährlich“ und für Verschwörungsmythen. Auch verschiedene Ärztekammern der Bundesländer haben sich bereits öffentlich von den Schwurbel-Ärzten distanziert.
Vertrauen in Ärzteschaft nachhaltig gestört
„Die besondere, vertrauensvolle Position des Arztes, die im Gespräch so wichtig ist und dem Patienten viel Kraft schenken kann, wird durch die unhaltbaren Äußerungen eines verschwindend kleinen Teils der Ärzteschaft nachhaltig gestört“, sagt der Kammerpräsident aus Schleswig-Holstein, Prof. Henrik Herrmann. Einzelne Ärzte trügen nicht nur dazu bei, die Bevölkerung zu verunsichern, sondern können mit Falschaussagen auch die Gesundheit von Menschen aufs Spiel setzen. „Diese Handvoll Ärzte fällt zudem denjenigen Kolleginnen und Kollegen in den Rücken, die täglich im direkten Patientenkontakt versuchen, Überzeugungsarbeit zu leisten und das Schlimmste zu verhindern“, sagt Herrmann.
Schwurbel-Ärzte: Beschwerde bei der Ärztekammer
Wenn Ärzte schwurbeln, kann man Beschwerde bei der Ärztekammer einlegen. Aber was passiert dann? Wentorf liegt in Schleswig-Holstein, deswegen ist die dortige Ärztekammer zuständig. Eine Beschwerde gegen den Arzt, der nicht impft, ist dort bereits eingegangen. Alle eingehenden Beschwerden werden geprüft. Dann wird entschieden, ob eine berufsrechtliche Prüfung eingeleitet wird.
In Schleswig-Holstein vertritt die Ärztekammer knapp 16.000 Ärzte. Die Zahl der Prüfverfahren im Zusammenhang mit der Corona-Krise liegt im niedrigen zweistelligen Bereich. Eine genaue Statistik werde nicht geführt, sagt der Sprecher der Ärztekammer, Stephan Göhrmann.
Auch die Ärztekammer Niedersachsen ermittelt gegen knapp 50 ihrer 43.000 Mitglieder im Zusammenhang mit Corona-Leugnungen oder dem Ausstellen falscher Atteste, wie ein Sprecher mitteilte.
Corona: Viele Beschwerden bei Hamburger Ärztekammer eingegangen
In der Hamburger Ärztekammer hat man sich in den zurückliegenden zwei Jahren mit einer großen Anzahl von Beschwerden gegen einige Ärztinnen und Ärzte im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie befasst, sagt ihr Sprecher Sebastian Franke der MOPO. Wie viele genau kann man aber auch in Hamburg nicht sagen. Rund 700 Beschwerden seien im Jahr 2021 eingegangen – wie viele davon mit Corona in Zusammenhang stehen, wird nicht aufgeführt. Aber man sei in vielen Fällen berufsaufsichtsrechtlich tätig geworden, so Franke. Insgesamt zählt die Hamburger Ärztekammer knapp 17.000 Mitglieder.
Für die Approbation, also den Entzug der Berechtigung, als Arzt zu arbeiten, ist in Hamburg die Sozialbehörde zuständig. Diese ist momentan mit der Prüfung von zwei Fällen befasst, in einem Fall davon ist ein Verfahren zum Entzug der Approbation bereits in Gang gesetzt.
Ein Widerruf der Approbation ist ein langwieriges Verfahren. Es wird von den Sozialämtern dann bemüht, wenn sich Ärzte eines Verhaltens schuldig machen, aus dem sich ihre Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit ergibt, den Arztberuf auszuüben.
Soll ich meinen Arzt wechseln?
Klar ist: Mediziner, die offen und auf Demos gegen die Hygieneregeln ankämpfen, sind eine Minderheit. Aber sie sind laut. Und sie stellen Patienten vor schwierige Situationen. Einen neuen Arzt zu finden, das kann schwierig sein.
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Grundsätzlich sei für es eine gute Behandlung aber wichtig, dass ein Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient bestehe. „Wenn das nicht mehr gegeben ist oder wenn sich Patienten mit ihrem Arzt unwohl fühlen, sollten sie sich einen anderen Arzt suchen“, empfiehlt Sebastian Franke von der Hamburger Ärztekammer. Und gegebenenfalls sollte man dann auch die jeweilige Ärztekammer über ein mögliches Fehlverhalten informieren.