Mutter tot, Vater in Haft: Kreis will traumatisierte Kinder einfach abschieben
Am 14. Oktober 2022, als sich das Leben von vier Kindern (2, 4, 8 und 12) in Bad Schwartau bei Lübeck schlagartig änderte: Sie mussten mit ansehen, wie ihr 45-jähriger Vater ihre Mutter (37) im gemeinsam betriebenen Imbiss totschlug. Seit diesem Tag leben die Kinder in Pflegefamilien. Doch der Kreis Ostholstein will sie nun abschieben – ausgerechnet zur Familie ihres Vaters.
Am 14. Oktober 2022 endete das Leben, wie sie es bisher kannten, für vier Kinder (2, 4, 8 und 12) schlagartig: Sie mussten mit ansehen, wie ihr 45-jähriger Vater ihre Mutter (37) im gemeinsam betriebenen Imbiss in Bad Schwartau totschlug. Seit diesem Tag leben die Kinder in Pflegefamilien. Doch der Kreis Ostholstein will sie nun abschieben – ausgerechnet zur Familie ihres Vaters.
Ehestreitigkeiten sollen der Grund für die grausame Tat gewesen sein. Der vietnamesische Familienvater wurde zu zehn Jahren Haft wegen Totschlags verurteilt. Die Kinder kamen in drei Pflegefamilien unter.
„Sie entwickeln sich gut, sprechen sich oft ihre Trauer von der Seele“, schreibt Pflegevater Matthias Steinebach, der mit den anderen Pflegeeltern auf der Petitionsplattform „change.org“ Unterschriften sammelt. Wofür? Um gegen die Entscheidung des Kreises Ostholstein vorzugehen, die Kinder nach Vietnam abzuschieben – zur Familie ihres Vaters. Die „Lübecker Nachrichten“ (LN) berichteten zuerst über den Fall.
Kreis Ostholstein will Kinder nach Vietnam abschieben
Das Ziel der Rückführung sei es, „dass die Kinder mit ihren Familien leben und bei ihnen, ihrem kulturellen Hintergrund entsprechend, aufwachsen“, sagt der ostholsteinische Landrat Timo Gaarz (CDU) den LN. Auch die Familie in Vietnam sei an der Rückführung der Kinder interessiert.
„Die beteiligten Behörden des Kreises Ostholstein haben den Fall gemeinsam geprüft und abgewogen“, antwortet die Pressesprecherin des Landrats auf eine Anfrage der MOPO. Dabei habe man ausländerrechtliche Fragen ebenso bewertet wie Fragen des Kinderschutzes und des Kindeswohls.
Zudem habe man die geplante Abschiebung gemeinsam mit einer Organisation der Vereinten Nationen „detailliert vorgeprüft“, so die Sprecherin gegenüber der MOPO. „Die Lebensverhältnisse der Familie sind vor Ort in Augenschein genommen worden.“
Das Ergebnis: „Der Kreis Ostholstein hat beim Familiengericht die Genehmigung der Rückführung beantragt“ – die Kinder sollen zu der Familie des Mannes, der ihre Mutter totgeschlagen hat.

Die Pflegeeltern kritisieren indes eine Missachtung des Kindeswohls. Die Kinder seien „voll integriert“, sprächen perfekt Deutsch und kaum bis kein Vietnamesisch mehr, steht in der Petition, die bis Montag bereits mehr als 10.000 Menschen unterzeichnet haben. Außerdem besteht die Sorge, dass der Vater sich nach dem Verbüßen seiner Haftstrafe der Kinder wieder annehmen könnte.
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Cornelia Möhring, Bundestagsabgeordnete der Linken aus Schleswig-Holstein, hingegen fordert: „Das Kindswohl muss immer im Vordergrund staatlicher Entscheidungen stehen, nicht das Aufenthaltsrecht. Hier muss von höchster Stelle neu geprüft werden.“
Auch sei zu bezweifeln, dass im Sinne der Mutter entschieden wird, wenn ihre Kinder der Familie des Vaters übergeben werden, so Möhring. Laut LN sei für Mittwoch ein Treffen zwischen dem Landrat und allen weiteren Beteiligten geplant, um die Entscheidung erneut zu besprechen.