Wegen schwacher Leistungen: Was sich für Hamburgs Schüler ändern wird
Die Zahl der Klausuren an Hamburger Oberstufen hat sich in den vergangenen 15 Jahren halbiert: Es sind inzwischen pro Halbjahr drei Klassenarbeiten in Deutsch, zwei in Mathematik und den Fremdsprachen sowie eine Klassenarbeit in den übrigen Fächern vorgeschrieben. Die fehlenden Übung im Verfassen von eigenen Texten hat fatale Folgen: Abiturienten starten mit abenteuerlicher Rechtschreibung in die Ausbildung oder das Studium. An vielen Hamburger Schulen werden noch nicht einmal diese wenigen schriftlichen Leistungsnachweise eingefordert. Zumindest damit soll jetzt Schluss sein.
- Deutsch (Deutschland)
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Hamburgs Schülerinnen und Schüler schreiben zu wenige Klausuren, damit soll jetzt Schluss sein: Schulsenator Ties Rabe (SPD) stellt Entwürfe für die neuen Hamburger Lehrpläne vor. Auch für die Lehrkräfte soll sich einiges ändern: Statt schwammiger „Kompetenzvermittlung“ gibt es nun auch wieder verbindliche Inhalte, die die Schüler lernen sollen.
Die Zahl der Klausuren an Hamburger Oberstufen hat sich in den vergangenen 15 Jahren halbiert: Es sind inzwischen pro Halbjahr drei Klassenarbeiten in Deutsch, zwei in Mathematik und den Fremdsprachen sowie eine Klassenarbeit in den übrigen Fächern vorgeschrieben. Hamburg steht damit nicht alleine: In vielen Bundesländern geht der Trend weg von Klassenarbeiten.
An vielen Hamburger Schulen werden aber nicht einmal diese wenigen schriftlichen Leistungsnachweise eingefordert: „In der Praxis werden oft Klausurenersatzleistungen angeboten“, so Ties Rabe: „Etwa Referate oder Powerpoint-Vorträge.“
Hamburg: Schüler sollen mehr Klausuren schreiben
Wer diese „Klausurersatzleistungen“ tatsächlich vorbereitet hat, ob die Schülerin, oder vielleicht doch die Eltern, ist nicht zu überprüfen. Der Schulsenator zu seinem Entwurf: „In Zukunft sollen die wenigen vorgeschriebenen Klausuren auch tatsächlich geschrieben werden.“
Die fehlenden Übung im Verfassen von eigenen Texten hat fatale Folgen: Abiturienten starten mit abenteuerlicher Rechtschreibung in die Ausbildung oder das Studium. Oder wie der Senator sagt: „Hamburger Schülerinnen und Schüler haben Schwächen im Bereich der schriftlichen Leistungen, die sich immer wieder in den Abschlussprüfungen zeigt.“
Warum die Zahl der Klausuren dann nicht wieder erhöht wird? „Klausuren werden als besonders stressige Ausnahmesituationen empfunden“, so Rabe: „Das muss man respektieren.“
Trotzdem, so räumt der Schulsenator ein, bleibe ein Unbehagen: „Hamburgs Schüler lernen, dass mündliche Beteiligung wichtiger ist als schriftliche Leistungen. Das benachteiligt kluge Kinder und Jugendliche, die nicht so selbstbewusst sind, sich oft zu melden.“
Schriftliche Noten sollen wichtiger werden
Denn: Auch in die Zeugnisnoten fließt die mündlichen Leistung bisher stärker ein als die schriftliche, ungefähr im Verhältnis 60/40. In Zukunft, so sieht es der Entwurf der Schulbehörde vor, sollen die Klausurnoten in Hauptfächern gleichwertig eingerechnet werden.
Zwei Klausuren per Halbjahr sollen auch digital geschrieben werden. In welcher Form das passiert, sollen die Schulen selbst entscheiden. „Da könnten etwa digitale Kunstwerke oder Musikstücke entstehen, da sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt.“
Aber nicht nur für die Schülerinnen und Schüler soll sich viel ändern, auch Hamburgs Lehrkräfte sollen mehr inhaltliche Vorgaben in den Bildungsplänen bekommen.
Neue Lehrpläne in Hamburg: Das ändert sich für Lehrkräfte
Bisher ging es vorrangig um schwammige „Kompetenzvermittlung“, jetzt sollen die Anweisungen klarer werden: „Welche Inhalte vermittelt werden, lag weitgehend in der Beliebigkeit der Schulen und Lehrkräfte“, so Rabe: „Mit der Folge, dass Schülerinnen und Schüler sich selbst bei einem Schulwechsel innerhalb Hamburgs ganz anderen Inhalten gegenüber sahen.“
2019 hatte die Bürgerschaft die Schulbehörde aufgefordert, die Hamburger Bildungspläne zu überarbeiten. Auch Eltern hatten immer wieder auf einheitliche Lehrpläne gedrängt: An einigen Schulen würden, so die Klagen, die Kinder mit Lehrstoff regelrecht „zugeschüttet“, während andere Eltern sich sorgten, dass ihre Kinder nicht genügend lernten. Der Entwurf sieht nun Mindeststandards für jedes Fach und jede Altergruppe vor, die die Lehrkräfte trotz großer Spielräume abdecken müssen.
Der Entwurf des Senators soll nun von allen Gremien diskutiert werden, von Schulgemeinschaften, Lehrer-, Eltern- und Schülerkammer. Wenn alle sich einig werden, könnten die neuen Vorgaben bereits im Schuljahr 2002/23 verbindlich eingeführt werden.