Veto in Ottensen, Quatsch-Planung in der City: Riesen-Empörung über Denkmalschutz
Mehr Bäume – ja! Mehr Platz für Fußgänger und Radfahrer – ja! Aber bitte nicht so und bitte nicht hier. Gleich zwei großen Hamburger Bauprojekten schiebt der Denkmalschutz derzeit einen Riegel vor: Das betrifft sowohl den aktuell noch als Parkplatz genutzten Burchardplatz in der Innenstadt als auch das umstrittene Vorzeige-Projekt „freiRaum Ottensen“, das einige Straßen in dem Stadtteil autoarm machen will. Das Resultat könnten eine überhitzte Steinwüste in der City und verwirrende Gehwege in Ottensen sein – das Gegenteil moderner Stadtplanung. Was ist da los?
Mehr Bäume – ja! Mehr Platz für Fußgänger und Radfahrer – ja! Aber bitte nicht so und bitte nicht hier. Gleich zwei großen Hamburger Bauprojekten schiebt der Denkmalschutz derzeit einen Riegel vor: Das betrifft sowohl den aktuell noch als Parkplatz genutzten Burchardplatz in der Innenstadt als auch das umstrittene Vorzeige-Projekt „freiRaum Ottensen“, das einige Straßen in dem Stadtteil autoarm machen will. Das Resultat könnten eine überhitzte Steinwüste in der City und verwirrende Gehwege in Ottensen sein – das Gegenteil moderner Stadtplanung. Was ist da los?
Der Burchardplatz heute: Ein von wenigen Bäumen beschatteter Parkplatz, davor das 1922 bis 1924 von Fritz Höger errichtete Chilehaus. Es gilt in der Architektur als Ikone des Expressionismus und ist seit 2015 gemeinsam mit der Speicherstadt Weltkulturerbe der UNESCO. Um diesen Status nicht zu gefährden, sah der Siegerentwurf für den Burchardplatz ursprünglich „die Fällung sämtlicher Bäume (…) vor, um wieder nah an den Originalzustand aus den 20er Jahren zu kommen“, heißt es in einer Mitteilung des Senats.
Burchardplatz: Hier soll ein kahler Ort ohne Bäume entstehen
Original wie in den 1920ern oder anders ausgedrückt: eine Steinwüste ohne Bäume. Nachdem auch Teile der Jury das kritisierten, sollen jetzt vier Bäume stehen bleiben. Immer noch viel zu wenig, finden Hamburgs Parteien, die die Pläne ungewohnt geeint kritisieren.

„Den Erhalt der Bestandsbäume halte ich angesichts der Klimaerwärmung in einer steingeprägten Stadt für viel zu wenig. Wenn im Sommer Temperaturen in Richtung 40 Grad zu erwarten sind, sind klimaanpassende Maßnahmen am Burchardplatz ein Gebot der Stunde“, sagte der grüne Bürgerschaftsabgeordnete Olaf Duge und auch SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf will die Ergebnisse überarbeiten lassen.
Warum sollen am Burchardplatz nicht mehr Bäume hin?
Dass SPD und Grüne die Pläne ihrer eigenen Verwaltung derart deutlich kritisieren ist ungewöhnlich, aber das in der Kulturbehörde angesiedelte Denkmalschutzamt bleibt hart: Laut Oberbaudirektor Franz-Josef Höing ist es notwendig, von der Steinstraße eine freie Sichtachse auf den historischen Torbogen des Chilehauses zu haben. Bäume und anderes Grün könnten diesen UNESCO-Blick gefährden.

Im Stadtteil Ottensen im Bezirk Altona geht es währenddessen nicht um Sichtachsen, dafür aber um komplizierte Verkehrsplanung: Dort soll es weniger Autos, dafür mehr Platz für Fußgänger und das Rad geben. Die Bahrenfelder Straße und die Ottenser Hauptstraße werden dafür komplett umgebaut. Erst vor ein paar Wochen wurden die Entwürfe nach vielen Workshops und Gerichtsverfahren endlich vorgestellt.
Ottenser Hauptstraße: Denkmalschutz steht Plänen im Weg
Doch jetzt bremst der Denkmalschutz auch hier überraschend die Pläne: Die Fahrbahn in der Ottenser Hauptstraße dürfe nicht verkleinert werden. „Im Detail geht es um den Abschnitt zwischen den Hausnummer 40 und 54, die zusammen mit dem Straßenraum als Ensemble unter Denkmalschutz stehen“, erklärt Holger Sülberg von den Altonaer Grünen. „Deshalb könnten Stand jetzt davor und danach die Gehwege verbreitert werden – auf diesem Abschnitt aber leider nicht.“
Ein einheitliches Straßenbild sieht anders aus. „Wir als Bezirksversammlung haben die Kulturbehörde gebeten, bitte noch einmal in sich zu gehen“, sagt Sülberg. „Klar, Denkmalschutz darf nicht beliebig werden, aber in diesem Fall müssen alle Spielräume ausgereizt werden, um die Situation für Fußgänger zu verbessern“, sagt er. Die Gespräche dazu laufen laut Kulturbehörden-Sprecher Enno Isermann derzeit, die Planungen seien in der Prüfung. Heißt: Das letzte Wort ist hier noch nicht gesprochen.
Ausgleichspflanzungen für die Bäume am Burchardplatz
Schlecht sieht es wohl aber für den Buchardplatz aus. Über den Schutz des Chilehaus-Welterbes müsse die Stadt eben gegenüber der UNESCO Rechenschaft ablegen, betont Isermann. „Neue dauerhafte Baumpflanzungen (…) würden sicherlich nicht die Zustimmung der UNESCO bekommen.“
Als Ausgleich würden in der Burchardstraße West sowie am „Platz ohne Namen“ südlich des Sprinkenhofs Bäume gepflanzt sowie ein Wasserspiel installiert. „Das Denkmalschutzamt wird die Stadtentwicklung weiter konstruktiv begleiten und sich auch weiteren guten Ideen nicht verschließen“, verspricht Isermann. Wer bei Hitze allerdings in Hamburg Abkühlung sucht, wird diese wohl auch in Zukunft nicht auf dem Burchardplatz finden.