Schimmel, Kot und Verfall: Unser Leben im Schrott-Kaufhaus
Schimmel, ein kaputter Fahrstuhl und jede Menge Taubenkot: Mit Jutta Asmussen möchte man nicht Wohnungen tauschen. Seit 45 Jahren lebt die Rentnerin schon in einer Wohnung über dem Einkaufszentrum Steilshoop – und mindestens genauso lange wurde in dem Haus nichts renoviert. Langsam, aber sicher hat sich ihr Zuhause in ein Ekel-Haus verwandelt. Der neue Geschäftsführer hat große Pläne und will Abhilfe schaffen, doch das kann noch lange dauern.
Schimmel, ein kaputter Fahrstuhl und jede Menge Taubenkot: Mit Jutta Asmussen möchte man nicht Wohnungen tauschen. Seit 45 Jahren lebt die Rentnerin schon in einer Wohnung über dem Einkaufszentrum Steilshoop – und mindestens genauso lange wurde in dem Haus nichts renoviert. Langsam, aber sicher hat sich ihr Zuhause in ein Ekel-Haus verwandelt. Der neue Geschäftsführer hat große Pläne und will Abhilfe schaffen, doch das kann noch lange dauern.
In Jutta Asmussens Wohnung im Schreyerring 8 kommt man entweder über das Einkaufszentrum Steilshoop oder über einen separaten Eingang. Dieser ist schon mal nichts für Weicheier: Eine dicke Schicht Taubenkot bedeckt den Boden vor der Tür. Die Abfallcontainer ein Stück daneben sind hoffnungslos überfüllt, Vögel haben sich bereits an dem Müll zu schaffen gemacht. Wenn Asmussen Besuch erwartet, muss sie aus dem sechsten Stock ins Erdgeschoss fahren, um die Tür zu öffnen: Der Summer funktioniert nicht mehr.
So lebt es sich über dem Hamburger Ekel-Einkaufszentrum
Auch der Fahrstuhl wirkt so, als würde er jeden Moment den Geist aufgeben: Klein, klapprig, kein Spiegel und das Licht flackert. Auf dem Boden liegt eine Zigarettenkippe. „Das ist noch nicht mal das Schlimmste. Viele Nachbarn werfen ihre Müllbeutel in den Flur, weil sie zu faul sind, runterzufahren. In der Wohnung schimmelt es“, sagt die 71-Jährige, die sich um ihren pflegedürftigen Mann kümmern muss. Er ist seit einem Herzstillstand vollständig auf ihre Hilfe angewiesen. Ein Großteil ihrer Rente geht für die 822,50 Euro Miete drauf, die die 82 Quadratmeter große Wohnung jeden Monat kostet.
Das Einkaufszentrum Steilshoop mit den 188 Wohnungen darüber und den 32 Wohnungen in dem Ärztehaus daneben wurde 2021 von der Rendsburger HJD Verwaltungs GmbH übernommen. EKZ-Geschäftsführer Mike Hemmerich sagt: „Wir tun hier schon, was wir können. An diesem Einkaufszentrum wurde seit 50 Jahren nichts gemacht und genauso sieht es auch aus. Momentan sind wir mit Instandhaltung beschäftigt.“
- Florian Quandt Der Müll aus den Wohnungen – sofern er es überhaupt nach unten schafft – wird von Vögeln zerpickt.
Der Müll aus den Wohnungen – sofern er es überhaupt nach unten schafft – wird von Vögeln zerpickt. - Patrick Sun In der Wohnung schimmelt es.
In der Wohnung schimmelt es. - Patrick Sun Über dem EKZ Steilshoop befinden sich zahlreiche Wohnungen.
Über dem EKZ Steilshoop befinden sich zahlreiche Wohnungen. - Patrick Sun Der Kamin in Asmussens Wohnung durfte von Anfang an nicht genutzt werden.
Der Kamin in Asmussens Wohnung durfte von Anfang an nicht genutzt werden. - Patrick Sun Jutta Asmussen (71) und Ehemann Helmut (71) leben seit 45 Jahren über dem EKZ.
Jutta Asmussen (71) und Ehemann Helmut (71) leben seit 45 Jahren über dem EKZ.
Allein die Wiederherstellung des Brandschutzes habe mehrere zehntausend Euro gekostet. Hinzu kommen die Kosten für fast wöchentliche Wasserrohrbrüche und die regelmäßigen Fahrstuhlreparaturen. „Irgendjemand macht sich einen Scherz daraus, gegen die Türen zu treten. Deshalb fällt momentan jede Woche einer der beiden Fahrstühle aus. Für die Menschen im zehnten Stock ist das weniger lustig“, sagt EKZ-Sprecher Harm Dallmeyer.
Das wird man im Einkaufszentrum Steilshoop mal finden
Helmut und Jutta Asmussen glauben daran, dass die neue Verwaltung die Zustände in dem Haus ernsthaft verbessern will. Nur wann? Laut Bezirksamt Wandsbek wird im Herbst ein Architektenwettbewerb zur Neugestaltung des Einkaufszentrums samt den Wohnungen darüber starten. Ob es einen Abriss oder eine Kernsanierung geben wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch völlig offen. Im Frühjahr wird eine Jury, in der auch Bewohner von Steilshoop sitzen, einen Entwurf auswählen. Doch eh das Gebäude fertig ist, kann es bis in die 30er dauern.
- Florian Quandt Das Einkaufszentrum Steilshoop wurde seit 50 Jahren nicht erneuert.
Das Einkaufszentrum Steilshoop wurde seit 50 Jahren nicht erneuert. - Florian Quandt Trostlos: Die meisten Geschäfte im EKZ stehen leer.
Trostlos: Die meisten Geschäfte im EKZ stehen leer. - Florian Quandt Center-Manager Mike Hemmerich (re) und Pressesprecher Harm Dallmayer wollen das Einkaufszentrum wieder auf Vordermann bringen.
Center-Manager Mike Hemmerich (re) und Pressesprecher Harm Dallmayer wollen das Einkaufszentrum wieder auf Vordermann bringen. - Florian Quandt Taubenkot und anderer Dreck prägen das Bild im Einkaufszentrum.
Taubenkot und anderer Dreck prägen das Bild im Einkaufszentrum. - Florian Quandt Die Tauben haben im EKZ ein Zuhause gefunden.
Die Tauben haben im EKZ ein Zuhause gefunden. - Florian Quandt Das Ärztehaus mit den 32 Wohnungen nebenan gehört zu dem EKZ.
Das Ärztehaus mit den 32 Wohnungen nebenan gehört zu dem EKZ.
Zu lange für die 71-Jährigen. „Ich bin es satt, hier zu wohnen!“, sagt Helmut Asmussen. Seine Frau ist verzweifelt auf der Suche nach einer neuen Wohnung. Doch die muss einige Ansprüche erfüllen: „Behindertengerecht muss sie sein und gut an Nahversorgung angebunden, denn wir haben weder Auto noch Kinder“, so Asmussen.
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Viel mehr als Nahversorgung wird es im neuen Einkaufszentrum Steilshoop übrigens auch nicht geben. „Apotheken, Ärzte, Gesundheitsdienste, Supermärkte und Drogerien sind geplant“, sagt Mike Helmessen. „Aber einen H&M oder einen Zara werden Sie hier vergebens suchen.“ Er glaubt, dass das Einkaufszentrum wieder zu einem attraktiven und beliebten Treffpunkt für den Stadtteil werden kann, wie es das früher einmal war. Und dann werden die Wohnungen darüber für Steilshooper vielleicht wieder richtig begehrt – nur Helmut und Jutta Asmussen bringt das dann nichts mehr.