• Foto: DLR Institut für Maritime Energiesysteme/hfr

Schifffahrt muss sauberer werden: Bringt Wasserstoff die Revolution auf See?

Rauchende Schornsteine, giftige Dämpfe: Was in anderen Branchen längst verboten ist, klebt an der Schifffahrt wie Pech und Schwefel. Noch immer fahren die großen Pötte, egal ob Frachter oder Kreuzfahrtriese, mit Schweröl über die Weltmeere und sorgen damit für satte drei Prozent des globalen CO2-Ausstoßes. Nur langsam kommt Bewegung in die Sache.

Turnschuhe made in China, Blusen aus Bangladesh, Handys aus Südkorea – die meisten Konsumgüter haben eine Weltreise hinter sich, bevor sie bei uns in die Läden kommen. Die allermeisten kommen per Schiff. Gut 90 Prozent des globalen Handels findet auf dem Seeweg statt.

Seeschifffahrt setzt weiter auf Schweröl

Umso erstaunlicher der gewaltige Unterschied zwischen den landbasierten Verkehrsmittelindustrien und der Seeschifffahrt bei den Bemühungen, den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Während Elektroantriebe bei Autos längst auf dem Vormarsch sind, pusten Frachter und Kreuzfahrtschiffe weiter stoisch Schwefeloxide, Feinstaub, Stickoxide und Ruß in die Atmosphäre, als gebe es keinen Klimawandel.

Aida Cruises hat mit der „Aida Nova“ 2018 das erste LNG-Schiff in den Dienst gestellt, dass mit Flüssiggas betrieben wird. Vor einem halben Jahr zog Costa Crociere mit der „Costa Smeralda“ nach. Weitere LNG-Schiffe sind in Planung.

Wasserstoff soll die Revolution auf See bringen

Der NABU kritisiert diese Entwicklung. Das Flüssiggas sei ein „schädlicher Irrweg“, denn es führe zu bis zu 82 Prozent höheren Treibhausgasemissionen als Marinediesel.

Was also ist die Lösung? Die Revolution auf See könnten jetzt Wasserstoff betriebene Brennstoffzellen bringen. Wenn Wasserstoff aus erneuerbaren Quellen als Energieträger eingesetzt wird, ist der Betrieb der Brennstoffzellen weitgehend emissionsfrei möglich. Die einzige Emission ist Wasserdampf.

Norwegen: Kreuzfahrtschiffe werden auf Wasserstoff umgerüstet

Ganz weit vorn bei diesem Trend ist Norwegen. Die Reederei Havila plant, ein existierendes Kreuzfahrtschiff umzurüsten und mit Wasserstofftanks und Brennstoffzellen auszustatten. Bereits 2023 sollen die ersten Touristen so CO2-neutral in die Fjorde reisen können. 

Havila

Volle Fahrt voraus: Die norwegische Reederei Havila will ihre Kreuzfahrtschiffe wie hier die „Capella“ auf Wasserstoffantrieb umrüsten. 

Foto:

Havila/hfr

Ab 2024 sollen in Norwegen die Tests für das erste Schiff starten, das mit kohlenstofffreien Ammoniak-Brennstoffzellen betrieben wird und damit vollständig ohne Emissionen fährt. Der norwegische Energiekonzern Equinor hat mit der Werft Eidesvik einen entsprechenden Vertrag über die Ausrüstung des Versorgungsschiffs „Viking Energy” unterzeichnet.

Rotterdam tritt weltweiter Wasserstoff-Initiative bei

Auch die Niederlande preschen vor. Europas größter Hafen Rotterdam ist als erster weltweit dem Hydrogen Council beigetreten, einer Initiative aus mehr als 90 globalen Unternehmen, welche sich für eine Energiewende durch Wasserstoff einsetzt.

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Und Deutschland? „Der Eindruck verfestigt sich, dass unsere Nachbarn Innovationen anpacken,  während wir (zu) lange diskutieren“, kritisierte Ralf Nagel, Präsident des Verbands Deutscher Reeder kürzlich.

Neues Institut in Geesthacht soll Wasserstoff-Lösungen entwickeln

Immerhin: Die deutsche U-Boot-Flotte ist beim Tauchen schon zu hundert Prozent Wasserstoff betrieben. Dieser Trend soll auch einmal die Handelsflotte erreichen. Nach Verkündung der Nationalen Wasserstoffstrategie durch die Bundesregierung im Juni wurde nun in Geesthacht das „DLR-Institut für Maritime Energiesysteme“ gegründet. Es ist die weltweit erste Forschungseinrichtung, die gesamtheitliche Lösungen zur Dekarbonisierung und Emissionsreduktion in der Schifffahrt entwickelt. 

„Wenn wir die Klimaziele von Paris erreichen wollen, dann dürfen ab 2035 nur noch emissionsfreie neue Schiffe starten“, erklärt Institutsleiter Alexander Dyck. Noch stehen die Wissenschaftler ganz am Anfang. Die große Frage ist, für welchen wasserstoffbasierten Energieträger man sich entscheidet. Vier Möglichkeiten sind denkbar: 1. Flüssiger oder komprimierter Wasserstoff, 2. Ammoniak, 3. Methanol oder 4. LOHC (Liquid Organic Hydrogen Carriers also flüssige organische Wasserstoffträger).

Wasserstoff: Viele Wege führen zum Ziel

Alle haben Vor- und Nachteile. Dabei spielen Aspekte wie Sicherheit, Tankgröße und Energiedichte jeweils eine Rolle. „Wir stehen im Moment vor einem Irrgarten“, sagt Alexander Dyck. Doch er ist zuversichtlich: „Das Ziel ist klar. Wir hoffen, der Industrie in fünf Jahren die ersten Antworten liefern zu können, in welche Richtung sie gehen sollten.“

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