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  • Dezember 2019: Nach 33 Jahren in Haft trifft Diplomatensohn Jens Söring am Flughafen  Frankfurt ein. Derzeit lebt er in Hamburg.
  • Foto: picture alliance/dpa

„Regen riecht so gut“: 33 Jahre im Horror-Knast: So lebt Jens Söring jetzt in Hamburg

Er saß mehr als 33 Jahre in amerikanischen Gefängnissen, verurteilt zu lebenslanger Haft wegen eines Doppelmordes. Im Dezember 2019 wurde der deutsche Diplomatensohn auf Bewährung entlassen. Derzeit lebt Söring in Hamburg in einer Altbauwohnung, die Unterstützer ihm zur Verfügung stellen. Wo sich die Wohnung  („hohe Decken, moderne Kunst“) befindet und wem sie gehört, bleibt geheim.  Dem Magazin „Der Spiegel“ gab der 53-Jährige ein ausführliches Interview.

Er habe nach seiner Entlassung die besten Tage seines Lebens erlebt, erklärt Söring im „Spiegel“ und schildert die Intensität von Sinneseindrücken nach mehr als drei Jahrzehnten in Haft: „Wenn Regen auf die Erde fällt, das riecht so gut. Im Gefängnis durften wir bei Regen meistens nicht raus.“

Jens Söring: Neuanfang in Hamburg

Er brauche im Restaurant Hilfe bei der Speisekarte, beschreibt Söring sein neues Leben in Freiheit, „weil das Angebot so groß ist“. Er schildert auch seine Gedanken beim Einkaufen: „Ich war bei Edeka. Die Auswahl ist obszön. Im Gefängnis gibt’s ein Loch in der Wand, da schieben sie den Teller durch. Da gibt’s keine Wahl.“

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Jens Söring (53) bei seiner Ankunft in Frankfurt im Dezember 2019.

Foto:

picture alliance/dpa

Außerdem habe er ein kleines Schild neben seinem Bett stehen mit der Aufschrift „Ich muss gar nichts“, um sich daran zu erinnern, dass sein Leben nicht mehr unter der Kontrolle anderer Menschen ist: „Ich gehe morgens joggen. Ich gehe im Dunkeln raus und laufe.“ Auch über erste Kontakte zu Frauen spricht der durchtrainierte Ex-Häftling mit dem „Spiegel“: „Meine bisherige Erfahrung mit Frauen ist, dass sie viel direkter sind als früher.“

Darum wohnt Jens Söring jetzt in Hamburg

Söring, als Diplomatensohn in Bangkok geboren und in verschiedenen Ländern aufgewachsen, lebt derzeit in Hamburg. Ein Zufall, eine Unterstützerfamilie besitzt hier eine Wohnung, die er nutzen kann. Jahrelang haben deutsche und amerikanische Aktivisten für seine Freilassung gekämpft, sind sicher, dass Söring ein Justizopfer ist.

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Jens Söring wird nach seiner Ankunft von seinen Unterstützern empfangen. 

Foto:

picture alliance/dpa

Die amerikanische Justiz jedoch hat bis heute keinen Zweifel daran, dass der deutsche Diplomatensohn 1985 als 19-Jähriger die Eltern seiner damaligen Freundin in deren Haus im US-Bundesstaat Virginia ermordet hat. Der junge Söring hatte die Bluttat nach seiner Verhaftung 1986 gestanden, mehrfach, gegenüber Ermittlern, Psychiatern, dem Staatsanwalt.

Jens Söring: Doppelmord gestanden

Später widerrief er das Geständnis, erklärte, er habe die Schuld nur auf sich genommen, um seiner Freundin die Todesstrafe zu ersparen. Tatsächlich habe sie ihre Eltern mit Messerstichen ermordet und nahezu geköpft. Er habe geglaubt, als Diplomatensohn genieße er Immunität, würde er nach Deutschland ausgeliefert werden und in seiner Heimat eine Jugendstrafe verbüßen.

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Undatiertes Foto des jungen Häftlings Jens Söring.

Foto:

picture alliance / dpa

In der Haft hat Söring mehrere Bücher geschrieben, wiederholt auch im Gespräch mit dem  „Spiegel“, dass er unschuldig sei. Er beschreibt die Brutalität unter den Gefangenen, die ständig drohenden Vergewaltigungen, den Lärm, die zermürbende Sinnlosigkeit: „Der Strafvollzug ist das dunkel Herz Amerikas.“ Das Essen, so Söring, sei „Schlamm“. Der Hund der Hamburger Wohnungsbesitzer bekomme besseres Futter als amerikanische Häftlinge.  Er habe aber kein Bedürfnis nach Rache, erklärt Söring am Ende des Interviews, auch nicht gegenüber seiner Ex-Freundin: „Ich bin zufrieden.“ (ste)

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