Tumult bei Tschentscher-Auftritt – Bodyguards greifen ein
Bei einer Veranstaltung von Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) ist es am Montagabend im LOLA-Kulturzentrum in Lohbrügge zu Tumulten gekommen. Ausgelöst wurden sie erst vom wütenden Vater einer in „Präventivhaft“ sitzenden Klimaaktivistin, der sich lautstark über die „folterähnliche“ Haft aufregte. Danach störten Mitglieder der „Letzten Generation“, die sich unters Publikum gemischt hatten, die Veranstaltung – bis Tschentschers Bodyguards eingriffen. Die MOPO sprach mit dem Vater der inhaftierten Aktivistin, die gar nicht aus Hamburg kommt. Und Hamburgs SPD-Chefin findet nach der Aktion deutliche Worte.
Bei einer Veranstaltung von Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) ist es am Montagabend im LOLA-Kulturzentrum in Lohbrügge zu Tumulten gekommen. Ausgelöst wurden sie erst vom wütenden Vater einer in „Präventivhaft“ sitzenden Klimaaktivistin, der sich lautstark über die „folterähnliche“ Haft aufregte. Danach störten Mitglieder der „Letzten Generation“, die sich unters Publikum gemischt hatten, die Veranstaltung. Als ein Mann in Richtung Bühne ging, griffen die Bodyguards des Bürgermeisters ein. Die MOPO sprach mit dem Vater der inhaftierten Aktivistin, die gar nicht aus Hamburg kommt. Und Hamburgs SPD-Chefin findet nach der Aktion deutliche Worte.
130 Gäste waren zu dem Bürgerdialog mit Bürgermeister Tschentscher in das Veranstaltungszentrum an der Lohbrügger Landstraße gekommen, verschiedene Themen standen dabei auf der Agenda, darunter auch der Klimawandel und seine Folgen für die Stadt. Beim Thema Sicherheit fiel der Vater einer gerade in „Präventivhaft“ sitzenden Aktivistin dann dem Bürgermeister wiederholt ins Wort. „Präventivhaft“ ist eine mehrtägige Ingewahrsamnahme, um mutmaßlich geplante Straftaten zu verhindern.
„Folterähnliche Bedingungen“
Der 55-jährige Christian Z. sprach unter anderem von einer „unverhältnismäßigen Haftstrafe unter folterähnlichen Bedingungen“. Der MOPO sagte er, dass seine Tochter Sophia seit vergangenem Mittwoch in Haft säße. Sie sei eine von den Aktivisten gewesen, die kurz vor der Köhlbrandbrücke von Polizisten aufgehalten worden waren.
In den ersten 29 Stunden habe sie als Veganerin nur einen Müsliriegel und eine Reiswaffel bekommen. Dann wurde die 20-Jährige zusammen mit einer anderen jungen Aktivistin ins Untersuchungsgefängnis gebracht – dort seien sie die einzigen Frauen gewesen, so der Vater. Die Entscheidung der Richterin könne er nicht verstehen: „Warum sie nicht geglaubt hat, dass meine Tochter nach Hause wollte und nichts anderes geplant hat, ist mir unbegreiflich.“ Sophia hätte sogar ein Rückfahrticket gehabt, um in die Heimat nach Memmingen (Bayern) zu fahren.

Der Bürgermeister entgegnete am Abend des Bürgerdialogs auf die Vorwürfe des 55-Jährigen, dass er sich von den Klimaaktivisten nicht erpressen lasse. Man könne so, wie sich die Aktivisten zuletzt verhalten haben, nicht in einem demokratischen Gemeinwesen miteinander umgehen. Tschentscher sei zudem fest davon überzeugt, dass es nicht dem Klimaschutz diene, was da passiere. Er sagt: „Es schadet dem Klima, wenn man Staus bis Hannover produziert, weil man auf den Elbbrücken, oder wo auch immer, den Verkehr lahmlegt.“ Die meisten im Saal applaudierten.
Mann will auf die Bühne: Polizei spricht Platzverweis aus
Ein 69-Jähriger stand daraufhin auf und ging in Richtung der Bühne, „mit den Händen wild gestikulierend“, so eine Sprecherin der Polizei. „Er wirkte aufgebracht.“ Er soll die Aufforderung der Moderatorin, sich wieder hinzusetzen, ignoriert haben. Die Personenschützer des Bürgermeisters griffen ein, hielten den Mann auf und brachten ihn nach draußen. Dabei ging ein aufgestellter Monitor zu Bruch. Die Polizei sprach einen Platzverweis aus.
Währenddessen sollen mehrere im Publikum sitzende Klimaaktivisten aufgestanden sein und Plakate hochgehalten haben. Die Plenumsveranstaltung wurde daraufhin beendet, Tschentscher blieb aber noch für Bürgerfragen in dem Kulturzentrum.
Man sei offen für den Dialog, so SPD-Chefin Melanie Leonhard zur MOPO. In einer Demokratie könne und dürfe es auch kontrovers zugehen. „Jeder Versuch der gezielten Störung von Veranstaltungen und die Nötigung gewählter Vertreter sind jedoch keine Grundlage für einen respektvollen Umgang miteinander.“ Aggressives Verhalten sei nicht zu akzeptieren. „Diese Haltung hat Bürgermeister Peter Tschentscher gestern Abend sehr deutlich gemacht.“

Für den Vater Christian Z. ist das Verhalten des Bürgermeisters und der Hamburger Justiz unverständlich. Das, wofür sich die Aktivisten einsetzen, sei nicht verwerflich. Es gehe auch nicht um die Protestform, sondern um etwas viel Größeres. „Wenn da Punkte überschritten sind, dann haben wir alle keine Möglichkeit mehr, etwas zu tun.“ Er meint die Gefahr des Klimawandels für die Erde. Und: „Ziviler Ungehorsam gehört zur Demokratie dazu. Ohne den gäbe es heute kein Frauenwahlrecht.“
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Den Kampf für seine Tochter hat er erfolgreich geführt: Am Dienstag kommt die 20-Jährige frei – wegen Formfehlern und der Einsicht der Richterin, dass die junge Frau doch nach Hause wollte. Für Christian Z. ist die Sache damit aber noch nicht vorbei. Er will gegen das in seiner Sicht rechtswidrige Festhalten seiner Tochter juristisch vorgehen.
Auch seine Tochter wirft der Stadt eine „rechtswidrige Praxis“ vor: Die Verantwortlichen ignorierten die weiter „völlig unkontrollierbar auf uns zusteuernde Klimakatastrophe“, sagte sie. Sie kündigte an, den friedlichen Protest in Hamburg fortsetzen zu wollen. „Das Überleben unserer Gesellschaft steht auf dem Spiel.“