Nach Wagenknecht-Demo: Jetzt zerlegt sich Hamburgs Linke
Demo-Ärger und tiefe Gräben: Nachdem die Hamburger Linken-Bundestagsabgeordnete Zaklin Nastic am Wochenende an der umstrittenen „Friedensdemo” in Berlin teilgenommen hat, distanziert sich der Hamburger Landesvorstand jetzt öffentlich von ihr. Außerdem kam heraus: Zwischen Nastic und dem Hamburger Vorstand herrscht seit Monaten Eiszeit.
Demo-Ärger und tiefe Gräben: Nachdem die Hamburger Linken-Bundestagsabgeordnete Zaklin Nastic am Wochenende an der umstrittenen „Friedensdemo” in Berlin teilgenommen hat, distanziert sich der Hamburger Landesvorstand jetzt öffentlich von ihr. Außerdem kam heraus: Zwischen Nastic und dem Hamburger Vorstand herrscht seit Monaten Eiszeit.
Der Hamburger Landesvorstand sagt auf MOPO-Anfrage, man habe sich „in großer Mehrheit“ dafür ausgesprochen, nicht zur Demo-Teilnahme aufzurufen. „Die Veranstalterinnen der Berliner Kundgebung vom Samstag unterließen eine klare Abgrenzung nach rechts“, so der Vorstand. Nastic rief trotzdem dazu auf und ging hin. Das müsse sie für sich selbst rechtfertigen, sagen die Landeschefs.
Hamburger Landesverband: „Kein Kontakt, keine Absprachen”
Linkenpolitikerin Sarah Wagenknecht und Feministin Alice Schwarzer hatten am Samstag zur Demo „Aufstand für Frieden” in Berlin aufgerufen. Laut Polizei waren 13.000 Menschen vor Ort, die Veranstalterinnen sprechen von 50.000. Unter den Teilnehmenden waren auch Personen aus der rechten und rechtsextremen Szene.
„Es gab keine Absprachen. Weder steht Zaklin Nastic mit dem Landesvorstand der Hamburger Linken im Kontakt, noch mit der Bürgerschaftsfraktion“, teilt der Vorstand mit. Veranstaltungen unter Nastics Regie „liefen in Hamburg in jüngster Zeit nur noch unter ihrem eigenen Namen – nicht in Absprache mit Hamburger Gremien.“ Ob im Bundestag oder in der Öffentlichkeit: Zaklin Nastic spreche „seit geraumer Zeit nicht mehr für den Hamburger Landesverband der Linken.“
Warum der Vorstand nicht direkt auf Nastics Teilnahme reagierte? „Politik ist kein Sprintwettbewerb auf Twitter”, heißt es. Eine angemessene Reaktion erfordere eine vorige Auseinandersetzung mit dem Thema.
Nastic: Teilnahme war „elementar wichtig”
Auf die Frage, warum sie teilnahm, sagt Nastic zur MOPO: „Weil ich es für elementar wichtig erachte, mich gemeinsam mit 50.000 Menschen in dieser brandgefährlichen Zeit an der größten Friedenskundgebung seit Jahren zu beteiligen und gegen die Gefahr einer Eskalation bis hin zum Nuklearkrieg zu protestieren.“
Eine Abgrenzung nach Rechts sei „sehr eindeutig“ vorgenommen worden. „Ich finde es wirklich absurd zu versuchen, ausgerechnet mir, die selbst Migrantin ist und in Hamburg auf Flüchtlingsschiffen gelebt hat, eine Nähe zu Rechten zu konstruieren“, so Nastic.
Drei Linken-Busse aus Hamburg bei Demo in Berlin
Sie sagt, dass insgesamt drei Busse aus der Hamburger Linken heraus organisiert gewesen seien, zusätzlich seien viele mit dem Auto und der Bahn angereist. „Die Teilnehmerzahl aus Hamburg bewegte sich definitiv im dreistelligen Bereich“, so Nastic. Auf die Frage, ob noch weitere Hamburger Linke vor Ort waren, heißt es vom Vorstand: „Über Aktivitäten unserer Mitglieder in ihrer Freizeit führen wir selbstverständlich nicht Buch.“
Ein tiefer Riss zieht sich durch die Linken, zwischen Nastic und dem Vorstand herrscht Eiszeit.
Nastic: „Viele Danken mir für meine Arbeit”
Aus Nastics Sicht klingt die Situation so: „Viele danken mir ausdrücklich für meine Arbeit, weil sie sich von der Linken-Spitze in Hamburg nicht mehr politisch vertreten fühlen“, sagt sie.

Während von ihrer Seite aus eine Kooperation und gegenseitiger Austausch eine Selbstverständlichkeit wären, scheine dies von Seiten der Landessprecher nicht gewollt zu sein. „Jedenfalls wurde mir gegenüber kein einziger entsprechender Versuch seit ihrer Wahl unternommen“, so Nastic. Eine kleine Kritik an den beiden Landessprechern Thomas Iwan und Sabine Ritter, die seit September 2022 im Amt sind.
Auf die Frage, ob sie sich inhaltlich noch zu Hause fühlt in der Linken oder eventuell selbst an einen Austritt denkt, spielt sie den Ball zurück: „Diese Frage sollten sich vielmehr diejenigen stellen, die sich – anders als ich – nicht mehr auf dem Boden der Programmatik der Linken bewegen. Wer Waffenlieferungen befürwortet, ist nicht links.“
Landessprecher: „Nastic repräsentiert Linke nicht angemessen”
Wer hier wirklich links oder nicht links ist, fragen sich inzwischen viele. „Für mich steht außer Frage, dass Zaklin Nastic die Linke schon länger nicht mehr angemessen repräsentiert“, sagt Landessprecher Thomas Iwan. „Sie verweigert sich dem Gespräch mit den Landesvorsitzenden und der Koordination mit der Partei, auch inhaltlich stehen wir weit auseinander.“
Das könnte Sie auch interessieren: Hamburgs Linke und der Wagenknecht-Sumpf
Von einem Parteiausschluss will der Vorstand aber absehen. Welche Positionen in der Hamburger Linken mehrheitsfähig sind, darüber würden die Landesparteitage und auch die nächste Versammlung zur Aufstellung von Kandidierenden zur Wahl entscheiden. „Ganz bestimmt nicht die Vorsitzenden mit gehobenen oder gesenkten Daumen“, so Iwan. Jemanden wegen einer Demo-Teilnahme auszuschließen dürfte sowieso schwierig werden, zumal, wenn wirklich so viele Mitglieder hinter Nastics Linie stehen.