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  • Die Hamburger Bestseller-Autorin Ildiko von Kürthy.
  • Foto: Jan Rickers

„Keiner kommt“-Festival: Ildiko von Kürthy: „In der Not fliehe ich in Bücher“

„Keiner kommt, alle machen mit“: Musiker, Künstler, Schriftsteller – sie alle engagieren sich für das erste NICHT-Festival von MenscHHamburg e.V. Denn hier tritt zwar tatsächlich niemand auf aber jedes verkaufte Ticket ist eine Spende an die Hamburger Kulturszene. Bestseller-Autorin Ildiko von Kürthy macht sich für das Literatur-Programm des Festivals stark. Im MOPO-Interview spricht sie über die Bedeutung von Büchern in Notsituationen und was sie selbst dann am liebsten liest.

„Keiner kommt, alle machen mit“ – Warum machen Sie mit, obwohl keine Lesung stattfindet?

Ildiko von Kürthy: Isolation ist Gift für Kultur. Kultur lebt von Begegnung und Austausch – und von Geld! Jetzt kann ich durch mein Nichterscheinen Gutes tun und von zu Hause aus die Vielfalt unseres kulturellen Lebens unterstützen. Etliche Schriftsteller können sich das erzwungene zu Hause sein nicht leisten. Ihnen fehlen Lesungen und Leser. Wer nächstes Jahr neue Bücher lesen will, muss sich jetzt solidarisch zeigen.

Am Montag duften kleine Läden, also auch Buchhandlungen, wieder öffnen. Warum braucht die Literatur trotzdem das „Keiner kommt“-Festival?

Nichts gegen Klopapier – aber das Papier in Buchhandlungen ist Geistesnahrung. Endlich dürfen sie wieder öffnen! Trotzdem ist die Krise noch lange nicht vorbei: Die direkten Kontakte zwischen Kulturschaffenden und Kulturnutzern wie Lesungen und Konzerte können nicht stattfinden und die erzwungene Pause hat den Buchmarkt empfindlich getroffen.

Kann die unfreiwillige Isolation auch eine Chance sein Bücher neu zu entdecken?

Bücher sind Trostspender in Zeiten von Ausnahmesituationen. In der Not fliehe ich in Bücher, die ich schon ewig kenne. Das Vertraute stabilisiert mich. Jetzt lese ich gerade zum wiederholten Male „Diskrete Zeugen“, einen gepflegten, literarischen Krimi von Dorothy L. Sayers.

In ihrem Roman „Es wird Zeit“ spielt Freundschaft eine wichtige Rolle. Was tun Sie aktuell, um Freundschaften zu pflegen?

Ich bin wirklich keine geborene Abstandshalterin. Ich komme aus dem Rheinland und möchte alle immer am liebsten umarmen und küssen. Ich brauche Augenkontakt und ich hoffe, wir merken jetzt alle, dass echte Gesichter auf Dauer nicht durch Bildschirme zu ersetzen sind.

Was beschäftigt sie als Autorin momentan am meisten im Zusammenhang mit der Corona-Krise?

Ich sehne mich nach der selbst gewählten Isolation, wo ich schreiben kann und meine Aufmerksamkeit nicht ständig teilen muss. Jeden Moment kann mein Sohn reinkommen und mich fragen, ob ich ihm bei Wahrscheinlichkeitsrechnungen helfen kann. Dabei ist das sehr unwahrscheinlich. Ich sehne mich nach Lehrern, die ihr Fach gelernt haben und ich vermisse es, mich auf meine Kinder zu freuen und Sehnsucht nach meinem Mann zu haben. Sie fehlen mir nicht. Sie sind ja immer da.

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