Pleite-Gefahr! Hamburgs Gastronomen droht die Massen-Insolvenz
Die Gastronomie ist eine der Branchen, die von den Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie hart getroffen wurden – mit dramatischen Folgen. Eine Auswertung zeigt nun, wie viele Restaurants, Gaststätten, Imbisse und Cafés in Deutschland als insolvenzgefährdet gelten – auch bei uns in Hamburg.
Ein Blick auf die regionalen Zahlen zeigt, dass das Insolvenzrisiko bei Unternehmen aus der Gastronomie in Hamburg angestiegen ist. Neben kleinen Traditionsläden wanken inzwischen auch große Gastro-Betriebe in der Hansestadt. Tina Küster, Betriebsleiterin vom „Überquell“ an der Straße St. Pauli Fischmarkt (St. Pauli) äußert sich besorgt. „Dieser Winter ist echt hart. Im vergangenen waren die Corona-Hilfen eine sehr große Unterstützung. Aber in diesem Winter sehen die eher mager aus“, so Küster. „Zu den Leuten wird gesagt ,Bleibt lieber Zuhause' und zu uns Gastronomen sagt man ,Macht ruhig eure Läden auf'. Das bringt uns dann nichts“, sagt sie.
- Deutsch (Deutschland)
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Die Gastronomie ist eine der Branchen, die von den Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie hart getroffen wurden – mit dramatischen Folgen. Eine Auswertung zeigt nun, wie viele Restaurants, Gaststätten, Imbisse und Cafés in Deutschland als insolvenzgefährdet gelten. Die MOPO sprach mit der Betriebsleiterin eines Hamburger Lokals über Ängste und Forderungen.
Deutschlandweit hat die Gastronomie zu kämpfen. Derzeit (Stand Januar 2022) gelten laut einer aktuellen Analyse des Informationsdienstleisters „CRIF“ 16.567 Betriebe als insolvenzgefährdet. Das sind 16,2 Prozent der mehr als 100.000 analysierten Gastrofirmen. Im Januar 2020 – vor der Corona-Pandemie – lag die Zahl insolvenzgefährdeter Betriebe bei 12.662 beziehungsweise bei einem Anteil von 12,4 Prozent.
Hamburg am zweitstärksten von Insolvenzrisiko betroffen
Ein Blick auf die regionalen Zahlen zeigt, dass das Insolvenzrisiko bei Unternehmen aus der Gastronomie in allen Bundesländern gestiegen ist. Besonders deutlich in Bremen (plus 61,2 Prozent), aber auch bei uns in Hamburg (plus 39,9 Prozent), in Berlin (plus 37,6 Prozent) und im Saarland (plus 36,8 Prozent).
„Bedingt durch die Corona-Krise haben viele Gastronomie-Unternehmen in Deutschland derzeit wirtschaftliche Probleme“, kommentiert „CRIF“-Geschäftsführer Dr. Frank Schlein die aktuellen Zahlen. „Da sich die Insolvenzstatistiken auf die Vergangenheit beziehen, werden die genauen Auswirkungen der Corona-Krise erst nachgelagert sichtbar werden. 2022 erwartet ,CRIF‘ bis zu 2200 Insolvenzen in der Gastronomie (plus 51 Prozent)“, so Schlein.
Hamburg: Gastronomie in Schwierigkeiten
Auch Tina Küster, Betriebsleiterin vom „Überquell“ an der Straße St. Pauli Fischmarkt (St. Pauli) äußert sich besorgt. „Dieser Winter ist echt hart. Im vergangenen waren die Corona-Hilfen eine sehr große Unterstützung. Aber in diesem Winter sehen die eher mager aus“, so Küster. „Zu den Leuten wird gesagt ,Bleibt lieber Zuhause‘ und zu uns Gastronomen sagt man ,Macht ruhig eure Läden auf‘. Das bringt uns dann nichts“, sagt sie.
Viele Corona-Maßnahmen seien aus ihrer Sicht mittlerweile schwer nachvollziehbar – unter anderem die Sperrstunde, die für alle Gastro-Betriebe von 23 Uhr bis 5 Uhr gilt. „Bis 23 Uhr können unsere Gäste bei uns sitzen und danach nicht mehr. Das versteht man irgendwie nicht. Danach wird dann in einer unsicheren, privaten Umgebung weitergefeiert“, sagt Küster.
So sieht es in anderen Bundesländern aus
Im benachbarten Bundesland Schleswig-Holstein gibt es seit Mittwoch keine Sperrstunde mehr in der Gastronomie. Auch in Bayern wurde sie abgeschafft. Damit ist Hamburg nun das einzige Bundesland, dass seine Lokale ab dem späten Abend dicht macht. Die 2G-Plus-Regel gilt in Hamburgs Lokalen weiterhin, genau wie in Schleswig-Holstein.
Nikolaus Kaiser von Rotenburg, Vizepräsident des Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) in Hamburg, kritisiert das Vorgehen in der Hansestadt. „Wir würden uns wünschen, dass sich die norddeutschen Länder absprechen und im gleichen Takt mit gleichen Lockerungen oder Verschärfungen handeln“, sagte er dem NDR. Die in Hamburg geltenden 2G-Plus-Regeln seien „eine Katastrophe“.
Weiteres Problem: Fachkräfte fehlen
Und ein weiteres Problem kommt auf die Gastronomie zu – fehlendes Personal. Die Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) hat für die anstehende Frühjahrs- und Sommersaison vor einer weiteren Abwanderung von Fachkräften gewarnt. „Wenn Hoteliers und Wirte nicht flächendeckend attraktivere Arbeitsbedingungen bieten, dürfte es vielerorts bald kein Personal mehr geben, um die Gäste zu bedienen“, teilte der NGG-Vorsitzende Guido Zeitler am Donnerstag mit.
Mehrere Landesverbände des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands hätten den Ernst der Lage erkannt und bereits mit der NGG Lohnsteigerungen vereinbart – so auch Hamburg.
Sternschanze: Bekannte Bar musste coronabedingt schließen
Etliche Lokale haben sich bereits im vergangenen Jahr aufgrund der Corona-Pandemie von den Hamburgern verabschiedet und ihre Türen für immer geschlossen. Dazu gehört unter anderen eine bekannte Bar auf dem Schulterblatt in der Sternschanze. Nach insgesamt fast 30 Jahren machte die „Daniela“-Bar für immer dicht.
„Das waren 26 Jahre mit Herzblut, wahnsinnig tollen Geschichten, großartigen Gästen, Mega-Partys, fantastischen Fummeltrinen-Abenden und den besten Barfrauen ever“, hieß es in dem Post in den sozialen Medien, in dem die beiden Betreiberinnen Patricia Neumann und Florence Mends-Cole die Schließung ihrer Bar bekannt gaben.
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„Zum Heulen ist uns jetzt ganz besonders, da wir nach 21 Monaten Pandemie, Lockdowns und etlichen Verordnungen mit unserer Kraft und Leidenschaft am Ende sind“, so der emotionale Abschied. Am 30. Dezember wurde in der „Daniela“-Bar das letzte Bier über den Tresen gereicht.